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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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seiner Feinde wegen für unvermeidlich halten müßte, würde sein Verderben, und folglich auch das ihrige nach sich ziehen. Weil also ihr hartes Geschick es einmal so beschlossen hätte, daß sie sich trennen müßten, so riete er ihr, sich mit standhaftem Mute darein zu schicken, und schwur, er wolle Zeit seines Lebens keine Gelegenheit vorbeilassen, ihr die Aufrichtigkeit seiner Liebe zu beweisen, indem er auf eine Art für sie sorgen wolle, die ihre äußerste Erwartung oder selbst ihre Wünsche übertreffen sollte, sobald es nur in seinem Vermögen stände, wobei er noch schließlich hinzusetzte, daß sie bald irgend einen Mann finden könne, der sie heiraten und glücklicher machen könne, als sie es bei Fortsetzung eines tadelhaften Lebens mit ihm werden würde. Molly blieb ein paar Minuten im Stillschweigen vergraben; dann brach sie in eine Thränenflut aus und begann ihm mit folgenden Worten Vorwürfe zu machen: »So, ist das Ihre Liebe zu mich, mich nun so sitzen zu lass'n! nun sie mich geruiniert haben? Wie oft und manch'malen, wenn ich's Sie gesagt habe, daß die Mannsen falsch sind, und meeneedig, der ehne wie der andre, und uns satt werden, sobald sie nur ihren gottlosen Willen mit uns gehabt haben, wie manchmals hab'n Sie mir's nicht da zugeschworen, Sie wollten mich Ihr Lebstage nicht verlassen? und nun wollen Sie so ein'n abscheulicher, meeneediger Mensch werden? Was helfen mir alle Schätze dieser Welt ohne Ihnen! Nun Sie mir haben mein Herz gestollen, ja das hab'n – das hab'n Sie, wie können Sie mir wohl von ehnen andern Mann sagen? Ich kann keenen andern Mann lieben, als Ihnen, so lang ich lebe. All' andre Mannsen sind m'r nichts, nichts vor mich; wenn der größte adliche Herr im ganzen Lande morgen im Tage herkeeme und nach mir freite, ich wollt' ihm meine Gesellschaft nicht geben. Nee, nee! Ich hass' und verachte die Männer allmiteinander, aus Liebe zu Sie! –«
    Ihre leidenschaftliche Beredsamkeit war noch im besten Gange, als ein Zufall ihrer Zunge plötzlich Einhalt that, bevor solche noch die Hälfte ihrer Laufbahn durchrannt hatte. Das Zimmer, oder vielmehr das Dachkämmerlein, worin Molly lag, war eine Treppe, oder vielmehr Leiter hinauf, das heißt im obersten Stockwerk des Hauses, und hatte die zugespitzte Figur, welche dem großen Delta im griechischen Alphabet etwas ähnelte. Unsere Leser mögen sich davon vielleicht einen richtigeren Begriff machen können, wenn wir ihnen sagen, es war unmöglich, darin anderwärts als nur in der Mitte aufrecht zu stehen. Da es nun diesem Zimmer an der Bequemlichkeit eines Alkovens gebrach, so hatte Molly, diesen Mangel [196] zu ersetzen, eine alte Haardecke an die Sparren des Hauses genagelt, zum Vorhange vor ein enges Räumchen, worin sie ihre besten Sachen, zum Exempel die Ueberreste von dem Schlenter, dessen wir vorhin erwähnt haben, einige Hauben und dergleichen Siebensachen mehr, die sie sich neulich angeschafft hatte, aufgehängt und vorm Staub in Sicherheit gebracht hatte. Dieser abgescherte Platz lag genau dem Fuße des Bettes gegenüber, und die Haardecke hing demselben wirklich so nahe, daß sie gewissermaßen den Abgang einer Bettgardine ersetzte. Ob nun Molly im Eifer der Wut diese Haardecke mit ihren Füßen wegstieß, oder ob Jones sie berührte, oder ob die Nägel von selbsten nachließen oder ausfielen, das weiß ich nicht gewiß! aber, als Molly die letzen Worte aussprach, welche oben aufgezeichnet stehen, riß die gottlose Haardecke von ihrer Befestigung los und entdeckte alles und jedes, was sie verborgen hatte; da dann, unter andern weiblichen Geräten, zum Vorschein kam (mit Scham schreibe ich's, und mit Betrübnis wird man's lesen) der Philosoph Quadrat in einer Positur (denn der Platz gestattete keineswegs, daß er auf seinen Füßen aufrecht stehen konnte), die sich nicht lächerlicher ersinnen läßt.
    Diese Positur, in welcher er stand, war wirklich der Stellung eines Soldaten nicht unähnlich, den man an Händen und Füßen krumm geschlossen hat, und vielleicht drückt sie das neuerlich in Kurs gekommene Wort so ziemlich richtig aus, welches ich mir also die Erlaubnis nehme zu gebrauchen, wenn ich sage: Seine Stellung war sehr
geduckt.
Auf seinem Kopfe hatte er eine von Mollys Nachthauben, und seine beiden großen Augen starrten, als der Haardecken-Vorhang fiel, gerade auf Jones, so daß, wenn die Idee von Philosophie zu dieser hier entdeckten Figur hinzukam, es wohl für jeden Zuschauer in der Welt sehr schwer

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