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Tote Maedchen luegen nicht

Titel: Tote Maedchen luegen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Asher Knut Krueger
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hinweg sehe ich das Licht auf der Veranda vor seinem Haus brennen. Ich sollte ihn fragen, welches sein Zimmer ist. Ich sollte ihm sagen, dass dieser Stein gleich durch sein eigenes Fenster fliegt. Vielleicht würde er mir ja trotzdem verraten, welches seines ist, damit seine Schwester nicht zu Tode erschrickt.
    Ich schließe meine Hand fester um den Stein. Doch kann ich nicht vermeiden, dass meine Stimme zittert. »Du Schwein!«
    »Was?«
    »Du bist auch auf den Kassetten, stimmt’s?«
    »So wie du, Clay.«
    Der Zorn und die Anstrengung, meine Tränen zurückzuhalten, machen mir das Sprechen fast unmöglich. »Wo ist der Unterschied zwischen Tyler und uns?«
    »Er ist ein Spanner«, antwortet Marcus. »Ein Dreckskerl. Er hat durch Hannahs Fenster geschaut. Warum sollen wir seins jetzt nicht kaputt machen?«
    »Und du?«, frage ich. »Was hast du getan?«
    Für einen Moment schaut er durch mich hindurch. Dann blinzelt er.
    »Nichts«, antwortet er. »Das ist doch lächerlich. Ich habe auf den Kassetten nichts zu suchen. Hannah brauchte nur einen Grund, um sich umzubringen.«

    Ich lasse den Stein zu Boden fallen. Sonst hätte ich Marcus damit die Fresse poliert.
    »Hau bloß ab!«, fauche ich.
    »Ich wohne hier, Clay.«
    Ich balle meine Hand zur Faust und bin versucht, den Stein wieder aufzuheben.
    Dann mache ich auf dem Absatz kehrt und marschiere an Tylers Haus vorbei, ohne ein einziges Mal zu seinem Fenster hinüberzublicken. Ich bin unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Ich zerre mir den Kopfhörer vom Hals und stopfe die Stöpsel in die Ohren. Stecke die Hand in die Tasche und drücke auf »Play«.

    Ob ich enttäuscht war, als du dich von mir verabschiedet hast, Courtney?
    Nicht sehr. Man ist nicht direkt enttäuscht, wenn die eigenen Erwartungen erfüllt werden, oder?
    Geh weiter, Clay.
    Doch ob ich mich ausgenutzt fühlte? Allerdings!
    Und während Courtney mich ausnutzte, dachte sie die ganze Zeit, sie würde damit ihr Image bei mir aufpolieren. Wie nennt man so was - ein klassisches Eigentor?
    Vieles erlebte ich auf dieser Party zum ersten Mal. Zum Beispiel die erste richtige Schlägerei, die furchtbar war. Ich weiß nicht, worum es ging, aber sie fand direkt hinter mir statt. Zwei Jungs schrien sich an, und als ich mich umdrehte, waren die beiden Streithähne nur wenige Zentimeter von mir entfernt. Sofort scharte sich eine Menge um sie, die sie aufstachelte. Wie eine undurchdringliche Mauer standen die Leute um sie herum, was die Situation nicht gerade entschärft hat.

    Aus einem Schubser wurde ein Stoß, der im nächsten Moment von einem Faustschlag beantwortet wurde.
    Nach zwei weiteren Schlägen drehte ich mich um und durchbrach die Menge der Zuschauer, die zu diesem Zeitpunkt in vier Reihen hintereinanderstanden - manche auf Zehenspitzen, um besser sehen zu können.
    Widerlich.
    Ich rannte nach drinnen und suchte nach einer Toilette, um mich zu verstecken. Ich fühlte mich nicht physisch krank. Aber mental... ich war vollkommen durcheinander, und jetzt dachte ich nur daran, dass ich mich übergeben musste.
    Ich hole die Karte hervor, weil ich wissen will, ob sich außer Courtneys Stern noch ein weiterer in meiner Nähe befindet. Ich will nicht dorthin. Ich habe keine Lust, mir Hannahs Text anzuhören, während ich das dunkle, verlassene Haus betrachte.
    Ich will weiter.
    In Gesundheitserziehung haben wir mal einen Film über Migräne angesehen. Einer der Betroffenen fiel während seiner Anfälle auf die Knie und schlug immer wieder mit dem Kopf gegen den Boden. Das verwandelte den unkontrollierbaren Schmerz in der Tiefe seines Gehirns in einen äußeren Schmerz, den er kontrollieren konnte. Und in gewisser Weise versuchte ich dasselbe, als ich mich übergab.
    Wenn ich nicht unter einer Straßenlaterne stehen bleibe, kann ich die Position der Sterne kaum erkennen. Doch ich kann nicht stehen bleiben. Nicht einmal für einen kurzen Moment.
    Dass die beiden Jungs aufeinandereinprügelten, um nicht für schwach gehalten zu werden, war einfach zu viel für mich. Ihr Ruf war ihnen wichtiger als ihre Gesichter. Und Courtneys Ruf war wichtiger als meiner.

    Hat auf der Party überhaupt irgendjemand geglaubt, dass wir befreundet sind? Oder haben alle nur gedacht, ich wäre ihr neuster Sozialfall?
    Das werde ich wohl nie erfahren.
    Ich falte die Karte wieder zusammen und klemme sie mir unter den Arm.
    Die einzige Toilette, die ich fand, war leider besetzt... also bin ich nach draußen gegangen. Die

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