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Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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Registrierung zu leben, war also nicht illegal, aber wurde man dabei erwischt, wie man die Blutsauger bestahl, und hatte das verfluchte Zeichen des Prinzen nicht auf der Haut, dann konnte man mit keinerlei Gnade rechnen.
    Diese Lektion hatte ich schnell gelernt. Zu traurig, dass die drei dort oben das offenbar nicht getan hatten.
    »… zweihundert Gramm Sojakerne, zwei Kartoffeln und einen viertel Laib Brot.« Der Lakai setzte seine Litanei fort, während sein Publikum voll morbider Faszination auf den Galgen starrte. Ich schob mich durch die Menge, immer weiter fort von der Plattform, die arrogante Stimme unentwegt im Rücken. Ich ballte die Fäuste und wünschte mir, ich könnte sie ihm in seine grinsende Fresse hauen. Verdammte Lakaien! In gewisser Weise waren sie noch schlimmer als die Blutsauger. Immerhin hatten sie sich bewusst dafür entschieden, den Vampiren zu dienen, hatten ihre Mitmenschen verraten für die Sicherheit und den Luxus, den sie dafür bekamen. Jeder hasste sie und beneidete sie zugleich.
    »Die Rechtslage bezüglich unregistrierter Bürger ist eindeutig«, sagte der Lakai gedehnt, um den größtmöglichen Effekt zu erzielen. »Gemäß Paragraf zweiundzwanzig, Abschnitt sechsundvierzig des Stadtgesetzes von New Covington wird jeder Mensch, der innerhalb der Stadtgrenzen des Diebstahls überführt wird und nicht das schützende Siegel des Prinzen trägt, zum Tod durch den Strang verurteilt. Möchten die Verurteilten noch letzte Worte äußern?«
    Ich hörte gedämpfte Stimmen, als der Älteste der drei Diebe den Lakaien beschimpfte und ihm riet, etwas anatomisch Unmögliches anzustellen. Das entlockte mir nur ein trauriges Kopfschütteln. Tapfere Worte würden ihm auch nicht helfen. Nichts konnte ihm jetzt noch helfen. Widerstand bis zum bitteren Ende war ja gut und schön, aber noch besser war es, sich gar nicht erst erwischen zu lassen. Dies war sein erster Fehler gewesen und unumstößlich auch sein letzter. Halte dir immer einen Fluchtweg offen , so lautete die oberste Regel aller Unregistrierten. Tu, was du willst, hasse die Vampire, verfluche die Lakaien, aber lass dich niemals erwischen. Ich beschleunigte meine Schritte, und als ich den Rand der Menge erreicht hatte, lief ich los.
    Der dumpfe Knall der sich lösenden Falltüren dröhnte in meinen Ohren und übertönte das Stöhnen der Menge. Die nachfolgende Stille war so greifbar, dass ich in Versuchung geriet, mich noch einmal umzudrehen. Ich ignorierte den drückenden Knoten in meinem Bauch und bog um die nächste Ecke, sodass eine Mauer zwischen mir und dem Galgen lag und jeden Blick zurück unmöglich machte.
    Das Leben im Saum ist schlicht, genau wie die Menschen, die dort wohnen. Sie müssen nicht arbeiten, obwohl es ein paar »Handelsposten« gibt, bei denen die Leute abliefern, was sie finden, und es gegen andere Dinge eintauschen. Sie müssen nicht lesen, denn es gibt keine Jobs, in denen das erforderlich wäre, außerdem ist der Besitz von Büchern illegal – warum also das Risiko eingehen? Ihre Sorge gilt nichts anderem als ihrer Verpflegung, der Instandhaltung ihrer Kleidung und den Reparaturen an dem Loch, dem Pappkarton oder dem heruntergekommenen Gebäude, das sie ihr Heim nennen, damit es nicht reinregnet.
    Fast jeder Saumbewohner träumt heimlich davon, es irgendwann in die Innere Stadt zu schaffen, hinter die Mauer, die jene zivilisierte Welt vom menschlichen Abfall trennt, in jenes funkelnde Zentrum, dessen riesige Türme sich irgendwie dem Verfall widersetzen und unerschütterlich über unseren Köpfen in die Höhe ragen. Jeder kennt jemanden, der jemanden kennt, der in die Innere Stadt gebracht wurde – vielleicht wegen seines brillanten Verstandes oder seiner umwerfenden Schönheit, eben jemand, der zu einzigartig oder besonders war, um hier draußen bei uns Tieren zu bleiben. Man munkelt, dass die Vampire dort drinnen Menschen »züchten« und deren Kinder zu Leibeigenen machen, die ihren Meistern bedingungslos ergeben sind. Doch da niemand, der in die Stadt gebracht wird, je wieder zurückkehrt – abgesehen von den Lakaien und ihren Wachen, von denen man nichts erfährt – weiß niemand, wie es dort wirklich ist.
    Was die Gerüchteküche natürlich nur umso mehr anheizt.
    »Hast du’s schon gehört?«, fragte Stick, als wir uns an dem Maschendrahtzaun begegneten, der die Grenze zu unserem Revier markierte. Hinter diesem Zaun erstreckte sich ein grasbewachsener und mit Scherben übersäter Platz, an dessen

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