Top Secret - Der Ausbruch
sieht etwas niedergeschlagen aus«, erklärte Gabrielle. »Ich geh mal zu ihm rüber und versuche, ihn etwas aufzuheitern.«
»Gute Idee«, grinste Connor. »Ich komm mit.«
»Nichts da«, entgegnete Gabrielle kühl. »Ihr zwei bleibt genau da, wo ihr seid.«
»Aber …«, wandte Connor ein und erhob sich halb von seinem Sitz, nur um sich gleich wieder fallen zu lassen.
»Hört mal«, meinte Gabrielle, »ich will ja nicht unhöflich sein, aber ihr zwei benehmt euch ganz schön merkwürdig, und das geht mir auf die Nerven. Könnt ihr mich nicht mal fünf Minuten in Ruhe lassen?«
Als sie ihre Jacke von der Stuhllehne zog, hatte Gabrielle ein schlechtes Gewissen. Die Zwillinge guckten beide wie Kleinkinder, denen die Mutter zur Strafe ihr Lieblingsspielzeug weggenommen hatte.
James wirkte geistesabwesend und starrte auf den Fußboden zwischen seinen Beinen. Gabrielle klopfte ihm aufs Knie.
»Was ist los, du Unglücksrabe?«, fragte sie und ließ sich auf dem Stuhl neben ihm nieder. »Denkst du immer noch an Miami?«
Im vorigen Sommer war James in eine üble Lage geraten, die letztendlich dazu geführt hatte, dass er in Notwehr einen Mann erschossen hatte. Ihn plagten deswegen immer noch Albträume.
»Wahrscheinlich«, meinte James achselzuckend. »Und ich vermisse Kerry. Ich habe über eine Woche nichts von ihr gehört.«
»Ich auch nicht«, sagte Gabrielle. »Aber in ihrer letzten Nachricht sagte sie, dass sie in Japan angekommen sei und streng undercover arbeiten würde. Daher überrascht mich das kaum.«
James nickte. »Ich habe mit ihrem Einsatzleiter telefoniert. Er hat gesagt, dass alles in Ordnung ist und Kerry ungefähr in einem Monat wieder nach Hause kommt, wenn alles gut geht.«
»Was ist mit Lauren?«, erkundigte sich Gabrielle. »Wie kommt sie in der Grundausbildung voran?«
»Du weißt, wie es ist«, erwiderte James. »Man hört
immer nur Gerüchte, aber ich glaube, sie kommt schon klar.«
Gabrielle musste plötzlich lachen. »Erinnerst du dich noch an unsere Grundausbildung? Wie Kerry und ich euch Jungs auf dem Balkon von diesem Hotel ausgesperrt haben und euch darum betteln ließen, wieder reinkommen zu dürfen?«
James erlaubte sich ein leises Lächeln. »Allerdings. Wir haben uns nie dafür gerächt.«
Etwas Kaltes traf James im Nacken. Er sah sich um und stellte fest, dass er und Gabrielle von der Gruppe sechzehn- und siebzehnjähriger Jugendlicher auf der Nachbarbahn mit Cola und Eis angespritzt worden waren. Die Bande verhielt sich ruppig, pöbelte herum und warf mit Gegenständen um sich.
»Mann!«, empörte sich Gabrielle und blickte böse zu einem Pickelgesicht in einem Tottenham-Hotspur-T-Shirt. »Pass doch auf, ja?«
»’tschuldige«, grunzte der Junge und grinste boshaft auf die Eisreste in seinem Pappbecher. Gabri - elle hatte den Eindruck, dass es ihm nicht ein bisschen leidtat.
»James!«, rief Kyle. »Du bist dran!«
James stand auf und griff sich eine Bowlingkugel aus dem Ständer. Er hatte einen Gutschein für ein paar kostenlose Bowlingstunden eingelöst, und wenn er in Form war, dann war er ein guter Bowler: Er schwang die Kugel in perfektem Schwung und
räumte respektable Punktzahlen ab. Aber nicht heute Abend. Und James’ Laune hatte nichts damit zu tun, dass er Kerry vermisste oder sich Sorgen machte, ob Lauren ihre Grundausbildung bestehen würde. James fühlte sich mies, weil er heute mit seiner Bowlingkugel partout nichts traf.
Er stellte sich in Position, hielt die schwere Kugel auf Kinnhöhe und schwang sie ordentlich durch. Sie krachte sauber in die ersten drei Kegel, und eine Sekunde lang glaubte James schon, dass er zum ersten Mal seit Langem wieder alles abräumen konnte. Aber Kegel sieben am hinteren linken Ende wackelte nur, und Nummer zehn ganz rechts machte sich nicht einmal die Mühe, sich zu bewegen. James konnte sein Pech nicht fassen.
»Sieben und zehn!«, rief Kyle und hieb sich erfreut auf die Schenkel. »Damit bist du wieder mal ganz unten, Adams!«
James warf einen Blick auf die Punktetafel. Normalerweise stritt er sich beim Bowlen mit Kyle um den ersten Platz, und dabei gewann er öfter, als er verlor. Aber heute hatte er schon zwei Spiele verloren und lag in diesem dreißig Punkte hinter Kyle und es waren nur noch vier Runden zu spielen. James fand es gemein von Kyle, dass er ihm sein Elend so unter die Nase rieb, und vergaß dabei geflissentlich, dass er es im umgekehrten Fall ganz genauso gemacht hätte.
Sobald die Kugel in den
Weitere Kostenlose Bücher