Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traveler - Roman

Traveler - Roman

Titel: Traveler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
nach San Lucas, Arizona, und dann auf dem Highway 77 südwärts. Haltet nach grünem Band Ausschau. Name der Kontaktperson: Martin. Vielleicht hatten sie das Band übersehen, oder es war vom Wüstenwind weggeweht worden. Oder Linden war von den Internetexperten der Tabula überlistet worden, was bedeuten würde, dass sie ein Hinterhalt erwartete.
    Maya war zwar daran gewöhnt, auf dem Weg zu sicheren Häusern oder Zugangspunkten vagen Streckenbeschreibungen zu folgen, aber der Umstand, dass sie einen potenziellen Traveler bewachte, änderte die Lage grundlegend. Seit der Schlägerei im Paradise Diner hatte er sich ihr gegenüber sehr distanziert verhalten, hatte, als sie anhielten, um zu tanken und auf die Landkarte zu schauen, bloß das Nötigste geredet. Er verhielt sich wie jemand, der sich bereit erklärt hatte, einen hohen Berg zu besteigen, und sich damit abfand, dass bei dem gefährlichen Anstieg Hindernisse überwunden werden mussten.
    Sie kurbelte das Fenster des Lieferwagens herunter. Die Wüstenluft trocknete den Schweiß auf ihrer Haut. Blauer Himmel. Ein Falke machte sich die Thermik zunutze. Gabriel
fuhr anderthalb Kilometer vor ihr, aber plötzlich kehrte er um und kam auf sie zugerast. Er deutete nach links und hob die Hand. Gefunden.
    Maya sah ein Stück grünes Band, das um den Eisensockel einer Kilometermarke gebunden war. Eine unbefestigte Straße  – kaum breiter als ein Pkw – mündete an dieser Stelle in den Highway, aber es gab kein Schild, das verraten hätte, wohin sie führte. Maya und Gabriel bogen in die Straße ein. Gabriel setzte seinen Motorradhelm ab und hängte ihn an die Lenkstange. Sie durchquerten nun die Hochwüste – eine flache, karge Landschaft, bewachsen mit Kakteen, verdorrten Grasbüscheln und dornigen Akaziensträuchern, die an den Seiten des Lieferwagens entlangkratzten. Sie kamen zu zwei Abzweigungen, und Gabriel entdeckte jeweils ein grünes Band, das ihnen den Weg nach Osten wies. Nachdem es ein Stück bergauf gegangen war, tauchten am Straßenrand Mesquitebäume und graue Eichen auf und außerdem grüne Stechpalmen mit kleinen gelben Blüten, die Honigbienen anzogen.
    Auf der Spitze eines flachen Hügels stoppte Gabriel, der immer noch vorausfuhr. Was vom Highway aus wie eine Gebirgskette ausgesehen hatte, war in Wirklichkeit ein Hochplateau, bestehend aus zwei gigantischen Armen, die schützend ein Tal umgaben. Unten erkannte man ein paar kastenartige, halb von Kiefern verdeckte Häuser. Weit oberhalb dieser Siedlung, am Rand des Plateaus standen drei stählerne Windturbinen, deren gewaltige, kreisende Rotorblätter wie Flugzeugpropeller wirkten. Gabriel wischte sich mit einem Halstuch den Staub vom Gesicht und fuhr dann weiter die unbefestigte Straße entlang. Er hielt das Tempo niedrig und schaute immer wieder nach rechts und links, so als erwartete er, dass jemand aus einem der Sträucher gesprungen käme.
    Die Maschinenpistole lag, versteckt unter einer alten Decke, im Fußraum des Lieferwagens. Maya nahm die Waffe auf den Schoß, lud sie mit einem vollen Magazin und legte sie griffbereit
auf den Beifahrersitz. Sie fragte sich, ob hier wirklich ein Wegweiser lebte oder ob die Tabula ihn aufgespürt und getötet hatte.
    Inzwischen fuhren sie direkt in Richtung Tal und überquerten eine Steinbrücke über einem schmalen Fluss. Am jenseitigen Ufer entdeckten sie Gestalten, die sich zwischen dem Gestrüpp bewegten, sie bremsten.
    Vier, nein, fünf Kinder schleppten große Steine zum Bach hinunter. Vielleicht wollten sie einen Damm oder eine ummauerte Badestelle bauen. Sie blieben stehen und starrten das Motorrad und den Lieferwagen an. Dreihundert Meter weiter kamen sie an einem Jungen vorbei, der einen Plastikeimer trug. Er winkte ihnen. Noch immer hatten sie keinen einzigen Erwachsenen gesehen, aber die Kinder machten den Eindruck, als kämen sie auch ganz gut alleine zurecht. Ein paar Sekunden lang sah Maya eine riesige Schar Kinder vor ihrem geistigen Auge, die ohne die permanente Beeinflussung durch das System aufwuchs.
    In der Nähe des Tals war die Straße plötzlich mit bräunlichroten Ziegelsteinen gepflastert, kaum dunkler als die Erde an ihren Rändern. Sie passierten drei lange Gewächshäuser, und dann bog Gabriel auf eine Art Parkplatz ein, der zu einer Autowerkstatt zu gehören schien. In einem offenen Pavillon standen vier schmutzige, reparaturbedürftige Pick-ups. Nahe eines Holzschuppens voller Werkzeug waren ein Bulldozer, zwei Jeeps und ein

Weitere Kostenlose Bücher