Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes
Kopf wurde zurückgerissen, und ein dicker Strahl Blut schoss über sie beide hinweg. Die letzten Tropfen regneten noch auf sie herab, als sie bereits wie ein großes Stück Fleisch auf den Boden gefallen war …
Thorne rappelte sich vorsichtig hoch und ging hinüber zu Holland, der vornübergebeugt und leichenblass nach Luft rang. Jameson lag stöhnend am Boden, einen Arm in einem seltsamen Winkel nach hinten gebogen und den anderen nach einem Messer ausgestreckt, das er nie erreichen würde. Als er aufblickte, war der Ausdruck in dem blutigen Brei nicht zu deuten, zu dem Holland sein Gesicht geschlagen hatte.
Eine Flasche Wein lag auf der Seite, war halb unter den Schrank gerollt. Thorne schob sie mit dem Fuß heraus, während Holland ihm den Gürtel von den Handgelenken löste.
»Was anderes hab ich auf die Schnelle nicht gefunden«, stieß Holland atemlos hervor. »Ich glaub, ich hab dem Arsch damit den Arm gebrochen …«
Als er die Hände frei hatte, wandte Thorne sich um und ging dorthin zurück, wo Eve neben der Schlafzimmertür lag. Sie hielt noch immer das Messer in der Hand und merkte kaum, als Thorne es ihr abnahm. Sie war damit beschäftigt, auf dem vor Blut triefenden Teppich nach ihrer halben Zunge zu suchen, die genauso glatt abgebissen war wie die ihres Vaters, als dieser sich vor all den Jahren vom Treppengeländer gestürzt hatte.
Thorne sank auf den Boden und lehnte sich ans Bett. Er fühlte, wie der Schmerz zurückkam. Im Kopf, in den Armen, überall.
Aus dem anderen Zimmer konnte er George Jones singen hören, als sei nichts geschehen.
Er starrte sein Spiegelbild hinter der Schranktür an. Nackt und blutüberströmt sah er aus wie ein mordlüsterner Wilder. Er beobachtete sich dabei, wie er langsam mit einer Hand seine Genitalien bedeckte.
»Ich habe Hendricks angerufen«, sagte Holland. »Unsere Leute sind unterwegs.«
Thorne nickte. »Das ist gut. Das ist sehr gut, Dave. Gib mir als Erstes doch bitte mal meine Scheißunterhose rüber …«
Vierter Teil
Das Reich, in dem niemand stirbt
Dreiunddreißigstes Kapitel
Yvonne Kitson rief ihn an, als er auf dem Weg nach St. Albans war.
»Tom, wie geht’s Ihnen?«
»Mir geht’s gut. Und Ihnen?«
»Gut, danke. Hören Sie …«
Thorne wusste sehr wohl, dass es Kitson keineswegs gut ging. Ihr Mann hatte die Kinder genommen, nachdem er von ihrer Affäre mit einem ranghohen Polizeibeamten erfahren hatte, und nun schien ihre Karriere genauso zu zerbrechen wie ihre Familie. Ihr Mann war es gewesen, der ihre Vorgesetzten anrief und ihnen haarklein erklärte, was seine Frau getrieben hatte und mit wem …
»Hören Sie«, sagte sie, »ich dachte, Sie sollten es gleich erfahren. Wir haben einen vorläufigen Termin für den Prozess.«
Sechs Wochen waren seit der Festnahme von Eve Bloom und Ben Jameson vergangen. Seit Thorne aus seiner eigenen Wohnung geführt worden war, eine Hand auf seinem Arm und eine Decke über den Schultern, wie so viele Opfer, die er in der Vergangenheit zu Polizeiautos und Krankenwagen hatte schlurfen sehen. Mit Ringen unter den Augen und aschfahl.
Nun würden sie alles noch mal von vorne durchgehen müssen. Der Fall wurde bereits vorbereitet, aber jetzt, nachdem der Termin feststand, würde man an Tempo zulegen. Die Akten mussten dem Crown Prosecution Service offen gelegt und die Zeugen entsprechend vorbereitet werden. Es hieß, alles sorgfältig zusammenzutragen und in Form zu bringen, damit die Verantwortlichen damit in den Gerichtssaal gehen und eine Verurteilung erreichen konnten.
Thorne würde die Kärrnerarbeit natürlich erspart bleiben. Sein großer Auftritt käme später, im Zeugenstand.
Nicht dass Thorne je aufgehört hätte, sich mit dem Fall zu beschäftigen …
Anders als im wirklichen Leben war die Eve Bloom in den Restorative Justice Conferences, die Thorne sich Tag für Tag mit ihr ausmalte, stets beunruhigend ehrlich. Natürlich hatte sie nie auch nur das geringste sexuelle Interesse an ihm gehabt. Hätte sie es gewollt, hätte sie problemlos in ihrer Wohnung mit ihm schlafen können. Nicht ganz so problemlos wäre gewesen, was sie und ihr Bruder von Anfang an mit ihm vorgehabt hatten. Eine Mitbewohnerin hätte dabei gestört.
Dass sie nicht früher die Gelegenheit dazu hatte, Thorne dort – in seiner Wohnung – zu haben, wo sie ihn haben wollte, lag an einem siebzehnjährigen Junkie, der Thornes Wohnung ausgeräumt und ihm damit, ohne es zu wissen, das Leben gerettet hatte.
Natürlich gab es
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