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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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erzählt hatte, war 'r ihr Muffe nicht zu Danke; und doch ist's die prächtigste Muff, die'n mir sehn kann. Norchen, sagt sie, dies ist 'n dumme Muffe, 's ist mir zu weit. Ich mag's nicht tragen. Bis 'ch 'ne andre kriege, muß Sie mich die andre wiedergeben. Sie kann diese davor hinnehmen; denn 's ist 'ne liebe Frölen, die nicht bald giebt, bald nimmt, das glauben Sie nur. So, was hatt' ich zu thun? ich holt 's er wieder her, und, ich glaube, sie hat's nachhermals fast Tag und Nacht uf ihren leibhaftigen Arme, und glaub'ns mir, mein'r Ehr, Sie hat ihr'n manchen Kuß gegeb'n, wenn's kein Mensch gesehn hat.«
    Hier ward das Gespräch von Herrn Western selbst unterbrochen, welcher kam, Jones zum Klavier abzurufen, wohin der arme junge Mensch, ganz blaß und zitternd, mitging. Western bemerkte es zwar, allein wie er Jungfer Honoria gewahr ward, schob er's auf eine falsche Ursach; und nachdem er dem Jones, halb im Scherz und halb im Ernste, einen derben Fluch an den Hals geworfen, sagte er, er solle hübsch ein guter Weidmannsgesell sein und sein eigenes Revier hübsch rein halten.
    Sophie schien diesen Abend schöner zu sein als gewöhnlich; und wir dürfen immer glauben, es habe, in Jones' Augen, ihrer Schönheit keinen geringen Zuwachs gegeben, daß sie nun eben gerade den Muff an ihrem rechten Arme haben mußte.
    Sie spielte eben eins von ihres Vaters Leibstückchen, und Jones stand und lehnte sich auf ihren Stuhl, als ihr der Muff herunter [192] auf die Finger glitschte und sie am Spielen hinderte. Das war dem alten Junker so ärgerlich, daß er ihr den Muff wegriß und ihn mit einem derben Fluche ins Feuer warf. Sophie sprang augenblicklich auf und rettete ihn mit der äußersten Geschäftigkeit aus den Flammen.
    Obgleich diese Begebenheit vermutlich manchem unsrer Leser von geringer Erheblichkeit scheinen wird, so that sie doch bei aller ihrer Geringfügigkeit eine so heftige Wirkung auf den armen Jones, daß wir es für Pflicht hielten, sie zu erzählen. Es gibt in Wahrheit manche kleine Umstände, welche von unverständigen Geschichtschreibern übergangen werden und aus welchen gleichwohl die wichtigsten Folgen entspringen. Man kann mit allem Fug die Welt als eine weitläufige Maschine betrachten, in welcher die großen Räder ihre ursprüngliche Bewegung von andern erhalten, die sehr klein und fast keinem andern, als nur dem schärfsten Auge bemerkbar sind.
    Solchergestalt waren alle Reize der unvergleichbaren Sophie; aller blendende Glanz und alles sanfte Schmachten ihrer Augen, die Harmonie ihrer Stimme und des Baues ihrer Glieder, aller ihr Witz, alle ihre fröhliche Laune, ihre Größe der Seele, ihre milde Sanftmut – alles das, kurz, war nicht vermögend gewesen, das Herz des armen Jones so völlig zu besiegen und fesseln, als der kleine Umstand mit dem Muff. So singt der Dichter sehr lieblich von Troja:
     
    –
Captique dolis lacrymisque coacti,
    Quos neque Tydides, nec Larissaeus Achilles,
    Non anni domuere decem, non mille carinae.
     
    Die Diomedes, die Achilles nicht,
    Die in zehn Jahren nicht der Griechen Heer
    Mit tausend Schiffen überwält'gen konnte,
    Sie sank anjetzt, besiegt von Thränen und der List.
     
    Jones' Citadelle ward durch Ueberrumpelung eingenommen. Alle jene Rücksichten auf Redlichkeit und Klugheit, welche unlängst unser Held mit so großer Kriegsweisheit als Wachen vor die Zugänge zu seinem Herzen gestellt hatte, liefen fort von ihren Posten und der Gott der Liebe zog triumphierend hinein!

[193] Fünftes Kapitel.
    Ist ein sehr langes Kapitel und enthält eine sehr große Begebenheit.
     
    Jedoch, obgleich diese siegende Gottheit sehr leicht ihre offenbaren Feinde aus Jones' Herzen vertrieb, so fand sie es doch schwerer die Besatzung zu entfernen, welche sie selbst hineingelegt hatte. Alles Allegorisieren beiseite gesetzt, die Sorge, was aus der armen Molly werden müsse, ging dem würdigen Jüngling sehr im Kopfe herum und machte ihm viele Unruhe. Der unendliche Vorzug Sophiens verdunkelte, oder vielmehr verlöschte zwar gänzlich die Schönheit der armen Dirne; aber Mitleiden, anstatt Verachtung, folgte auf die Liebe. Er war überzeugt, das Mädchen liebe ihn aus allen ihren Kräften, und habe all' ihre Hoffnung auf künftige Glückseligkeit einzig und allein auf ihn gebaut. Er wußte, daß er dazu mehr als genug Veranlassung gegeben hätte, durch seine äußerst verschwenderischen Beteurungen von Zärtlichkeit und Liebe. Eine Zärtlichkeit, deren ewige Dauer er ihr durch

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