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Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Titel: Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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schon mal darüber nachgedacht. Und womöglich habe ich mir sogar vorgestellt, wie wir gemeinsam vor den Altar treten – ich in einem weißen Kleid (eigentlich mehr so ein Ecru, in antiker Spitze, mit langen Ärmeln und herzförmigem Ausschnitt) und er mit Zylinder und Cut zu den verstrubbelten blonden Haaren und den ausgelatschten ollen Converses, die unter der Hose hervorlugen. Wie wir den ersten Tanz zu »No Woman, No Cry« tanzen, unserem Lieblingssong von Bob Marley. Wie wir in seinem klapprigen alten V W-Bus in die Flitterwochen fahren …
    Langsam kehre ich ins Hier und Jetzt zurück und muss feststellen, dass ich völlig in Gedanken verloren angefangen habe, ein Herz mit Pfeil um a) 100 % zu malen. Mist. Was soll das denn? Verwirrt nehme ich den Kuli und krickele auf dem Herz herum, bis es nicht mehr zu erkennen ist. Wobei das sowieso nichts zu bedeuten hat. Und schon gar nicht heißen soll, dass mein Unterbewusstsein mir einen Streich spielt.
    Bis ich plötzlich merke, dass ich so fest aufgedrückt habe, dass ich ein Loch in die Seite gebohrt habe.
4. Sind Ihre Freunde der Meinung, dass Sie diesen Mann nicht mehr aus dem Kopf bekommen?
    Automatisch gehe ich in Abwehrhaltung und werde stocksteif.
    Ich denke gelegentlich an ihn, aber ich würde nicht sagen, ich bekomme ihn nicht mehr aus dem Kopf . Überhaupt nicht. Ich meine, schließlich verfolge ich ihn nicht oder so. Oder google ihn ständig.
    Okay, ich gebe es zu. Ich habe ihn einmal gegoogelt.
    Zweimal vielleicht.
    Ach, also gut, dann habe ich im Laufe der Jahre eben aufgehört mitzuzählen. Na und? Wer von uns ist nicht schon mal nach Hause gegangen und hat den Mann gegoogelt, den sie liebt?
    Moment mal – habe ich gerade das L-Wort gesagt?
    Aus heiterem Himmel schlägt mein Magen einen Salto wie ein Pfannkuchen in der Pfanne. Entschlossen drücke ich ihn wieder runter. Das habe ich doch gar nicht so gemeint! Das liegt nur an diesem albernen Fragebogen – der bringt mich bloß auf komische Gedanken.
    Ich mache einen Kringel um b) Nein.
    Während mich die Linie sechs in Richtung Uptown kutschiert, laviere ich mich weiter durch den Fragenkatalog. Der wird zunehmend grotesk, aber immerhin kann ich damit die Zeit totschlagen. Und jetzt komme ich auch schon zur letzten Frage …
10. Welcher Film beschreibt Ihre Beziehung am besten?
Love Story
Begegnung – Brief Encounter
Nightmare on Elm Street
    … als ich plötzlich merke, dass ich die Ansage überhört habe – »Forty-Second Street, Grand Central« – und mir aufgeht, dass ich hier rausmuss.
    Hektisch stopfe ich die Zeitschrift in meine Handtasche und versuche, mir unter höflichem Entschuldigungsgemurmel den Weg durch das überfüllte Abteil zu bahnen. Wobei natürlich kein Mensch davon Notiz nimmt. Seit ich vor einigen Wochen von London nach New York gezogen bin, habe ich langsam einsehen müssen, dass mein ganzes »Oh, Entschuldigung«
und »Verzeihung« und »Tut mir leid« hier auf völlig taube Ohren trifft.
    Nicht, dass die New Yorker per se unhöflich wären. Ganz im Gegenteil, ich finde, es sind so ziemlich die freundlichsten, warmherzigsten Menschen, denen ich je begegnet bin. Aber unsere nervige britische Angewohnheit, sich für alles und jeden zu entschuldigen, hat hier einfach null Wirkung. Die Leute wissen schlicht und ergreifend nicht, wofür ich mich eigentlich entschuldige. Und um ehrlich zu sein, weiß ich es ja oft selbst nicht. Ich mache es einfach. Aus Gewohnheit. Wie mich alle fünf Minuten bei Facebook einzuloggen.
    Gestern zum Beispiel, als ich die Straße überquerte, ist ein Mann einfach ungebremst in mich reingerannt und hat mich von oben bis unten mit Kaffee bekleckert. Und wissen Sie was? Ich habe gesagt, dass es mir leidtut! Ja, ich! Ungefähr hunderttausend Mal! Obwohl es eindeutig seine Schuld war. Er hat nämlich in sein Handy gequatscht und überhaupt nicht darauf geachtet, wo er hinlief.
    Entschuldigung, ich meine natürlich Mobiltelefon  – na ja, schließlich bin ich ja jetzt in New York, und hier heißt das so.
    Bei dem Gedanken läuft mir ein kleiner Schauer über den Rücken. Ich kann nichts dafür. Jedes Mal, wenn ich mich dabei ertappe, wie ich bewundernd zu den Wolkenkratzern hochschaue, die über mir in den Himmel ragen, oder den Broadway entlanglaufe oder eine dieser unverwechselbaren gelben Taxen anhalte (was ich bisher erst ein einziges Mal gemacht habe, weil ich chronisch pleite bin, aber was soll’s), dann komme ich mir vor wie im Film.

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