Traumgirl auf Hawaii
habe nachgedacht …”
Lilly sah von der Wunde auf, die sie gerade untersuchte. “Haben Sie mir nicht zugehört? Ich sagte, Sie wurden angeschossen.”
Cameron lehnte mit dem Rücken am Kopfteil des Bettes. Sein Kopf war bereits mit einem dramatischen weißen Verband umwickelt. Er grinste gelassen. “Doch, ich habe Sie gehört. Da ich noch am Leben bin und das Bein heil zu sein scheint, wird wohl alles in Ordnung sein.”
Lilly wäre am liebsten schreiend davongelaufen. Sie war eine einfache Frau, die ein ganz normales Leben führte, und diese ganze Geschichte war eine Nummer zu groß für sie. Und es wurde immer schlimmer.
“Nein, das ist nicht in Ordnung”, widersprach sie. “Sie können kaum aufstehen, haben eine Gehirnerschütterung, und jetzt entdecke ich auch noch eine Schusswunde. Was soll daran in Ordnung sein?”
Er grinste wie ein kleiner Junge. “Ich lebe noch”, erwiderte er. “Wenn man sich die Alternativen überlegt, ist das gar nicht so schlecht. Werden Sie mir jetzt zuhören?”
Lilly atmete tief durch. Sie war bereits erschöpft, obwohl sie erst seit heute wach war, nicht seit zwei Tagen auf einem Rettungsfloß, wie Cameron. Sie hatte ihn zwei Stunden schlafen lassen, und jetzt wirkte er munterer als sie. Das war nicht fair. In Anbetracht seiner Verletzungen müsste er eigentlich halb bewusstlos sein.
Lilly warf einen Blick auf die klaffende Wunde in seinem Oberschenkel, wo die Kugel eingetreten war. Das Salzwasser hatte die Verletzung nicht verschlimmert, aber es hatte auch nicht zur Heilung beigetragen. Lilly fiel keine andere Behandlungsmethode ein als die, die sie schon für seinen Kopf angewandt hatte. Sie würde die Wunde desinfizieren, mit einer antibiotischen Salbe einreiben und sie verbinden. Sie ignorierte das leichte Zittern ihrer Hände und machte sich an die Arbeit.
Sie gab sich außerdem Mühe, weder auf seine harten Oberschenkelmuskeln zu achten noch auf seinen Waschbrettbauch, und schon gar nicht auf das, was dazwischen lag.
Das ist verrückt, dachte sie. In der einen Minute war sie zu Tode verängstigt, in der nächsten packte sie heftiges Verlangen. Sie war völlig durcheinander. Wenn sie ihm nur nicht gesagt hätte, er solle den Smoking ausziehen. Denn jetzt lag er nur mit Boxershorts und Verbänden bekleidet vor ihr auf dem Bett, und sie steckte in echten Schwierigkeiten.
“Lilly?”
Seidene Boxershorts. Mit lauter Comicfiguren darauf, die sie auszulachen schienen.
“Ja?” Sie machte die Augen zu.
“Ist Ihnen etwa übel?”
“Nein.”
“Wann kommt der Sturm?”
Jetzt sah sie ihn wieder an. Er lag da, schlank, männlich, wundervoll, trotz seiner Sehschwierigkeiten und der Blutergüsse, die sich deutlich von der blassen Haut abhoben. “Was?”
Er lächelte, als hoffe er, ihr dadurch die Information zu entlocken. “Wann soll der nächste Sturm kommen?”
Verwirrt schaute Lilly aus dem Fenster auf die glutrote Sonne, die im Meer versank. “Ich weiß nicht. Heute Nacht irgendwann. Möglicherweise erst morgen früh.”
“Soll das heißen, Sie können nicht in den Wellen lesen oder so etwas? Ich dachte, Sie seien Hawaiianerin.”
Er sah sie amüsiert an. Obwohl er verwundet und gefangen war, versuchte er sie aufzuheitern. Sie könnte sich glatt in einen Mann wie ihn verlieben.
So dumm war sie zum Glück jedoch nicht.
“Wir Kokoas haben den Ruf, die einzigen Hawaiianer zu sein, die je ihr Auslegerboot versenkt haben”, entgegnete sie trocken. “Andererseits sind meine portugiesischen Vorfahren bei einem solchen Unwetter auf Hawaii gelandet. Na ja, sie wurden ans Ufer geworfen, um genau zu sein.”
“Ein schöner Stammbaum.” Er grinste, und Lilly wollte auf seinen Scherz eingehen. Doch dann sagte er: “Ich schätze, wir können den Sturm zur Flucht nutzen.”
Lilly, die gerade damit beginnen wollte, sein Bein zu säubern, hielt inne. “Wie bitte?”
Noch immer war dieses verwegene, unerschrockene Grinsen auf seinem Gesicht, als hätte ihn der letzte Fluchtversuch nicht schon genug gekostet. “Es hat schon einmal funktioniert. Wieso nicht ein zweites Mal?”
“Es hat nicht funktioniert”, konterte sie. “Sie sind wieder genau dort, wo Sie hergekommen sind, nur dass jetzt Ihr Bein verletzt ist und Sie Ihr Gedächtnis verloren haben.”
“Ach, das macht nichts. Ich glaube, so gut war mein Gedächtnis vorher auch nicht. Wie können wir die Gangster ablenken?”
Empört stand sie auf und stemmte die Fäuste in die Hüften. “Lassen
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