Totentrickser: Roman (German Edition)
fest.
Selphyne wandte sich schaudernd von der besiegten Mörderin ihres Lehrmeisters ab.
»Wie habt ihr mich gefunden?«, fragte sie.
»Das war eigentlich kein Problem. Wir sind nur in Richtung der größten Lichtshow aller Zeiten gegangen«, erklärte Falfnin. »Und da waren wir übrigens nicht die Einzigen, wie du siehst.« Er zeigte auf die maskierten Schaulustigen, die von dem Spektakel in Scharen in den Musentempel gelockt worden waren – in der Aufregung hatte Selphyne ihr Publikum bisher noch gar nicht bemerkt.
»Und Nenia?«
»Wir konnten sie noch nicht finden«, sagte Falfnin und schüttelte den Kopf. »Aber das habe ich auf dem Weg hierher aufgelesen.«
»Ihre Drullpuppe. Das heißt, sie muss hier irgendwo sein«, entgegnete Selphyne, wobei sie entschlossen ihre Robe straffte. »Teilen wir uns auf, um sie zu suchen.«
»Lass Gorgontua los!«
Bewegung geriet in die Menge der Schaulustigen, empörtes Schnaufen ertönte, Leute griffen sich mit schmerzverzerrten Gesichtern an die Schienbeine.
Aus der entstandenen Gasse stob die kleine Nachtelfe hervor und schnappte der staunenden Magierin die Stoffpuppe aus der Hand.
»Nenia!«, rief Selphyne. »Wo bist du gewesen? Geht es dir gut?«
Die Tochter des Totenbeschwörers wehrte Selphynes fürsorglich ausgestreckten Arm ab und schmiegte sich an Gorgontua.
»Ich will jetzt weg von hier«, erwiderte sie trotzig, ohne dass noch weitere Erklärungen aus ihr herauszubekommen gewesen wären.
Und nun, da alle wieder zusammengefunden hatten, sprach auch nichts mehr dagegen, der Stadt Verderbnis den Rücken zu kehren.
Die Konfrontation mit ihrer Vergangenheit hatte die Helden zwar gehörig durchgebeutelt, jedem Einzelnen aber ebenso Gelegenheit gegeben, mit einem dunklen Kapitel der eigenen Biographie abzuschließen.
Falfnin (der Ältere) sorgte dafür, dass Falfnin (der Jüngere) einen Platz in einem der besseren Waisenhäuser von Verderbnis bekam und richtete mit einem großzügigen Teil seiner Abenteurer-Ersparnisse ein Bankkonto für ihn ein, so dass die nächste und fernere Zukunft des Jungen finanziell gesichert war.
Was mit den übrigen Kindern des Waisenhauses Hoffnungsschimmer geschah, wusste niemand, aber bald darauf konnte in Verderbnis und Umgebung ein bemerkenswerter Anstieg bezahlter Auftragsmorde beobachtet werden.
Die Täter gingen höchst professionell zu Werke und arbeiteten dabei so günstig – oft verlangten sie kaum mehr als das sprichwörtliche Butterbrot für einen Mord – , dass die großen Meuchelmord-Agenturen von Verderbnis Klage wegen unlauteren Wettbewerbs und Preisdumpings beim Stadtrat einreichten.
Bald pendelte sich das Preisniveau jedoch wieder ein, so dass alle Beteiligten zufrieden sein konnten, die Auftragsmordopfer mal ausgenommen. Aber auch dieser Job muss schließlich von irgendjemandem übernommen werden.
Nachdem er den Tod seines besten Freundes gerächt hatte, fiel es Brom leichter, sich an Uldi so zu erinnern, wie er in seinen besten Zeiten gewesen war: ein lebensfroher, dem Finsterklammer Zwitscherer zugeneigter, stets zu Späßen aufgelegter Zwerg, den wenig aus der Ruhe bringen konnte.
Auch Selphyne fühlte sich nach dem Tod von Tolfnirs Mörderin, als wäre ein Schatten von ihrem Dasein gehoben worden, der bis dahin finster darauf gelegen hatte. In ihren späteren Jahren vertiefte sie sich immer mehr in die Geheimnisse der Lichtmagie, setzte das Werk ihres Lehrmeisters fort und wurde schließlich eine der führenden Expertinnen auf diesem Gebiet.
Doch bis es so weit kam, ließ sie es einstweilen noch ordentlich krachen.
Und wann immer Bolgur später in Verderbnis weilte, versäumte er es nie, dem Flauschigen Flamingo einen Besuch abzustatten, um mit Bruce, Arabella und all den anderen guten Freunden die ganze Nacht durchzutanzen und einfach einen Riesenspaß zu haben.
Tapica
Tapica ist die größte der im Südlichen Meer gelegenen Paradiesinseln und wurde vor nicht einmal einem halben Jahrhundert von dem ruhmreichen Seefahrer und Draufgänger Malcor Tapicanos entdeckt.
Unzählige Maler haben den erhebenden geschichtlichen Moment festgehalten, in dem Tapicanos nach entbehrungsreichen Monaten auf See seinen Fuß auf den noch jungfräulichen Strand der Insel setzt, begleitet von einigen treuen Gefährten.
Das Gemälde »Tapicanos Triumph« zeigt ihn breitschultrig, die Rechte zum Himmel erhoben, die Beine von den Wellen des Ozeans umspült, im Hintergrund die drei Schiffe seiner Entdeckerflotte. Sein
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