Traeume aus 1001 Nacht Band 03
auf. „Nur wissen wir beide, dass das nicht möglich ist.“ Ra shid stand auf und ging langsam zur Tür. Jenna schaute ihm noch lange nach, doch war er gegangen, um sich der Politik zu widmen.
Sicher hatte sie von Anfang an gewusst, dass das Leben eines Scheichs nicht nur aus Urlaub, Ausritten und Fest essen bestand. Dennoch, insgeheim hatte sie gehofft, dass es ein wenig mehr Raum für ihr Privatleben geben würde. Zumindest konnte Rashid sie doch mit in sein Leben ein beziehen.
Warum fragte er sie nie um Rat oder erzählte ihr zumin dest die Einzelheiten der Fragen, mit denen er es zu tun hatte? Hatte er denn kein Vertrauen zu ihr? Oder war er einfach der Meinung, dass solche Probleme Frauen nichts angingen? Zuweilen hatte Jenna gehofft, dass Rashid sich doch noch als modern denkender Mann herausstellen würde. Dann aber war er wieder in die klassische Rollen verteilung zwischen Mann und Frau verfallen. Und das bedeutete hier in Quador, dass sie mehr oder weniger ge trennt lebten. Rashids Vater hatte schon so gelebt und da vor der Vater seines Vaters. Das wusste doch jeder Mensch hier im Wüstenstaat. Da brauchte Jenna sich nichts vor zumachen.
Die Ehe ihrer Eltern war eine Ausnahme gewesen. Das aber hatte wohl daran gelegen, dass ihre Mutter aus Amerika stammte und ihr Vater ein offener, sensibler Mann war, der die Wünsche seiner Frau verstanden hatte. Die meisten Männer in Quador hatten mindestens eine Geliebte. Das gehörte hier einfach zur Tradition. Jennas Vater hatte da eine Ausnahme gebildet, doch Rashid würde das wohl kaum tun.
Fünf lange Tage blieb er fort. Seit der Eheschließung hatte er Jenna noch nie so lange allein gelassen. Und dann ge schah das, was sie die ganze Zeit über befürchtet hatte.
Sie kam gerade aus einer Besprechung einer Hilfsorga nisation, die sich darum kümmerte, ein Heim für Witwen zu bauen. In Quador war das ein großes Problem, da es keine Rentenversicherung gab. So waren die Frauen oft gezwungen, bis ins hohe Alter zu arbeiten. Jenna hatte sich in den Kopf gesetzt, das im Laufe der Zeit zu ändern, und deshalb den Vorsitz dieser Wohltätigkeitsorganisati on übernommen.
Als sie den Sitzungssaal verließ, kam eine Mitarbeiterin auf sie zu und übergab ihr einen Zettel. Auf einmal hatte Jenna eine fürchterliche Vorahnung. Mit zitternden Fin gern faltete sie das Blatt auf und las:
Ich musste direkt nach Paris fliegen, da ich dort eine wichtige Sitzung habe, die ich leider nicht aufschie ben kann. Sobald ich eine Gelegenheit finde, rufe ich Dich an. Rashid
Paris? Das war doch die Stadt, in der Chantal lebte. Ra shid hatte also endlich einen Vorwand gefunden, seiner Geliebten einen Besuch abzustatten. Jedenfalls vermutete Jenna das. Nur würde sie die Wahrheit nicht herausbe kommen, da Abdullah ihr niemals den eigentlichen Grund für diese überraschende Reise nennen würde. Dabei konn te sie es sich doch nur zu genau denken. Jeder hier am Hof wusste, dass Rashids Vater zahlreiche Geliebte hatte. Und auch Rashid selbst galt ja als ausgemachter Playboy. Wa rum sollte sich daran etwas geändert haben?
Er war es gewohnt gewesen, viel Abwechslung zu ha ben. Da fand er es wohl nach sechs Monaten Ehe ein wenig langweilig, immer mit der gleichen Frau zu schlafen. Insgeheim hatte sie schon seit längerem befürchtet, dass es dazu kommen würde, doch sie hatte nicht damit gerechnet, dass es so sehr schmerzte.
Ihrer Mitarbeiterin war natürlich nicht entgangen, wie bleich sie geworden war. Besorgt fragte sie: „Ist es eine schlechte Nachricht?“
Das war keine schlechte Nachricht, es war für Jenna so, als bräche ihre ganze Welt zusammen. Schlimmer konnte es nicht mehr kommen. Sie zwang sich zu einem geküns telten Lächeln und erwiderte: „Nein, es ist schon in Ord nung.“
Dabei knüllte sie den Zettel zusammen und ballte die Hand zu einer Faust, sodass die Knöchel weiß hervortra ten. Es fiel ihr nicht ganz leicht, die Haltung zu bewahren, da sie am ganzen Körper zitterte. Rasch erklärte sie: „Für den Fall, dass der Scheich anruft, Sie finden mich in mei nem Büro.“
Mit diesen Worten zog Jenna sich hastig zurück. Sie hatte es eilig, ihre Schwester in Amerika anzurufen. Ein Glück nur, dass sie gleich abnahm.
„Nadia.“
„Jenna, bist du es?“
„Natürlich. Hast du meine Stimme nicht erkannt?“
„Doch, sicher, aber du klingst so komisch. Was ist denn mit dir?“
„Rashid ist nach Paris geflogen.“
„Na und?“
„Seine Geliebte Chantal wohnt
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