Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum
verlängert. Halb so wild, momentan will ich eh noch nicht in Santiago ankommen und hergekommen bin ich schließlich, um zu laufen. Also was macht’s für einen Unterschied? Meine Gedanken haben nun aufgehört, sich um Maja zu kreisen, dafür denke ich nun durchgehend an Lucia. Wo ist sie? Werde ich sie jemals wieder sehen? Wird sie mir auf meine Email überhaupt antworten? Vielleicht will sie mich ja gar nicht mehr wieder sehen oder ist schon längst mit ihrer Mutter weiter nach Italien gereist. Ich hätte sie niemals verlassen dürfen, aber ich war so sicher, dass wir uns erneut begegnen werden. Habe von meiner Mittagspause wieder unzählige Weizengrannen im Schuh, da ich auf einem dieser bösen Felder geschlafen habe. Ich kann meine Schuhe so oft ausziehen, wie ich will, die Dinger stecken im Strumpf und sind nicht auffindbar, nur spürbar. Ich laufe den Tag sehr verträumt und größtenteils ziemlich deprimiert weiter. Lucia ist verschwunden, Maja ist auch bald weg und Santiago ist zum Greifen nah und wird diese Reise bald beenden. Egal, wie sehr ich mich gegen diese negativen Gedanken sträube, sie machen sich dennoch in meinem Kopf mehr und mehr breit. In Ventas de Narón treffe ich ein altes Ehepaar, mit denen ich mich ein wenig unterhalte. Sie loben mal wieder mein gutes Spanisch und sagen mir, es sei bis Palas de Rei nicht mehr weit. Na ja, immerhin, ein Kompliment habe ich grade wirklich gebraucht. Die Herberge in Palas de Rei steht etwa einem Kilometer vor dem eigentlichen Zentrum. Eine riesige Wiese umgibt sie, die zum Zelten nur so einlädt mit kleinen Bäumchen und Grillmöglichkeiten. Ich sehe den Franzosen mit seinem Sohn wieder, die seit Monaten mit ihrem Esel unterwegs sind. Habe mit denen noch kein einziges Wort gesprochen, obwohl sie mich brennend interessieren. Der Vater heizt grade eine der Feuerstellen ein. Ich beschließe, mir ein ordentliches Steak im Supermarkt zu besorgen und mich mit diesem zu ihnen zu gesellen. Der Hospitalero, bei dem ich mir noch einen Stempel hole, weist mich darauf hin, dass ich mich beeilen müsse, denn der Supermarkt sei gute 20min von hier entfernt und mache in knapp einer halben Stunde zu. Es ist nämlich bereits 19:30 Uhr und so mache ich mich schnell auf den Weg ins Zentrum. Ich bekomme mein Steak, eine Flasche Rotwein sowie etwas Brot und Hundefutter für Maja. Nach dem Einkauf mache ich mich schnell auf den Rückweg, um nicht das Grillfeuer der Franzosen zu verpassen. Unterdessen hat sich ein weiterer Pilger mit seinem Zelt auf der Wiese niedergelassen, jedoch scheint dieser schon zu schlafen, denn außer seinem Zelt ist nichts zu sehen. Die beiden Franzosen sind überaus freundlich, als ich mich zu ihnen geselle und scheinen sich über einen Gast zum Abendessen zu freuen. Ich steure meine Weinflasche der Runde bei und bekomme als Gegenleistung einen äußerst netten, unterhaltsamen Abend mit köstlichem Steak vom Grill und Gitarrenmusik. Schon praktisch, so ein Esel, da kann man sogar sein Musikinstrument mit auf den Camino nehmen. Maja schläft wie immer bereits tief und fest, während wir noch bis spät in die Nacht feiern.
14.07.09, Dienstag – Palas de Rei nach Arzúa
Als ich heute Morgen von den Tropfen des Regens auf meinem Zelt geweckt werde, fühle ich mich abgrundtief deprimiert, bevor ich auch nur die Augen öffne. Lucia und Maja sind meine ersten Gedanken und passend zu meiner Stimmung ist es draußen grau und nass. Erst überlege ich, mich noch mal umzudrehen und einfach liegen zu bleiben, entscheide mich dann aber doch aufzustehen. Es hat keinen Sinn, sich einfach umzudrehen und liegen zu bleiben. Damit kann ich das Problem nicht lösen und fühle mich in ein paar Stunden gewiss nicht besser. Die Franzosen sind bereits mit ihrem Esel abgezogen, nur der andere Camper, den ich gestern Abend nicht mehr zu Gesicht bekommen habe, breitet grade all sein Hab und Gut auf einem Tisch einer überdachten Sitzecke aus. Da dies der einzige trockene Platz weit und breit ist, nehme ich meine Cornflakes und steuere diesen Platz ebenfalls an. Eine dicke fette französische Bulldogge kommt auf mich zu gerannt und erklärt Maja ihre Bereitschaft zum Spielen. Maja ist im ersten Moment ein wenig schockiert, was auch an der optischen Erscheinung liegen könnte, beginnt dann aber heiter, mit ihrem neuen Spielgefährten zu toben. Der Camper stellt sich als junger Spanier Anfang dreißig heraus. Freudig begrüßt er mich und lädt mich zum Frühstück ein. Ich lehne
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