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Traumlawine

Traumlawine

Titel: Traumlawine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Schritte waren unter den augenblicklichen Bedingungen eine unüberwindbare Entfernung.
    Die meisten Piraten schliefen bereits, und sie schienen sich sicher zu fühlen. Jedenfalls stellten sie keine Wachen auf. Ihr Schnarchen war schon bald so laut, daß selbst Sadagar kein Auge schließen konnte. Außerdem störte ihn, daß Joby sich unruhig von einer Seite auf die andere warf.
    »Bleib endlich ruhig liegen, du Quälgeist«, schimpfte er. »Glaubst du, davon wird es besser?«
    »Wie sonst soll ich an das Messer herankommen?« erwiderte der Junge barsch.
    »Messer…?«
    »Mann, was denkst du, weshalb ich mich an dich geklammert habe, bevor Trobus uns fesseln ließ?«
    Aus Jobys Wams fiel eine blitzende Klinge. Er wälzte sich mit dem Rücken darauf. Es war nur eine Frage weniger Augenblicke, bis er das Wurfmesser in die Hand nehmen und auch seine Fußfesseln durchtrennen konnte. Mit raschen Schnitten befreite er dann den Steinmann und Nexapottl.
    »Nichts wie weg von hier.«
    »Wartet!« rief Sadagar. »Ich gehe nicht ohne meine Messer.«
    Ehe der Königstroll ihn zurückhalten konnte, huschte er auf den schlafenden Sithen zu. Aber anstatt alle Wurfmesser zusammenzuraffen, schob er jedes von ihnen einzeln in seinen Gürtel.
    »Was macht er jetzt?«
    »Er holt sich auch noch die Flasche.«
    Das konnte nicht gutgehen. Mit einem Warnschrei auf den Lippen schreckte einer der Piraten hoch.
    »Lauf, Joby!« zischte Nexapottl. »Laß dich kein zweites Mal erwischen.«
    »Und wenn wir uns verlieren?«
    »… treffen wir uns auf der anderen Hälfte von Sargoz. Verschwinde endlich.«
    Sadagar hielt die Flasche in Händen. Hakenschlagend entging er den ersten Piraten, die schlaftrunken nach ihm griffen.
    »Hierher!« rief Nexapottl. Der Steinmann schien ihn nicht zu hören.
    Der Durchlaß zwischen zwei mannshohen Findlingen erwies sich als zu schmal. Sadagar mußte umkehren, sprang über einen umgestürzten Stamm hinweg und sah sich unvermittelt eingekreist. Instinktiv riß er die bauchige Flasche hoch.
    »Laßt mich, oder…!«
    Ehe die Piraten ihre Verblüffung überwinden konnten, hielt er ein Messer in seiner Rechten. Dem Nächststehenden fügte er eine blutende Wunde am Oberarm zu, stieß ihn zur Seite und rannte weiter. Aber er mußte noch an Trobus vorbei. Der Sithe traf keinerlei Anstalten, ihn aufzuhalten. Allerdings zuckte sein kräftiger Schwanz mit der Wucht einer Peitsche auf Sadagar zu und traf ihn in der Leibesmitte. Der Steinmann taumelte. Ein zweiter Schlag riß ihn beinahe von den Beinen.
    Die anderen Piraten kamen näher. Sadagar wußte, daß er verloren war. Kurz entschlossen schlug er mit dem Knauf seines Messers zu und zerbrach die Flasche in seiner Linken. Das Wasser ergoß sich über seinen Arm. Er fühlte die weiche, weiße Masse und schleuderte sie den Angreifern entgegen.
    Fauchend entzündete sich eine Feuerwand. Sogar Trobus mußte vor der ungeheuren Hitze zurückweichen.
    Sadagar rannte so schnell wie nie zuvor in seinem Leben. Er hielt erst inne, als hinter ihm die wütenden Schreie leiser wurden und seine Lungen schier zu zerspringen drohten. Keuchend lehnte er sich an einen Stamm und rang nach Luft.
    Ein Rascheln im Unterholz ließ ihn nach seinen Messern greifen.
    »Ich bin es«, ertönte eine leise Stimme. »Nexapottl.«
    Der Steinmann atmete auf.
    »Wo ist Joby?«
    »Irgendwo vor uns. Wir müssen ebenfalls weiter, oder willst du, daß die Piraten uns einholen?«

7.
    »Es ist gut, Fronja, endlich mit jemandem reden zu können, auch wenn es nur im Traum ist.« Ambe klang bedrückt.
    Fronja bemerkte das Zittern in ihrer Stimme mit Überraschung.
    »Was ist los mit dir? Du hast dich selbst für das Leben als Erste Frau Vangas entschieden. Dir waren die Größe deiner neuen Aufgabe und die Verantwortung bekannt.«
    »Das ist es nicht, worüber ich klage.« Ambe schüttelte den Kopf. »Ich habe schreckliche Visionen, Fronja. Die Zukunft wird grauenvoller sein als alles, was bis heute im Buch der Geschichte geschrieben steht. Und sie kehren immer wieder, die Bilder greulicher Schlachten, die von Tod und Verderben künden. Sie quälen mich.« Es war wie ein einziger Aufschrei, als wolle Ambe sich gegen das Schicksal auflehnen. Fronja fühlte die Verzweiflung, die sich darin ausdrückte. Verzweiflung und – Hilflosigkeit.
    »Hat man deine Träume gedeutet?« wollte sie wissen.
    Ambe nickte bedrückt.
    »Seither läßt Zaem ihre Amazonen für den bevorstehenden Krieg rüsten. Und sie ist nahe daran,

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