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Totenflut

Titel: Totenflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bent Ohle
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ruhiges Rauschen. Es war ganz nah, so nah, dass Schröder meinte, es sei kein Geräusch, das von außen an sein Ohr drang, sondern vielmehr ein Rauschen, das in ihm war und ihn durchflutete wie ein dunkler Fluss.
    Es war fast 6 Uhr morgens, als Schröder aus einem tiefen Schlaf erwachte. Er saß immer noch am Tisch, das Licht brannte, und die Fotos lagen neben ihm. Karl schlief in seinem Zimmer. Schröder konnte ihn schnarchen hören. Dunkel konnte er sich jetzt an den Ratschlag seines Vaters erinnern, doch endlich ins Bett zu gehen. Sein Vater hatte natürlich recht gehabt. Das Schlafen im Sitzen hatte seinem Rücken keinen guten Dienst erwiesen. Schröder musste sich mit aller Kraft hochstemmen. Was ihm am meisten half, sich wieder aufzurichten, war der Gedanke an den Fall. Er hatte ein Ziel. Heute würde er mit Karla reden, Annettes bester Freundin. Sein Gefühl sagte ihm, dass er dort etwas Entscheidendes erfahren würde.
    Eine Frau stand im Vorgarten und schnitt die Rosen. Sie nutzte wohl die kurze Regenpause an diesem frühen Morgen. Es hatte die ganze Nacht geregnet. Pfützen standen auf den Wegen, und dort, wo die Sonne mit ihren Strahlen den Boden erreichte, verdampfte das Wasser in kniehohen Nebelschwaden. Doch von Westen her sah man neue Regenwolken aufziehen. Wie eine mächtige dunkelblaue Welle schoben sie sich über den Himmel.
    Â»Frau Braun?«, fragte Schröder, und die Frau ließ die Schere sinken.
    Â»Ja?«
    Â»Mein Name ist Schröder, von der Kripo Osnabrück.«
    Â»Geht es um Annette?«
    Schröder nickte. Frau Braun zog ihre Handschuhe aus und reichte ihm die Hand. Sie gingen ins Haus, Frau Braun vorweg. Im Flur blieb sie stehen und rief die Treppe hinauf: »Karla? Kommst du bitte mal runter?«
    Â»Was ist denn?«, hörte man eine schwache Stimme hinter einer Tür.
    Â»Hier ist jemand von der Polizei!«, rief sie und sprach dann leiser zu Schröder: »Lassen Sie uns ins Wohnzimmer gehen!«
    Schröder folgte ihr und lächelte verlegen, als Frau Braun ihm einen Platz auf einem sehr niedrigen, weichen Sessel anbot.
    Â»Hätten Sie vielleicht einen Stuhl für mich? Ich habe Rückenprobleme und fürchte, ich komme nicht wieder aus dem Sessel heraus.«
    Â»Sicher.«, sagte sie und verschwand kurz, um mit einem Küchenstuhl wiederzukommen.
    Â»Vielen Dank«, sagte Schröder, und da standen auch schon zwei Personen in der Tür. Karla und Mike.
    Â»Hallo, Karla«, sagte Schröder, »Ich bin Oberkommissar Schröder. Ich habe ein paar Fragen an dich, Annette Krüger betreffend.«
    Mike senkte seinen Blick. Karla und Schröder gaben sich die Hand.
    Â»Das ist Mike, Karlas Freund.«, stellte Frau Braun den jungen Mann vor. Auch Mike reichte ihm die Hand, und Schröder fiel auf, dass er ihm nicht in die Augen blicken konnte.
    Sie setzten sich um den Glastisch. Karla wunderte sich kurz über Schröders Stuhl, doch da begann er auch schon, seine Fragen zu stellen.
    Â»Karla, Annettes Mutter sagte mir, dass du ihre beste Freundin bist. Kannst du dir vorstellen, dass sie einfach weggelaufen ist? Und wenn ja, warum?«
    Karla schüttelte schon den Kopf, noch während Schröder die Frage stellte.
    Â»Nein. Einfach abzuhauen ist nicht ihre Art, wissen Sie. Sie ist sehr direkt und geht auf die Dinge zu. Aber in letzter Zeit war sie irgendwie komisch.«
    Â»Inwiefern?«
    Schröder sprang sofort darauf an. Es war wie das erste Zucken an der Angelschnur. Er beugte sich etwas vor und nahm Karla immer mehr in den Fokus.
    Â»Ich weiß nicht, sie war irgendwie anders als sonst. Wir haben uns immer alles erzählt, aber ich hatte das Gefühl, dass sie etwas bedrückt. Gesagt hat sie aber nie etwas.«
    Â»Was könnte das sein? Was meinst du?«
    Â»Keine Ahnung.«
    Â»Liebeskummer vielleicht? Ihre Mutter sagte, sie hätte keinen Freund gehabt, stimmt das?«
    Â»Ja!«
    Schröder war unzufrieden mit dieser Antwort. Er hatte sich etwas anderes erhofft. So taten sich keine neuen Wege auf, denen man nachgehen konnte. Schröder dachte über seine nächste Frage nach, und sein Blick fiel dabei auf Mikes Hände. Sie waren zu Fäusten geballt. Seine Knöchel traten weiß hervor. Mikes Blick war fest auf einen Punkt im Nirgendwo gerichtet.
    Â»Habt ihr euch am Tag ihres Verschwindens gesehen?«, fragte Schröder, nahm seine Augen aber nicht von

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