Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum
Prolog
Zum ersten Mal hörte ich „Camino de Santiago “ als ich mal wieder einen der wenigen Sommertage mit meinem besten Freund im Freibad verbrachte. Mit den Worten „Ich mache jetzt den Camino de Santiago“ erklomm er den Drei-Meter-Turm und sprang mit einem missglückten Köpfer, der eher einem Bauchklatscher ähnelte, ins Wasser. Etwas spektakulärer hatte ich mir den „Camino de Santiago“ ehrlich gesagt schon vorgestellt...
Einige Jahre später zog ich nach meinem Abitur in die Innenstadt Hamburgs. Genauer gesagt an die Außenalster. Meine Wohnung lag direkt neben dem Literaturhaus. Da der Jakobsweg immer populärer wurde, stieß ich immer öfter auf Artikel, Plakate und Lektüren.
Zu dem Zeitpunkt studierte ich Informatik und war wenig begeistert von der tristen Zukunft, die mich nach Abschluss meines Studiums erwarten würde. Schule, Abitur, Studium, lebenslange Zwangsarbeit, Renten- und Lebensversicherung, Frau, Kinder, Altersheim, Tod! Hat das Leben nicht mehr zu bieten? Nicht, dass ich abwertend darüber denke, sicherlich können insbesondere Frau und Kinder die vollkommende Erfüllung des eigenen Glückes sein. Jedoch in dieser geplanten, mechanischen Reihenfolge?
Noch war ich von dem Jakobsweg nicht überzeugt — oder besser gesagt: nicht auf die Idee gekommen, selbst 800 km durch Spanien zu pilgern. Wer läuft schon hunderte von Kilometern auf Grund religiöser Überzeugung nach Santiago? Ganz genau, die verrückten Fanatiker, die sich selbst peinigen, um Buße zu tun. Ständig hatte ich nun dieses Bild vom abgemagerten, bärtigen Pilger in Kutte und Sandalen, in denen seine blutigen Füße steckten, vor Augen. Glaube kaum, dass ein Rosenkranz da helfen kann. Ich wollte es mir nicht eingestehen, aber in Wirklichkeit wartete ich nur darauf, eine Begründung zu finden, diesen Weg ebenfalls zu gehen. Im Juni 2007 war es dann soweit. Mein trockenes, trostloses Informatikstudium hatte ich schon längst geschmissen, als meine Eltern die Wohnung verkauften, in der ich momentan noch lebte. Ich musste raus und etwas in meinem Leben ändern!
Ich buchte mir einen Flug nach Bilbao, um von dort aus über Burgos zu starten. Erst im Flugzeug kam ich wieder zu mir, als sich in mir plötzlich der Gedanke breit machte, eine absolut wahnsinnige und ungeplante Entscheidung getroffen zu haben, die nichts mit meiner bisherigen Realität zu tun hatte. Dennoch fühlte es sich zum ersten Mal in meinem Leben richtig an.
Aber ich möchte nicht von dieser Reise berichten, nein, seitdem sind zwei Jahre vergangen und nun, abermals im Juni, befinde ich mich schon wieder in Richtung Camino Francés.
Wir schreiben das Jahr 2009. Ich habe mir ein Busticket nach Paris gekauft, um von dort aus die Weiterfahrt bis nach Saint-Jean-Pied-de-Port zu organisieren und erneut den Camino de Santiago zu laufen.
08.06.09, Montag — Hamburg nach Saint-Jean-Pied-de-Port
Die Busfahrt ist der absolute Horror. Ich schlafe so gut wie gar nicht, es ist furchtbar eng und stickig und da man die Sitze nicht verstellen kann, tut mir nach kurzer Zeit bereits mein Rücken weh. So kann ich mich wenigstens schon einmal an die Strapazen des Weges gewöhnen. Stunden vergehen und die Zeit zieht sich. Irgendwann morgens, bzw. vormittags schaue ich auf die Uhr und denke mir: „So langsam müsste ich doch in Paris ankommen.“ Die 2 Stunden Verspätung vom Vorabend habe ich natürlich bereits dazu gerechnet. Ich komme aber nicht an und muss unweigerlich akzeptieren, dass ich länger als 14 Stunden unterwegs sein werde.
Na ja, Zeit habe ich ja genug, nur wirklich gemütlich ist es halt nicht. Aber gut, ich versuche, mich trotz der Umstände auf meine bevorstehende Reise zu freuen. Ich weiß nicht mehr, wann es war, aber irgendwann komme ich tatsächlich in Paris an! Völlig erledigt verlasse ich den Bus und taumele ein wenig benommen von der Fahrt auf den Ticketschalter zu, um meine Weiterfahrt zu organisieren. Dort muss ich jedoch leider erfahren, dass es keine Busverbindungen nach Biarritz gibt und ich mit der Bahn fahren müsse. Die nette Dame erklärt mir noch kurz, wo sich die Metro befindet und macht mir dann unmissverständlich klar, dass hinter mir noch jede Menge andere Personen in der Schlange stehen. Gut, Metro also… Die Fahrt dauert verhältnismäßig kurz und am Bahnhof angekommen löse ich auch direkt mein Ticket nach Biarritz. Zum Glück muss ich nicht lange warten; der einzige Nachteil ist, dass Ticket kostet mich geschlagene 84,-
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