Tony Mendez 02 - Eine verräterische Spur
an seine Kollegin. »Komm mal her, Monique. Du hast doch ein gutes Gedächtnis für Gesichter.«
Monique machte noch schnell ein Einschreiben fertig, dann trat sie zu ihnen. »Geht es um diese Frau in Oak Knoll? Die mit den siebenundneunzig Stichwunden? Davon habe ich in den Nachrichten gehört. Schlimme Sachen passieren da unten bei euch. Was ist nur mit euch los? Ihr hattet doch schon diesen Serienmörder. Tun die euch was ins Wasser? Ist das irgendwie ansteckend?«
»Hoffentlich nicht«, sagte Hicks.
Monique sah sich die Fotos eins nach dem anderen an, methodisch, wenn sie eins betrachtet hatte, legte sie es beiseite und nahm das nächste zur Hand. Der Surfer kümmerte sich derweil um den nächsten Kunden.
»Das sind aber mal hübsche Kerle«, sagte Monique. »Also, von denen würde ich keinen von der Bettkante schubsen – wenn Sie wissen, was ich meine. Der hier, der sieht aus wie ein Filmschauspieler«, sagte sie und hielt das Foto von Steve Morgan in die Höhe. »Aber er hat’s faustdick hinter den Ohren. Das seh ich gleich. Mit diesen Schmolllippen. Gutaussehenden Männern mit Schmolllippen traue ich nicht über den Weg.«
Das Foto von Mark Foster sah sie lange an. Bei dem nächsten hielt sie inne. »Der kommt mir bekannt vor«, sagte sie.
Darren Bordain.
»Der könnte hier gewesen sein«, sagte sie. Sie kaute auf ihrer Unterlippe, während sie das Foto betrachtete. Irgendetwas schien sie zu irritieren.
»Er hat ein Paket in ungefähr der Größe aufgegeben«, sagte Hicks und zeigte die Maße mit den Händen an.
Monique überlegte.
»Er ist ein ausgesprochen charmanter Mann …« Sie runzelte die Stirn, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein. Daran würde ich mich erinnern. Das bringe ich nicht mit dem Gesicht zusammen.« Sie drehte das Bild um – einen der Ausschnitte aus der Oak Knoll News . Mendez hatte ihn so gefaltet, dass man die anderen Leute auf dem Bild nicht sehen konnte – die Bordains und eine andere bekannte Familie aus der Gegend bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung.
»Da!«, rief Monique. Sie tippte mit einem langen, knallrosa lackierten Fingernagel auf das Bild und machte kugelrunde Augen. »An das Gesicht erinnere ich mich!«
97
»Bruce Bordain?«, fragte Vince. »Bruce Bordain hält sich für den Vater von Haley?«
Gina nickte müde. »Das ist eine lange Geschichte.«
»Erzählen Sie mir wenigstens die Kurzfassung, Gina«, sagt Vince.
Bruce Bordain hatte es tags zuvor eilig gehabt, sein Flugzeug zu erreichen. Falls er das Land verlassen hatte, durften sie keine Zeit mehr verlieren.
»Ich bin so müde«, murmelte sie.
»Ich weiß, ich weiß«, sagte Vince und sah durch die Glaswand zum Stationszimmer, ob jemand sie beobachtete. Er war schon einmal aus ihrem Zimmer geworfen worden, weil er sie zu sehr angestrengt hatte. »Aber das ist wichtig, Gina. Sie wollen doch auch, dass Marissas Mörder vor Gericht gestellt wird, nicht wahr?«
»Ja«, sagte sie. Ihr Atem ging schneller. »Natürlich.«
»Hatte Marissa ein Verhältnis mit Bruce Bordain?«
»Ja. Ungefähr ein Jahr lang.«
»Und irgendwann teilte sie ihm mit, dass sie schwanger war.«
»Was ja auch stimmte«, sagte Gina.
»Gina, ich habe Fotos von Ihnen und Marissa zwei Monate vor Haleys Geburt gesehen. Sie war nicht schwanger.«
Frustration und Erschöpfung zeichneten scharfe Linien in ihr Gesicht. Erneut traten ihr Tränen in die Augen. »Ich bin so müde.«
»Ich weiß, Gina. Ich will Sie auch wirklich nicht quälen«, sagte Vince, »aber das ist von entscheidender Bedeutung. Ist Haley Marissas Tochter? Ist sie Bruce Bordains Tochter?«
»Nein.«
Marissa war schwanger gewesen, aber Haley war nicht ihre Tochter, und Bruce Bordain war nicht der Vater. Vince fluchte leise. Er verstand nur noch Bahnhof, und seine Zeugin machte langsam schlapp.
»Aber Marissa erpresste doch die Bordains«, sagte er.
»Das hört sich aus Ihrem Mund so gemein an«, erwiderte sie. »Aber so war es nicht. Sie wollte etwas Gutes tun. Für Haley.«
»Bruce Bordain zahlte vier Jahre für ein Kind, das nicht von ihm ist. Hat er es herausgefunden?«
»Vielleicht«, sagte sie mit leiser Stimme. »Marissa hatte jedenfalls keine Lust mehr. Sie hatte die Nase voll davon, dass Milo nach Lust und Laune mit ihr umsprang, als wäre sie ein Spielzeug. Anfangs hatte sie ihn bezahlen lassen wollen für das, was er ihr angetan hat. Aber das war es nicht wert.«
»Was hat er ihr denn angetan?«, fragte Vince.
Tränen sammelten sich in Gina
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