Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes
das er nicht verstand, und der Fuß verschwand. Thorne wandte den Kopf zur Seite und sah, wie Eve durchs Zimmer zu ihrem Bruder ging. »»Dank der gnädigen Mithilfe der Polizei«, das hast du doch gesagt. Ich muss also sterben, weil vor dreißig Jahren ein Vergewaltigungsfall von einem Schwachkopf bearbeitet wurde.« Er bekam keine Antwort. »Ja? Ist das richtig?«
»Zwecklos, über die Ungerechtigkeit des Lebens zu jammern«, sagte Eve. »Wir sind die Letzten, von denen du Mitgefühl erwarten kannst …«
»Ist mir klar. Ich möchte nur wissen, warum ich?«
»Weil du am Telefon warst.«
Und Thorne erkannte, dass es tatsächlich so simpel war. Die Nachricht, die der Mörder auf Eve Blooms Anrufbeantworter hinterlassen hatte, hatte ihn immer irritiert. Und jetzt verstand er endlich, warum. Sie war dort »hinterlassen« worden, um Eve eine Entschuldigung zu geben, im Hotel anzurufen – an einem Tatort, wo der Anruf von einem Polizisten entgegengenommen würde. Die Kränze bei den späteren Morden waren nur deshalb bestellt worden, um es als Teil eines Musters erscheinen zu lassen.
Die Vergewaltiger hatten sie sorgfältig ausgesucht. Ihr letztes Opfer, Thorne selbst, war absolut zufällig ausgewählt worden. Ihm fiel ein, was er zwanzig Minuten vorher im Bett zu Eve gesagt und was sie ihm geantwortet hatte:
»Es hätte genauso gut jemand anders ans Telefon gehen können …«
»Dann wäre vielleicht jetzt jemand anders hier.«
Er sah noch ihr Gesicht vor sich, als sie das sagte. Er stellte sich den Ausdruck auf dem Gesicht seines Vaters vor, wenn er die Nachricht von seinem Tod erhielt.
»Ich hab auch einen tollen Titel«, sagte Jameson. »Für diese kleine schmutzige Horrorgeschichte. Was hältst du von ›Vom Regen in die Traufe‹?«
»Wir wissen über Roger Noble Bescheid …«
»Ach ja?« Zum ersten Mal konnte Thorne einen Anflug von Gefühl in Jamesons Stimme hören, obwohl er nicht lauter wurde. »Ihr wisst vielleicht, was er getan hat, aber was ihr nicht wissen könnt, ist, wie es sich angefühlt hat.«
»So schlimm, dass ihr verschwinden musstet.«
»Gut erkannt …«
»Um deine Schwester zu schützen …«
»Noble wollte mir nichts Böses«, sagte Eve. »Meinem Baby wollte er Böses.«
»Er hat dich geschwängert?«
Jameson lachte. »Wieder auf dem falschen Gleis. Wir brauchten ein Glöckchen oder einen Summer, wenn du was nicht kapierst oder was Dummes sagst. Noble mochte Jungs. Das Baby war von mir.«
»Unseres«, sagte Eve. »Also verschwanden wir, als sie mich zu einer Abtreibung zwingen wollten.«
Thorne wurde klar, dass es Scham gewesen war, was er in Irene Nobles Stimme gehört hatte, als sie in ihren Marks&-Spencer-Kaffee gestarrt und von »Verhaltensauffälligkeiten« gesprochen hatte. Wahrscheinlich war die Idee zum Umzug von ihr gekommen, um die Abtreibung woanders machen zu lassen und so einen Skandal zu vermeiden …
»Was wurde aus dem Kind?«, fragte Thorne.
Jameson antwortete nüchtern: »Haben wir verloren. Wer weiß, wenn das alles vorbei ist, können wir es ja noch mal versuchen.«
Etwa eine halbe Minute lang fiel kein Wort. Thorne lag am Boden und litt Höllenqualen, von irgendwo kam ein Lufthauch und strich über seine nackte Haut. Seine Hände waren taub, und sein Herz pochte so heftig, dass sein Brustkorb sich vom Teppich hob.
Wenn das alles vorbei ist …
Er stellte sich den Blick vor, den die zwei Menschen wechselten, die seinen Tod planten. Einen zärtlichen Blick, einen Ausdruck von Liebe, den Blick zwischen einem Mann und einer Frau, die darüber sprachen, ein Baby zu haben, sobald er vergewaltigt und erdrosselt worden war.
Thorne stöhnte vor Schmerz, als er den Kopf auf die andere Seite drehte. »Ich vermute, der letzte Teil dieser Geschichte beinhaltet die Morde«, sagte er. »Remfry und Welch, Dodd und Southern. Ich als symbolischer Höhepunkt. Der mittlere Akt ist noch mysteriös, die Zeit nach eurem Verschwinden. Was geschah zwischen Franklin und den Männern im Gefängnis? Warum habt ihr wieder angefangen mit den Morden?«
»Der Blitz schlug zweimal ein«, sagte Eve.
Dann klingelte es an der Tür …
Thorne erstarrte und hob den Kopf, doch sie waren unglaublich schnell und unglaublich engagiert. Im Handumdrehen waren sie bei ihm, drückten ihm die Messer an den Hals, links und rechts, raubten ihm den Atem, bevor er die Chance hatte zu schreien …
Hendricks hob praktisch sofort ab.
»Hören Sie«, sagte Holland. »Ich stehe vor Detective
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