Total Recall
zwölf statt sechs Apartments.
Meine Sekretärin Ronda Columb, die seit Jahren den Arnold-Versandhandel betreute und meinen verrückten Terminkalender organisierte, beobachtete erfreut meine Entwicklung zum Immobilienmogul im Miniaturformat, wenn man das bei meiner Statur so sagen konnte. Sie stammte ursprünglich aus New York, war viermal geschieden und zehn oder zwölf Jahre älter als ich. Ihr erster Mann war in den fünfziger Jahren ein Bodybuilding-Champion gewesen. Ich hatte sie im Gold’s Gym kennengelernt. Sie war für mich wie eine ältere Schwester. Ihr aktueller Freund war der Projektentwickler Al Ehringer.
Eines Tages sagte sie aus heiterem Himmel: »Weißt du eigentlich, dass Al dich sehr mag?«
»Das will ich auch hoffen, schließlich überlasse ich ihm meine Sekretärin!«, antwortete ich.
Sie lachte. »Nein, ehrlich, er findet dich sympathisch und möchte mit dir Geschäfte machen. Könntest du dir das vorstellen?«
»Tja, kommt darauf an, was er will, denn gerade ist ein Gebäude in der Main Street auf dem Markt. Wenn er sich da beteiligen will?« Al galt als gewiefter Immobilienkenner, der einen Riecher dafür hatte, welche Gegenden bald im Preis steigen würden. Er hatte viel dazu beigetragen, die Altstadt von Pasadena wieder mit Läden und Lofts zu beleben. Meiner Meinung nach war auch in Santa Monica die Zeit reif dafür. Die Main Street, die parallel zur Küste verlief, aber zwei Straßenzüge vom Strand entfernt lag, war heruntergekommen, es wimmelte dort nur so von Betrunkenen und Obdachlosen. Viele Gebäude standen zum Verkauf. Ich suchte nach einer Investitionsmöglichkeit für die 70000 Dollar, die ich durch meine Mitwirkung bei Pumping Iron und andere Jobs verdient hatte.
Al kannte bereits das Gebäude, auf das ich ein Auge geworfen hatte. »Das Gebäude steht zusammen mit drei anderen zum Verkauf«, sagte er. »Suchen Sie sich eins aus, ich beteilige mich.« Al und ich erwarben zusammen das Gebäude, für das ich mich interessierte, und begannen, die Umgestaltung der Main Street zu organisieren.
Unser Gebäude finanzierte sich praktisch von Anfang an selbst. Zu ihm gehörten noch drei kleine Häuser nach hinten raus, mit Zugang zur nächsten Straße. Wir verkauften sie weiter und bekamen dafür genug Geld, um unsere gesamte Anzahlung zu finanzieren. Dadurch konnten wir einen hohen Kredit für die Komplettrenovierung aufnehmen. Und da das Gebäude bereits über fünfzig Jahre alt war, galt es als historisch wertvoll, was uns einen deutlichen Steuervorteil einbrachte. Ein weiterer Grund, Amerika zu lieben. Wenn man in Österreich ein Gebäude für historisch wertvoll erklären wollte, musste es mindestens fünf hundert Jahre alt sein, sonst wurde man ausgelacht.
Auf diese Art Geld zu verdienen, tat meinem Selbstvertrauen gut. Entsprechend änderte ich meine langfristigen Ziele: Ich wollte zwar immer noch irgendwann eine Kette mit Fitnessstudios besitzen, aber anstatt das Geld dafür wie Reg Park und Steve Reeves mit Filmen zu verdienen, wollte ich es mit Immobilien versuchen.
Die Anfragen an mich, bei einem bestimmten Anlass öffentlich aufzutreten, legte Ronda immer auf einen Extrastapel. Darunter befand sich im Frühjahr auch eine Einladung von den Special Olympics, die mit »Jacquie Kennedy« unterzeichnet war. Ich wurde gefragt, ob ich nach Wisconsin kommen und die dortige Universität bei der Frage beraten könnte, ob sich Krafttraining für geistig behinderte Kinder eigne.
Wenn ich aufmerksamer gewesen wäre, hätte ich sicher bemerkt, dass das nicht die Jackie sein konnte, die ich kennengelernt hatte. Die nannte sich inzwischen Kennedy-Onassis, schrieb sich nicht »Jacquie« und lebte in New York. Aber ich dachte, sie sei vielleicht Ehrenvorsitzende oder so. Spontan sagte ich zu Ronda: »Das mache ich.« Ich gab bereits Seminare zu Themen wie Krafttraining oder Siegermentalität und dachte, eine Universität zu beraten sei eine schöne Referenz, auch wenn ich keine Gage dafür bekam. Außerdem würde das Bodybuilding als Sport profitieren. Ich war mir nicht sicher, ob Krafttraining geistig behinderten Kindern helfen würde, aber ich freute mich, dass die Universität es versuchen wollte. Für mich war das etwas ganz Neues.
Als ich im April nach Wisconsin kam, lag dort noch Schnee. Das Institut der Universität befand sich ganz oben im Norden, in Superior bei Duluth. Die beiden Frauen, die mich am Flughafen abholten, arbeiteten in der Forschung und hatten beide einen
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