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Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)

Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)

Titel: Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Reitemeier , Wolfram Tewes
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sie bereits eine ältere Dame.
    Er hatte seiner Frau keine Zeit gelassen, diese Erklärung in Frage zu stellen, war fluchtartig aus dem Haus gestürmt, in seinen Mercedes gestiegen und Richtung Paderborn gefahren. Nun war er auf dem Weg quer durch die Paderborner Innenstadt. Als seine Telefonanlage einen Anruf seiner Frau anzeigte, ignorierte er ihn. Er stoppte erst wieder in der von Gewerbe- und Industriebetrieben geprägten Marienloher Straße, bog ab auf einen kleinen Parkplatz hinter einem eingeschossigen Gebäude, das in einem früheren Leben das Bürogebäude einer mittelständischen Firma gewesen sein mochte. Es hatte über ein Jahr lang leer gestanden, bevor es eine Nutzung erfuhr, mit der die Erbauer des Hauses sicher nicht glücklich gewesen wären. Heute gingen hier junge Frauen einer uralten Tätigkeit nach und sorgten dafür, dass auch nach Feierabend in dieser Straße der Arbeit und des Handels noch Betrieb war.
    Kloppenburg warf die Fahrertür zu und machte einige schnelle Schritte zur Eingangstür, über der ein kleines rotes Herz leuchtete. Er drückte energisch auf die Klingel. Der junge, bullige Türsteher kannte ihn gut und zögerte keine Sekunde, ihn einzulassen. Kloppenburg war hier nicht nur Stammgast, man glaubte auch zu wissen, dass er mit dem obersten Chef des Hauses gut befreundet sei. Er konnte es sich leisten, einfach grußlos hereinzuplatzen und dabei den Aufpasser sogar etwas zur Seite zu stoßen. Atemlos schaute er sich um und fragte dann unfreundlich:
    »Was ist mit Alicija?« Als der junge Mann nicht sofort antwortete, ging Kloppenburg auf ihn los, baute seine vollen hundertachtundachtzig Zentimeter vor ihm auf und schrie: »Los, Mann, rede schon! Oder habt ihr Scheißkerle alle Dreck am Stecken?«
    Der Türsteher, der zwar nicht ganz so groß, aber dafür breiter und kräftiger war, wischte mit stoischer Ruhe Kloppenburgs Hand, die vor seinem Gesicht herumwedelte, weg und brummte: »Mitkommen!«
    Dann führte er den aufgebrachten Bauunternehmer den langen, schummrig beleuchteten Flur entlang. Rechts und links befanden sich kleine Zimmer. Vor einigen Türen standen junge Frauen in Unterwäsche und beobachteten interessiert die Auseinandersetzung zwischen Kloppenburg und dem Türsteher. Auch sie kannten diesen Mann, der häufig kam, aber immer nur Augen für ihre Kollegin Alicija hatte. Da sie wussten, dass sie für Kloppenburg nicht interessant waren, schauten sie ihm gelangweilt nach, als er mit dem Bulligen den Flur entlanghastete.
    Über einer Tür am Ende des Gangs prangte auf einem Messingschild das Wort »Geschäftsführer«. Kloppenburg wartete nicht, bis er hereingebeten wurde, sondern drückte die Tür auf und stand in einem chaotischen Raum, der wohl eine Art Büro sein sollte. Der junge Mann mit der dicken, schwarzen Brille hinter dem übervollen Schreibtisch starrte ihn erschrocken an. Er sah aus, als sei er der Stadtverbandsvorsitzende der Jungen Liberalen. Wie vom Himmel gefallen wirkte er in diesem rauen Milieu. Doch als der junge Mann aufstand, musste Kloppenburg feststellen, dass er ihn um etliche Zentimeter überragte. Dabei sah er aber so unbeholfen aus, dass niemand, erst recht nicht der vor Wut schäumende Kloppenburg Respekt vor ihm hätte haben können.
    »Was ist mit Alicija passiert?«, schrie der Bauunternehmer. »Wenn mir jetzt nicht sofort einer erklärt, was los ist, dann lasse ich diesen ganzen Laden hochgehen. Ich weiß genug über eure krummen Touren. Los, rede endlich! Und wo ist eigentlich Irina? Führt sie diesen Scheißladen nicht mehr?«
    Der Brillenmann hatte sich in der Zwischenzeit etwas gefangen und entgegnete tapfer: »Mein Name ist Rademacher. Ich bin seit vorgestern die Urlaubsvertretung für Irina. An sich arbeite ich in einem anderen Club. Und ich weiß nichts von krummen Touren. Falls Sie aber von der Explosion gestern Abend reden, dann kann ich nur sagen, dass auch wir nichts Genaues wissen, außer dass gestern spätabends das Haus, in dem diese Alicija wohnt, die ich übrigens auch nicht persönlich kenne, in die Luft geflogen ist. Aber das ist mehrere Kilometer von hier passiert. Keiner von uns war dabei. Wir wüssten auch gern mehr. Irina wird in zwei Wochen aus dem Urlaub zurück sein. Vielleicht sollten Sie dann noch einmal mit ihr sprechen.«
    Kloppenburg schien diese Antwort ganz und gar nicht zu zufrieden zu stellen. Er machte einen schnellen Schritt um den Schreibtisch herum, fasste dem Geschäftsführer mit beiden Händen ans

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