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Totentrickser: Roman (German Edition)

Totentrickser: Roman (German Edition)

Titel: Totentrickser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Oldenburg
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Unterschied.
    Auf den Postkarten war nichts von den Tausenden von Leuten zu sehen, die jeden Quadratzentimeter des Strands besetzt hatten.
    »Meine Güte«, sagte Selphyne. »Was für ein Gewimmel.«
    »Wer als Letzter im Wasser ist, stinkt ab!«, rief Brom, ließ seine Tasche fallen, zog sich seine Hose aus und rannte los.
    Ein schriller Pfiff ließ ihn anhalten. Ein braungebrannter Elfenrettungsschwimmer kam auf ihn zu.
    »Senor, das ist kein Nacktbadestrand. Ziehen Sie sich bitte eine Badehose an.«
    Brom sah an sich herab.
    »Oh, hoppla«, grinste er. »Ganz vergessen. Aber keine Sorge«, beruhigte er die Umstehenden. »Hier gibt’s nichts zu sehen, was nicht ganz im Einklang mit der Natur steht. Ich begreife auch, dass der ein oder andere neidvoll erblassen mag, aber …«
    »Senor, entweder ziehen Sie jetzt eine Hose an, oder ich muss Sie bitten, den Strand zu verlassen«, sagte der Badewärter.
    »Ja, ja«, murrte Brom. »Bin schon dabei. Keine Panik. Ist ja nicht so, dass wir sonst keine Probleme hätten. Die Umwelt zum Beispiel, oder die soziale Frage. Und womit verplempern wir unsere Zeit? Mit Hosen. Das ist doch absurd, dahinter steckt doch erkennbar die Absicht, von den wirklich wichtigen Dingen abzulenken!«
    Selphyne rückte ein paar Meter von ihm ab, um nicht irrtümlich den Anschein zu erwecken, dass sie irgendwie in die ganze hochpolitische Hosenverschwörungsthematik verwickelt wäre.
    Schnaufend arbeitete sich der dickliche Trolljunge aus dem Sand heraus.
    »Das hat überhaupt keinen Spaß gemacht!«, nieste er und schüttelte sich Sandkörner aus den Ohren.
    »Natürlich nicht, du Blödian«, sagte Nenia. »Lebendig begraben werden soll auch keinen Spaß machen!«
    Sie saß im Schatten eines schwarzen Sonnenschirms und beschränkte sich darauf, Anweisungen zu geben und ab und zu aus Vergnügen über ihre eigene Boshaftigkeit zu kichern.
    »Dann bist jetzt du dran«, sagte der Junge. »Leg dich hin, ich buddel dich ein.«
    »Nein«, bestimmte Nenia. »Jetzt spielen wir was anderes.«
    »Und was?«
    »Peinliche Befragung. Einer ist der Folterer und der andere das Opfer.«
    »Dann will ich nicht das Opfer sein.«
    »Musst du aber, du Doofbirne. Ich kenn mich besser mit Foltern aus, und du besser mit Opfer-sein.«
    »Aber das tut doch nicht weh, oder?«
    »Natürlich tut es weh. Sonst wär es ja kein richtiges Foltern. Und jetzt such Muscheln für mich, damit ich dich damit kneifen kann.«
    Seufzend stand der dickliche Trolljunge auf.
    »Ja, gut«, sagte er resigniert und schlurfte mit hängendem Kopf los, Muscheln zu suchen, um damit gekniffen zu werden.
    »Übertreib es nicht, Nenia«, ermahnte Selphyne, aus ihrem Buch aufblickend. »Denk daran, dass andere auch Gefühle haben.«
    »Misch dich nicht ein!«, versetzte Nenia herrisch. »Mit meinen Sklaven mach ich, was ich will!«
    Selphyne schüttelte den Kopf.
    So viel war gewiss: Männer würden im Leben der kleinen Nachtelfe nicht besonders viel zu lachen haben. Aber manchmal bestand das Geheimnis einer glücklichen Partnerschaft ja in der sorgfältigen Austarierung von Sadismus auf der einen und Masochismus auf der anderen Seite.
    Die Magierin wandte sich wieder ihrem Buch zu. Es waren die Herzensergießungen einer schönen Seele, ein Briefroman der Wichteldichterin Heloise von Tintenschmacht.
    Ein bisschen schwülstig, aber nichtsdestotrotz ein Klassiker der Literaturgeschichte.
    »Ah, Sie lesen die Herzensergießungen .«
    Selphyne sah an ihrem Buch vorbei und erblickte einen gewinnend lächelnden Gnom mit schulterlangen blonden Haaren und einem athletischen Körperbau.
    »Ja«, sagte Selphyne. »Sie kennen den Roman?«
    »Ich nehme ihn immer mal wieder zur Hand, wenn ich das Bedürfnis verspüre, unserem Jahrhundert zu entfliehen. So tief empfinden heutzutage nur noch die wenigsten.«
    »Ja, heutzutage ist vieles doch eher oberflächlich.«
    »Da sprechen Sie ein wahres Wort aus. Ich heiße übrigens Rodrigo.«
    »Selphyne.«
    »Ist der Platz neben Ihnen frei?«
    »Sicher.«
    Selphyne zog Broms Streitaxt und Bolgurs Keule näher zu sich heran, und Rodrigo breitete sein Handtuch auf dem Sand aus.
    »Und, sind Sie schon länger hier auf Tapica?«
    »Nein, erst seit …«
    »Selphyne!«, rief Brom vom Wasser her. »Kuck doch mal!«
    Selphyne lächelte verkrampft.
    »Wir … ich bin erst gestern angekommen«, sagte sie ohne den Kopf zu wenden.
    »Huhu! Selphyne! Jetzt kuck doch mal!«
    »Ich glaube, Sie werden gerufen.«
    »Nein, da ist jemand

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