Trantüten von Panem
wieder aufmachen.«
Ich gehorche, aber irgendetwas ist anders. Mit dem linken Auge kann ich nichts mehr sehen. Als ich in den Spiegel blicke, bemerke ich, dass ich eine Augenklappe trage. Wahnsinn! Penna hat mich in eine Piratenbraut verwandelt!
»Oh, Penna«, bringe ich gerührt hervor. »Diesmal haben Sie sich selbst übertroffen!«
Geister und Krieger-Mumien mögen Furcht einflößend sein, aber eine Piratenbraut ist der Oberhammer. Eine Piratenbraut ist … ist … abenteuerlich und tollkühn und … » wunderschön «. Das letzte Wort hauche ich leise vor mich hin, und kann den Blick nicht von mir lassen.
»Äh, nachdem du … äh … die rauen Wellen der Hungerspiele bezwungen hast, bist du jetzt eine Piratin«, verkündet Penna. Es haut mich um. Penna ist ein Genie .
»Jawohl, Herr Kapitän!«, stimme ich begeistert ein. Jetzt kann ich es mit allem aufnehmen, was mir das Kapital vor den Bug schießt.
Dann ist es so weit. Ich fahre mit einem Luftkissenfahrzeug ins Studio und bereite mich innerlich auf das Interview vor, insbesondere auf Caesarsalad B. Körners Witze. Ich höre schon hinter der Bühne, wie er das Publikum aufwärmt. »Und jetzt hört mal alle her. Ich habe mir das Finale der Hungerspiele angeschaut, als ein Televermarkter anrief. Er wollte einfach nur feiern!« Ich beiße die Zähne zusammen und wünsche mir, dass ich bei den Hungerspielen draufgegangen wäre.
Endlich höre ich meinen Namen und gehe auf die Bühne. Von der anderen Seite der Bühne kommt Gerd Gegenspieler auf uns zu. Mann, wie ich ihn liebe! »Lass uns von hier abhauen«, sage ich ihm, aber er geht weiter zu dem kleinen Sofa neben Caesarsalad B. Körner. Ich setze mich neben ihn und kuschele mich eng an ihn, woraufhin er aufsteht und sich auf einen Stuhl setzt.
Nach einigen weiteren grässlichen Kalauern kommt Caesarsalad endlich zu den Highlights dieses Jahres. Bei all dem verfügbaren Material der Hungerspiele liegt das Endergebnis immer in der Hand desjenigen, der es zusammenschneidet. Es gab ein Jahr, in dem die Highlights die Geschichte einer kleinen Gruppe Freiheitskämpfer beschrieb, die an den entlegensten Ecken der Galaxie gegen das böse Imperium kämpften, während in einem anderen Jahr eine Huldigung an die Zeiten des Stummfilms gezeigt wurde. Alle Tribute wurden herausgeschnitten und durch Zwischentitel ersetzt.
Dieses Jahr sind die Highlights richtig witzig. Kaum ist der Vorspann vorbei, ertönen die zarten Klänge eines Klaviers und eines Tenorsaxophons. »Yakety Sax.« Was für eine wunderschöne Musik, die da meine Morde an meinen Kämpferkollegen begleitet.
Zur Musik wird gezeigt, wie Pita, Gerd und die anderen von den LSBienen angegriffen werden. Pita erschlägt ein besonders bedrohlich aussehendes Minimonster. Wird er wohl mit dem Leben davonkommen? Ich hoffe es inbrünstig. Kurz darauf zeigt die Kamera eine Tributeuse, die auf dem Honig ausrutscht. Das Geräusch eines Furzkissens begleitet ihren Fauxpas. Das Publikum lacht laut auf, und ich kann auch nicht mehr an mich halten. Sie war ein echtes Miststück.
Nach der Episode mit den LSBienen erscheint ein peinlicher Vorfall nach dem anderen: Ein Junge aus Distrikt 2 macht sich in die Hose, als Haudrauf mit einem blutverkrusteten Hammer auf ihn zustürmt. Dann erscheint eine Tributeuse aus Distrikt 6, die von einem Baum direkt auf eine Tretmine fällt. Ach, das waren noch Zeiten.
Endlich beginnt Caesarsalad B. Körner mit dem Interview. »Wie wir alle wissen, können die Hungerspiele jedes Jahr gewonnen werden, wenn eine Flagge in der unmittelbaren Nähe des Prollhorns gefunden wird, und alle Tribute kommen mit dem Leben davon. Doch dieses Jahr habt nur ihr beide überlebt, indem ihr eine Flagge tief in eurem Inneren ausgegraben habt. Kantkiss, ab wann warst du dir sicher, dass Gerd dein Traummann ist?«
»Hä?«, frage ich. »Sie wollen gar nicht, dass wir über die Rebellion sprechen?«
Caesarsalad zieht den Kragen hoch und gibt mir heimlich zu bedeuten, dass ich den Mund halten soll. »Mich interessiert besonders, wie es zwischen dir und Gerd gefunkt hat.« Er lacht nervös.
Aber ich kenne die Wahrheit und denke mir: Caesarsalad, wie naiv du doch bist. Wir reden über nichts anderes als die Rebellion. Liebe ist eine Revolution, eine Art Staatsstreich und eine kulturelle Umprogrammierung der ganz eigenen Art.
»Ich habe gewusst, dass Gerd mein Seelengefährte ist, als er mir das Holzbrett geschenkt hat«, erwidere ich, hole es aus der Tasche
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