Tortenschlacht
CDU und der sächsischen DSU zur konservativen »Allianz für Deutschland« zusammen. Wenig später wurde Wolfgang Schnur als Stasispitzel enttarnt, und seine einst so mächtige Bürgerbewegung war nur noch eine Fußnote der Geschichte.
»Wollen Sie damit sagen«, fragte Werner von Lahn skeptisch, »dass die Stasivorwürfe gegen Schnur fingiert waren?«
»Nein.« Meyer schüttelte den Kopf. »Ich will damit sagen, dass sie nie an die Öffentlichkeit gelangt wären.« Er lächelte fein. »Und ich muss Ihnen nicht erklären, dass es auch in der politischen Elite der Bundesrepublik Sprengsätze gibt, die nur gezündet werden müssen. Im Dezember wird gesamtdeutsch gewählt. Die Karten werden neu gemischt, und einige der politischen Hoffnungsträger könnten ihr blaues Wunder erleben. – Dumm, nicht wahr? Dabei wollten Sie doch Senator werden.«
Von Lahn schluckte und wurde bleich. Das war ganz klar ein Schuss vor den Bug. Dieser Meyer wollte ihn in die Knie zwingen. Mit einer uralten Geschichte. Dreißig Jahre lang hatte nie auch nur ein Hahn danach gekräht. Doch jetzt wurde er schon zum zweiten Mal innerhalb von wenigen Tagen mit dieser Sache konfrontiert. Die alten Geister waren wieder da. Dabei war Werner von Lahn damals in diese Sache nur hineingestolpert, weil er versucht hatte, den Lauf der Dinge aufzuhalten und grenzüberschreitende Allianzen zu schmieden. Nach dem Motto: Eine Hand wäscht die andere. Das war natürlich naiv und dumm, und gern hätte Werner von Lahn das alles ungeschehen gemacht. Tatsächlich hatte er geglaubt, alle Spuren in dieser Richtung vernichtet zu haben. Aber das stellte sich immer mehr als falsch heraus.
Was ist da noch im Umlauf, überlegte er unruhig, was hat dieser Meyer gegen mich in der Hand? Genug, um mir die Pistole auf die Brust zu setzen? Zweifellos ist er zu jung, um damals involviert gewesen zu sein. Wie auch immer, der Kerl ist wahnsinnig genug, mir zu drohen. Ich muss vorsichtig sein, dachte von Lahn, verdammt vorsichtig …
»Sie sollten die Vergangenheit ruhen lassen«, sagte er, bemüht, die Fassung zu wahren.
»Ich habe nicht vor, daran zu rühren. Im Gegenteil.« Meyer schob ihm den Vertragstext hin. »Wollen Sie nun unterschreiben?«
Werner von Lahn starrte hilflos auf das Papier.
Was wäre die Alternative, fragte er sich. Wenn ich unterschreibe, bewahre ich zwar mein Heim. Aber bewahre ich auch meine politische Integrität? Wenn dieser Meyer wirklich gerichtsfeste Beweise gegen mich hat, kann er mich jederzeit fertig machen. Egal, ob ich diesen Wisch hier unterschreibe oder nicht.
»Wir haben alle Dreck am Stecken, Herr von Lahn.« Meyer erhob sich. »Glauben Sie mir, ich habe schon schlechtere Angebote gemacht. Hier ist meine Nummer.«
Er steckte eine Visitenkarte in die Anzugbrusttasche seines perplexen Gastgebers und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. »Überlegen Sie es sich. Aber nicht zu lange. – Ich finde allein raus.«
Wo lag der Fehler?
Werner von Lahn saß wie erstarrt. Was ist da schiefgelaufen, grübelte er, was habe ich übersehen? Oder habe ich nur zu spät reagiert?
Nachdenklich warf er einen Blick auf die Kaminuhr. Eine viertel Stunde vor Mitternacht. Nervös goss sich Werner von Lahn noch einen Cognac ein.
9 GOTT, BIN ICH FROH! Zwar hatte Melanies Stimme am Telefon sehr aufgeregt und verängstigt geklungen, aber sie lebt. Und das ist das Wichtigste!
Mit dem Wagen brettere ich durch die Nacht über die Buckower Chaussee Richtung Stadtgrenze. Noch immer regnet es, ach Quatsch, es pladdert, dass die Scheibenwischer kaum nachkommen, und eigentlich habe ich keine Ahnung, wo genau ich hin muss.
Melanie hatte wirres Zeug geredet. Sie hätten ein total irres Zeug geraucht, seien dann vom Weg abgekommen und ins Wasser gefallen. Jetzt ist einer ohnmächtig, ein anderer habe sich erhängt, und sie traue sich nicht, die Feuerwehr zu rufen, obwohl es brenne.
Das klang nach einem ziemlich miesen Trip, und Monika hatte sich furchtbar aufgeregt. Nur mit Mühe konnte ich sie beruhigen. Sie wollte unbedingt mitkommen, aber es gelang mir, sie davon zu überzeugen, zu Hause zu bleiben. Falls Melanie noch mal anrufen sollte, war dann jemand erreichbar, der das Kind beruhigen konnte. Nun musste ich es nur noch finden, was anhand der völlig konfusen Wegbeschreibung nicht gerade einfach war.
Irgendwo im Osten, na prima! In der Nähe von Schönefeld klang schon besser, der Flughafen war sogar für DDR -Verhältnisse gut ausgeschildert.
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