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Totenflut

Titel: Totenflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bent Ohle
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durch seinen Kopf. Was sollte er antworten? Sollte er überhaupt antworten? Womit machte er sich verdächtig? War er schon verdächtig? Dachten sie vielleicht, er hätte ihr etwas angetan? Mike wurde schwindelig, und er musste sich zusammenreißen, um nicht von seinem Roller zu kippen.
    Â»Mike, du hast sie wahrscheinlich als Letzter lebend gesehen. Du könntest uns sehr helfen!«
    Natürlich wollte er sagen, wie es gewesen war. Aber damit würde das gesamte Lügengebäude, das er und Annette seit vierzehn Monaten aufrechterhielten, zusammenbrechen. Er würde jeden enttäuschen, der ihn kannte.
    Â»Aber Karla darf davon nichts erfahren, sie darf nichts davon wissen!«, bettelte er plötzlich.
    Â»Ich versteh dich. Doch hier geht es um viel mehr. Hier geht es wahrscheinlich um Mord. Das ist wichtiger als alles andere.«
    Â»Aber ich hab sie nicht umgebracht!«
    Â»Ich weiß. Beruhig dich! Alles wird wieder gut. Komm jetzt.«
    Schröder nahm den Jungen am Arm, half ihm vom Roller und führte ihn dann zu seinem Auto.
    Kapitel 7
    Noch während der Fahrt erzählte der Junge alles, was er über den Abend wusste. Schröder glaubte ihm jedes Wort. In all den Jahren als Polizist hatte er unzählige Menschen gesehen und ihre Reaktionen auf den Tod. Echte Trauer, echte Angst, echtes Entsetzen konnte man nicht spielen. Die Wahrheit spiegelte sich in jedem Menschen wider. Ob nun in den Augen, in einer Geste oder in einem falschen Wort. Schröder hatte mal einen Fall gehabt, bei dem eine Frau ihren Mann über Monate hinweg vergiftet hatte und er einen grausamen Tod gestorben war. Als Schröder bei ihr vor der Tür gestanden hatte, war sie in Tränen ausgebrochen, hatte geschluchzt, gejammert und gewimmert. Sie war eine gute Schauspielerin gewesen und wahrscheinlich hatten sogar echte Trauergefühle mitgespielt. Aber es hatte nicht eine Sekunde gegeben, in der Schröder unsicher gewesen war, ob ihre Reaktion echt war oder nicht. Sie war es nicht. Menschen sind Menschen. Und das Leben war kein Krimi aus dem Fernsehen, wo Kommissare von den Mördern ständig getäuscht wurden. Wenn man den Mörder vor sich hatte, wusste man das auch. Die Schwierigkeit wie in diesem Fall war, keinen Täter aus dem näheren Umfeld zu haben. Ein Phantom zu jagen, einen Schatten, das war eine unglaublich schwierige Aufgabe. Und es waren immer diese Fälle, die ungelöst zu den Akten gelegt wurden.
    Aber der Fall um Annette Krüger und die anderen verschwundenen Mädchen durfte einfach nicht in den Regalen verstauben. Schröder spürte eine große Gefahr auf sich zukommen. Er trieb in tiefer Nacht mit einem Floß über einen Fluss. Und da war dieses Geräusch, das anfänglich nur ein leises klares Plätschern war, das sich aber immer mehr auswuchs zu einem Rauschen und dann zu einem Donnern, und er wusste, dass er auf einen Wasserfall zutrieb von immensen Ausmaßen. Ein riesiger Rachen tat sich vor ihm auf, und die Wassermassen würden mit ihm in die grausame Tiefe stürzen, und er würde für immer verschluckt von dem tödlichen Schlund.
    Trostmann und Keller staunten nicht schlecht, als Schröder ihnen Mike übergab und erklärte, dass er der junge Mann sei, der zuletzt mit Annette Krüger zusammen gewesen war und mit ihr Sex gehabt hatte. Er trug ihnen auf, Mikes Aussage zu protokollieren und sprach dem Jungen Mut zu. Es würde sich alles zum Guten wenden. Anschließend ging er zu Wegener ins Büro, ohne anzuklopfen.
    Â»Ich hab den Jungen, der bei Annette Krüger war!«
    Â»Verdammt, ich hatte dich von der Sache abgezogen!«, rief Wegener und sprang von seinem Stuhl auf. Langsam stieg auch die Wut in Schröder hoch. Er hatte es satt, nicht angehört und ständig angeschrien zu werden. Er hatte mehr Respekt verdient.
    Â»Um was geht’s dir eigentlich? Ist das ein Sache zwischen uns? Willst du mir beweisen, dass du mehr Macht hast als ich? Du bist der Chef hier! Auch wenn ich der bessere Polizist bin.«
    Â»Du dämliches Arschloch! Dein Neid wird dir noch mal das Genick brechen!«
    Â»Lass mich einfach nur meine Arbeit machen!«
    Â»Du machst deine Arbeit aber nicht! Stattdessen erzählst du deine Hirngespinste überall herum, und ich, ich muss alles wieder ausbaden! Ich musste die Pressekonferenz halten und mich mit diesen Pressetypen rumschlagen, ich kriege ständig Druck vom

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