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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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strotz't,
    Und dann dahin ist, wie ein Schemen.
     
    Ein abgedroschenes Weidsprüchlein, für welches ich den Leser durch eine vortreffliche Stelle schadlos halten will, die, so viel ich glaube, noch wenige gelesen haben mögen. Ich nehme solche aus einem Gedicht, das schon vor einiger Zeit gedruckt und schon längst wieder vergessen ist und heißt:
The Deity.
Die Stelle mag beweisen, daß gute Bücher ebensowenig, als gute Menschen, allemal die schlechten überleben.
     
    From thee (the Deity) all human Actions take their Springs,
    The Rise of Empires, and the Fall of Kings!
    See the
Vast Theatre of Time
display'd,
    While o'er the Scene succeeding Heroes tread!
    With Pomp the shining Images succeed,
    What Leaders triumph, and what Monarchs bleed!
    Perform the Parts thy Providence assign'd,
    Their Pride, their Passions, to thy Ends inclin'd;
    A While they glitter in the Face of Day,
    Then at thy Nod the Phantoms pass away;
[292]
    No Traces left of all the busy Scene,
    But that Remembrance says: – The Things have been!
     
    Aus dir (der Gottheit) fließt alle Kraft, und aller Menschen Thaten,
    Der Reiche Wachstum, wie der Sturz der Staaten,
    Der Zeiten hehres Schauspiel, vorgestellt
    Von großen Scharen, Held auf Held!
    Mit hoher Pracht flieh'n sie vorbei, die Bilder,
    Da hier ein Feldherr siegt, dort blut'ge Schilder
    Die Leichen and'rer decken! – Dein ist all ihr Spiel,
    Ihr Stolz und ihre Leidenschaft, gelenkt zu deinem Ziel.
    Ein wenig läßt du sie am hellen Mittag schimmern,
    Dann stürzt dein Wink das Feenschloß zu Trümmern;
    Nicht eine Spur verbleibt von Bühn' und Haus!
    Nur das Gedächtnis sagt: –
das Spiel ist
aus!
     
    Bei allen diesen, und bei jeder andern Vergleichung des Lebens mit dem Theater, ist jedoch die Aehnlichkeit bloß von der Bühne her genommen, und soviel ich mich erinnere, hat noch niemand die Zuschauer bei diesem großen Drama in Betrachtung gezogen.
    So aber, wie oft die Natur einige ihrer besten Schauspiele vor einer sehr großen Versammlung vorstellt, so läßt sich auch die oben gemachte Vergleichung nicht weniger auf das Betragen ihrer Zuschauer, als auf ihre spielenden Personen anwenden. Vor dieser großen Schaubühne der Zeit sitzen der Freund und der Kritiker; hier wird geklatscht und gelacht, gezischt und gepfiffen; kurz alles das, was man bei Schauspielen auf großen Theatern nur jemals gesehen oder gehört hat.
    Laßt uns dies an einem Beispiel untersuchen: Es mag das Betragen der zahlreichen Zuschauer bei jener Szene sein, welche die Natur geruhte im zwölften Kapitel des nächst vorhergehenden Buchs darzustellen; woselbst sie den schwarzen Jakob mit den fünfhundert Pfund Sterling seines Freundes und Wohlthäters sich heimlich davonschleichen ließ.
    Diejenigen, welche in der obersten Galerie der Welt als Zuschauer saßen, gebärdeten sich bei dieser Begebenheit, wie ich ganz wohl überzeugt bin, mit ihrem gewöhnlichen Gelärme und stießen höchst wahrscheinlicher Weise alle bei solchen Gelegenheiten gewöhnlichen Schimpf- und Schmähreden aus.
    Wären wir bis zu der nächstfolgenden Klasse von Zuschauern heruntergestiegen, so würden wir einen ähnlichen Grad von Abscheu, obgleich weniger Schimpfen und Lärmen beobachtet haben; [293] unterdessen übergaben doch hier die guten Weiblein den schwarzen Jakob dem gehörnten Satan, und viele unter ihnen erwarteten alle Augenblicke, daß der Herr mit dem Pferdefuße kommen und sein Eigentum durch die Luft davonführen würde.
    Das Parterre war ohne Zweifel, wie gewöhnlich, geteilt: diejenigen unter ihnen, welche an heroischer Tugend und vollkommnen Charakteren ihr Behagen finden, tadelten es nicht wenig, daß solche Beispiele von niederträchtiger Bosheit auf die Bühne gebracht würden, ohne sie aufs strengste zu bestrafen, um sich daran spiegeln zu können. Einige von den Freunden des Verfassers riefen: »Nun freilich, ihr Herren, der Kerl ist ein Schurke; bei alledem aber ist es dennoch Natur.« Und alle jungen Kritiker unsrer Zeit, Kaufmannsbursche, Gymnasiasten, Aktenschreiber und dergleichen, nannten es niedrig und gemein und thaten sich gütlich mit Stampfen und Pochen.
    Die Ranglogen betrugen sich mit ihrer gewöhnlichen Politesse. Die meisten darin waren eben aus etwas anderes mit ihren Gedanken gerichtet. Einige unter den wenigen, welche noch zuweilen nach der Bühne hinblickten, erklärten, es wäre doch ein bösartiger Mensch, währenddem andere sich weigerten ihre Meinung von sich zu geben, bis sie erst die

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