Total Recall
bietet, ist oft die einzige Möglichkeit, die Entstehung von Kunst mitzuerleben.
Jamie Wyeth und ich wurden gute Freunde, und ein paar Monate später, als es wärmer wurde, lud er mich auf die Farm seiner Familie nach Pennsylvania in der Nähe des Brandywine River Museum ein, wo einige der besten Gemälde seines berühmten Vaters, Andrew Wyeth, gezeigt werden. Ich lernte Jamies Frau Phyllis kennen und auch seinen Vater, der nebenan in einem alten Farmhaus lebte.
Andrew Wyeth war gerade beim Fechten, als wir kamen. Er war allein, aber man hätte meinen können, dass er gegen einen Gegner kämpfte. Er trug sogar seine Maske. »Dad!«, rief Jamie und machte ihn mit einem Winken auf uns aufmerksam. »Das
ist Arnold Schwarzenegger«, stellte Jamie mich vor, »er spielt in Pumping Iron mit, und ich male ihn.«
Nachdem wir ein bisschen geplaudert hatten, fragte Andrew: »Wollen Sie mit mir rausfahren und sehen, wo ich gerade male?«
»Klar!«, sagte ich. Ich war neugierig, wie er arbeitete. Ich folgte ihm nach draußen, wo nicht etwa ein alter Pick-up stand, sondern ein wunderschöner, glänzender Oldtimer aus den zwanziger Jahren, ein Stutz Bearcat: ein offener Zweisitzer, länger als jeder Cadillac, mit großen Speichenrädern, geschwungenen Kotflügeln und Trittbrettern, freiliegenden Auspuffrohren aus Chrom und großen Scheinwerfern an der Motorhaube. Ein prächtiges Auto. Ich kannte den Stutz Bearcat, weil er so teuer und schwer zu kriegen war und weil Frank Sinatra, Dean Martin und Sammy Davis Junior einen hatten. Wir fuhren damit also über einen Feldweg, und Wyeth erzählte mir, er habe das Auto von einer Wodkafirma für die Gestaltung einer Anzeige bekommen. Mittlerweile fuhren wir gar nicht mehr auf einem richtigen Weg, sondern auf zwei Fahrspuren, zwischen denen das Unkraut wucherte und die eindeutig nicht für derartige Autos gedacht waren. Dann endeten auch die Fahrspuren, und Wyeth holperte querfeldein durch das kniehohe Gras einen Hügel hinauf.
Oben angelangt, sah ich eine Staffelei und eine Frau, die auf dem Boden saß und sich in eine Decke gewickelt hatte. Sie war nicht unbedingt schön, aber sinnlich, wirkte stark und faszinierend – sie hatte etwas ganz Besonderes. »Leg die Decke hin«, sagte Wyeth. Sie ließ die Decke fallen und zeigte ihre nackten Brüste, schöne Brüste, und er murmelte: »O ja.« An mich gewandt sagte er: »Ich male sie jetzt«, und zeigte mir die Anfänge eines Gemäldes auf der Staffelei. Nach einer Weile fuhr er fort: »Ich wollte, dass Sie sie kennenlernen, weil sie Deutsch kann.«
Die Frau war Helga Testorf, die auf einer nahegelegenen Farm lebte. Wyeth war besessen von ihr. Im Laufe vieler Jahre malte und zeichnete er sie immer wieder, die Sitzungen hielt er stets geheim. Ein Jahr später wurde die Geschichte von seiner Obsession bekannt und landete auf den Titelseiten von Time und Newsweek. Doch 1977 war ich einfach zufällig da, und er zeigte mir sein Modell.
Die Werbung für Pumping Iron nahm viel Zeit in Anspruch, aber die Arbeit machte mir Spaß. Bei der Premiere in Boston stellte mich George Butler seinem langjährigen Freund John Kerry vor, der mit Caroline Kennedy gekommen war, der neunzehnjährigen Tochter von John F. Kennedy und seiner Frau Jackie, der jetzigen Jackie Kennedy-Onassis. Wir gingen anschließend zusammen essen, und Caroline taute tatsächlich auf. Sie schrieb für die Studentenzeitung Crimson in Harvard und fragte, ob ich am nächsten Tag zum Interview vorbeikommen könnte. Natürlich sagte ich gerne zu. Sie und andere Mitglieder der Crimson- Redaktion stellten mir Fragen zur Politik und zu meinem Sport. Ich wurde auch nach meinem Lieblingspräsidenten gefragt und antwortete natürlich: »John F. Kennedy!«
Das alles war mir ein Vergnügen und außerdem eine gute Investition in die Zukunft. Mit der Werbung für Pumping Iron und fürs Bodybuilding machte ich immer auch Reklame für mich. Mit jedem Radio- und Fernsehauftritt gewöhnten sich die Leute ein bisschen mehr an meinen Akzent und an meine typische Art zu reden. Damit nutzte ich genau die Eigenschaften, deretwegen mich die Agenten in Hollywood abgelehnt hatten. Meine Größe, mein Akzent und mein sonderbarer Name schreckten die Leute nicht ab, sondern wurden zu meinem Markenzeichen. Schon bald erkannten mich die Leute, ohne mich zu sehen, nur anhand meines Namens oder am Klang meiner Stimme. Ich bekam zwar noch keine Hauptrollen, wurde aber bereits wie ein Star behandelt.
Der
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