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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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seinen Zweck, sodass sie nur hilflos auf die Hände schauen konnte, die sich mit ihrer Tochter beschäftigten.
    Die Stimme ließ Thornes Kopf herumfahren. Bishop streichelte Rachels Nacken. »Hallo, Tom. Sind Sie gekommen, um uns die Party zu verderben?«
    Thorne stand wie angewurzelt da und blickte zu Bishop. Er wollte nicht auf ihn zugehen und ihn erschrecken. Aber er wäre ohnehin unfähig gewesen, sich zu bewegen. Sein Mund war ausgetrocknet, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
    »Hallo, James …«
    Hunderte komplizierter Fragen müssten gestellt, ein dicker Knoten aus Motivation und Psychose müsste entwirrt werden, doch in diesen wenigen Sekunden erkannte Thorne in dem erschreckenden Bild alles, was er wissen musste. In diesem winzigen Moment hatte er sich Klarheit verschafft, und er erkannte das Was, Warum und Wer. Er sah, wie er manipuliert, wie er benutzt worden war. Wie James Bishop mit ihm gespielt, ihn angestachelt und angestupst hatte, wie James seine schwachen Stellen genutzt und mit seinen Stärken gespielt hatte. Wie er vollkommen Recht gehabt und entsetzlich falsch gelegen hatte. Warum Margaret Byrne sterben musste und warum sie immer noch leben könnte, wenn er nicht gewesen wäre.
    Wie er an der Nase herumgeführt worden war.
    Wie er besiegt worden war.
    James Bishop stand mit nacktem Oberkörper da. Über seinen Bauch zogen sich kreuz und quer zahlreiche sich rosa kräuselnde Narben – wie Würmer unter seiner Haut. Schnitte mit dem Messer, dachte Thorne. Selbst zugefügt.
    Anne: »… er war deswegen eine Weile völlig durch den
    Wind.«
    Rebecca: »… James ist etwas aus der Bahn geraten.«
    Die Narben waren nicht das einzig Auffällige. Das kurze Haar war grau. Aufgesprühte Farbe war die einfachste Erklärung. » Habe mich als Schauspieler versucht. Alles, womit ich meine Miete bezahlen kann . « Er trug die gleiche Brille wie sein Vater, was in dem hell erleuchteten Zimmer gut zu erkennen war. In der Nacht, im Zwielicht von Straßenlaternen, könnte man ihn leicht für einen zehn Jahre älteren Mann halten.
    Selbst Thorne hatte in ihm Jeremy Bishop erkannt.
    Thorne blickte zu Rachel und Anne. »Worin liegt der Sinn, James? Was hat das hier mit der ganzen Sache zu tun?«
    Bishop kicherte. War es denn nicht offensichtlich? »Nun, da Sie es auf so brillante Weise nicht geschafft haben, den falschen Mann zu verhaften und zu verurteilen …«
    »Deinen Vater.«
    »Meinen Vater, ja. Ich muss die Sache jetzt ein bisschen schneller über die Bühne bringen. Mit etwas weniger Finesse. Es ist nicht das, was ich wollte, aber es wird die gewünschte Wirkung haben.«
    »Und die wäre?«
    Bishop schüttelte den Kopf. »Sie sind wirklich nicht der Mensch, für den ich Sie gehalten habe, Tom.«
    »Das Gleiche könnte ich von dir sagen, James.«
    »Dass Annes Tochter eine ihrer eigenen Patientinnen wird, ist doch ziemlich nett, oder? Damit wird er nicht leben können.« Langsam ließ er seine Daumen an Rachels Schädelansatz auf und ab gleiten. »Immerhin hat er schon mit sich selbst lange genug leben müssen …«
    Thornes Augen bewegten sich nicht von den langen, dünnen Fingern fort. Von den Händen in den engen Einmal-Handschuhen. Erfahrene Hände.
    James in Thornes Wohnung. Großspurig, unreif, leicht zu durchschauen. » Ich habe ein paar Jahre auf dem College verschwendet, ja. Ich bin nicht der Elfenbeinturm-Typ.«
    Die Frage, an die Thorne nie gedacht hatte. Vier dumme Wörter: Was hast du studiert?
    Es war wichtig, dass er weiterredete.
    »Ist es das, was du damit bezwecken wolltest, James? Deinem Vater wehzutun? Dir ein eigenes Rückgrat zu verschaffen?«
    Bishop blickte ihn wütend an. Die Maske der Höflichkeit fiel. »Seien Sie nicht so verdammt dumm, Thorne. Worin der Zweck liegt?«, fragte er angewidert. Dann wurde seine Stimme wieder weicher, bekam etwas Freundliches, beinahe Besorgtes. »Es geht darum, dass ich nach so etwas wie Perfektion strebe. Es geht darum, etwas Schwachem, Verunstaltetem und Kaputtem die Notwendigkeit für seine Existenz zu nehmen. Dafür zu sorgen, dass man nicht mehr darauf angewiesen ist. Das Gehirn, den einzigen Körperteil mit Wert, ohne den behindernden Körper aufblühen zu lassen. Es geht um Freiheit.«
    Thorne warf einen raschen Blick zu Anne. Ein Blick, um ihr zu sagen, dass alles in Ordnung war. Er schob seine Hände in die Taschen und versuchte, entspannt zu wirken, als er sich wieder an Bishop wandte. Ungezwungen, im Plauderton. »Dass der

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