Träume in Kristall
wir beisammen. Hatten wir den Teppich – wie war das doch? – zur Hochzeit gekauft? Eine verheiratete Frau, die nach der Mutter tastet: ist sie auch noch so bedauernswert, wäre dies doch, als wollte man Schuhe kaufen auf dem Markt der Bogenmacher. Brustwarzen vom Rot der Rosen. Nässe vom Rot der Rosen, Hymen. Gelbe Rose. Lila Flieder. Kaki-Blüte … oh, begrabe mich in einem schönen Land. Bei meinem Begräbnis erst, wer weiß, wirst du mich durch deine Hände gleiten lassen als einen Menschen. Hymen ist das Symbol für den Menschen, sagt Lederer. Die Formen der Liebe beim Stamm der Itelmen. Über die Ratten. Straßmanns Experimente. Und dann die Hunde. Warum ist die Ansicht der Biologen, daß der Mensch sich in nichts unterscheide vom Tier, tragisch nur für mich? Die Hunde. Nein, nicht in Pompejis Ruinen. Das war im 8. Jahrhundert. Daß Spallanzani es unternahm, eine Hündin künstlich zu besamen. Pipette. Sodomie. Warum muß man, fragt mein Mann, dem Roboter als dem vom Menschen konstruierten Menschen menschliche Gestalt verleihen? Das ist doch nichts als menschliche Sentimentalität! Die Geschichte von den Acht Hunde-Helden und Kraf-Ebing. Sodomitische Frauen. Bestie: ich werde gewiß mich rächen an meinem Mann.) Und hierauf begann die Dame, lebhaf und als hätte sie allen weiblichen Anstand vergessen, ein ausgiebiges Geplauder. »Es ist das, wissen Sie, das erstemal, seit mein Hund nach Japan kam. Ich kann also nicht so weit gehen und behaupten, daß er bestimmt nicht versagt, mein Playboy, und daß der Wurf mit Sicherheit etwas taugt.« Und während sie innerlich spöttisch lachte über ihren Mann: »Wenn es um ein weibliches Tier geht, etwa um eine importierte Schäferhündin, so braucht nur das Gerücht aufzukommen, es sei gewiß unfruchtbar, und im Augenblick fällt der Preis um tausend oder zweitausend Yen.«
»Ja, gerade mit einem Hund hat man manche Unannehmlichkeit.«
»In der Welt der Hunde herrscht eben noch immer das Zeitalter, das vom Weib unbedingte Dienstfertigkeit fordert. Dabei will mir doch scheinen, daß die Hunde, wissenschaflich gesehen, ziemliche Fortschritte gemacht haben. So geht es ja bei der Paarung eines guten Hundes ausschließlich um das Reinrassige. Obwohl der Mensch sich in dieser sogenannten Eugenik sehr genau auskennt, bringt er es doch nicht fertig, sie auf Menschen anzuwenden, sondern benutzt sie vielmehr zur veredelnden Aufzucht von Tieren.« (Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, gebet Gott, was Gottes ist. Tut ihr also, mag euch die Pforte der Hölle nicht bezwingen.) – Worte indessen, die sie nicht aussprach; dafür fuhr sie fort: »Da neuerdings doch vereinzelt Drahthaar-Terrier nach Yokohama hereinkommen, wird auch Playboy, fürchte ich, sehr bald schon von der Aufzucht ausgeschlossen werden.«
»Oh, aber ein männliches Tier ist jedenfalls vorzuziehen. Es bleibt immer hübsch. Die weiblichen Tiere dagegen magern schrecklich ab. Einer langhaarigen Hündin zum Beispiel fallen beim Wurf sämtliche Haare aus, und die Liebe dessen, der sie aufgezogen hat, wendet sich schließlich ganz den kleinen Welpen zu.« »Das ist wie bei einer Frau: auch die körperliche Erscheinung verfällt.«
»Und selbst wenn man mit ihr zu einer Preiskonkurrenz geht, eine Hündin wird überhaupt nicht weiter beachtet.«
»Da war eine Patientin, die in mein Elternhaus kam …« (Nun ja, was macht es, wenn ich davon rede?) »Und beim Abendessen hatte mein Vater tüchtig was zu lachen. Sagte: Heute ist sie wieder dagewesen, und hat doch schon genügend Geburten gehabt, aber sie stellt sich, als ob es ihre erste Schwangerschaf wäre.« (Das war ja nun auch nicht so schwierig, wie etwa den Nachweis der Jungfernschaf oder die Todesursache eines Neugeborenen zu attestieren.)
»Junges Fräulein.«
Das junge Fräulein, in der Meinung, angesprochen zu sein, sah mit ein wenig schräg geneigtem Gesicht zu der Dame hin; aber dieser knabenhaf direkte Blick wie aus einem von keinem Gefühl überschatteten, hellen Fenster verwirrte die Dame um so mehr, und während sie sich einbildete, sie spotte über sich selbst, war es doch in Wahrheit so, daß sie über andere spottete. »Mein Mann pflegt zu sagen …«
Unvermittelt lachte die Dame auf. Sie empfand die Schönheit ihres Lachens und dachte dabei: (Mein Mann, sage ich. Noch niemals, wenn ich mit anderen Leuten sprach, habe ich ihn ›meinen Mann‹ genannt. Mein Mann pflegt zu sagen …? Nicht mein Mann, der Mann überhaupt in dieser Welt,
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