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Titel: Toggle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Felix Weyh
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klug genug, die Mathematik des Testverfahrens zu verstehen.«
    Ranchin winkte ab: »In der IAS benutzen wir unser eigenes Material. Das Problem üblicher IQ – Tests besteht ja darin, dass sie Hochintelligenz von der Normalintelligenz ableiten. Dann wird es natürlich schwer, gute Intelligenz von besserer und bester Intelligenz zu trennen.«
    »Guter, bester«, murmelte Pia. »So viel Aufwand ist ja vielleicht auch nicht nötig.«
    »O doch!« Ranchin hob dozierend den Zeigefinger. »Betrachtet man die Durchschnittsbevölkerung, dann nimmt die Intelligenz der Menschheit scheinbar stetig zu. Man nennt das den Lynn-Flynn-Effekt. Alle zehn Jahre werden die Intelligenztests schneller und besser gelöst als von der jeweils vorangegangenen Generation.«
    »Ich weiß«, bestätigte Pia. »Es soll an der verbesserten Schulbildung und gesünderer Ernährung liegen.«
    »Unfug!«, widersprach Ranchin heftig. »Denn es straft unsere Wahrnehmung Lügen, dass die Entscheidungen in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft immer dümmer werden. Es ist zudem unlogisch, da sich die Schulbildung verschlechtert hat, seit man höhere Schulen für jedermann öffnete. Die Klugen sind am klügsten, wenn sie sich nur mit Klugen messen. Ganz wie im Sport: Gegen einen schwachen Konkurrenten muss niemand Höchstleistungen abrufen. Nein, man könnte den Intelligenzbegriff auch so konstruieren, dass er von der Spitze her funkelt und für die Massen unerreichbar bleibt.«
    Pia gefielen seine Ansichten nicht. Aber sie hatte kein Gegenargument parat.
    »Von Paris aus gesehen, wohnen Sie in Hamburg«, fuhr der Historiker fort. »Von Hamburg aus gesehen, wohnen Sie weit draußen auf dem Land. Genauso verhält es sich mit der Hochintelligenz. Betrachtet man sie durch die Brille üblicher Testverfahren, erscheint sie als formloses Gemenge, irgendwo weit hinten am Horizont. Der IQ von 152 wird von einem 180er nicht mehr unterscheidbar. Doch wie sagen wir Franzosen? Vive la différence! Wie steht es um Ihren Mann?«, fragte er unvermittelt.
    »Er hat Schwächen.« Pia deutete lächelnd auf die Knobelspiele. »Das hier würde ihn zum Beispiel in den Wahnsinn treiben. Räumliches Vorstellungsvermögen ist nicht gerade seine Stärke.«
    Im ersten Stock brach Olga ihre Geigenübungen ab.
    »Passen Sie auf«, sagte Ranchin in die Stille hinein. »Mit dem Tod von Melissa Stockdale sind zwei Positionen frei geworden. Die eine, bei Toggle, hat Ihr Mann eingenommen. Bravo! Die andere, bei der IAS , kann er nicht einnehmen, weil er dafür – pardon! – zu unintelligent ist. Aber Sie können! Und die Verbindung zu Toggle über Ihren Mann muss kein Schaden für unsere Vereinigung sein.«
    Er sah sie aufmunternd an. Dann senkte er die Stimme. »Sie müssen Ihren Mann ein klein wenig hintergehen«, raunte er. »Seit Melissa tot ist, haben wir keinen direkten Zugang mehr zu Toggle, und den brauchen wir. Nur für kurze Zeit.«
    »Ich dachte, Grin und Cage gehören zur IAS ?«
    »Dafür sind sie zu sehr Kaufleute und zu wenig Denker. Sie haben sich jedenfalls nie um eine Mitgliedschaft bemüht. Also?«
    Pia runzelte die Stirn. Bevor sie etwas entgegnen konnte, war ihre Tochter ins Wohnzimmer getreten. Sie hielt einen Zettel in der Hand und steuerte den schmächtigen französischen Professor an.
    »Hey, Oberboss aller Schlauberger!«, sagte sie. »Ich hab hier ein Problem.«
    »Schularbeiten, Mademoiselle?«, fragte er höflich. »Dann darf ich leider nicht helfen. Das verbietet unser Ehrenkodex.«
    Pia hielt eine Hand vor den Mund, damit Olga ihr Grinsen nicht sehen konnte.
    »Quatsch, sind doch Ferien!«
    Olga quetschte sich zwischen die beiden aufs Sofa und las von ihrem Blatt vor: »Chocolate pudding, grapefruit, green apple, pear, vanilla, watermelon. Das ist ein Buchstabenrätsel. Aber mit den Anfangsbuchstaben kommt man nicht weiter. Gibt einfach kein Wort, das man aus lauter Konsonanten bilden kann.«
    Ranchin betrachtete das Blatt eingehend. »Ein Buchstabenmuster«, murmelte er konzentriert. »Moment …«
    Olga kaute angespannt auf ihrer Unterlippe herum.
    »Argleton«, erklärte er dann. Seine französische Intonation klang etwas missverständlich.
    »Orgelton?«, fragte Olga zurück.
    »Argleton. Vielleicht eine Fehlschreibweise von Arlington, dem Heldenfriedhof in Washington.«
    »Wie kommen Sie darauf?«, frage Pia interessiert.
    »Man nimmt nicht den ersten, sondern den letzten Buchstaben. Damit erhält man schon mal zwei Vokale, a und e. Dann muss man die

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