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Traveler - Roman

Traveler - Roman

Titel: Traveler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Mund und seine Lungen strömte.
    Als er auf halbem Weg zum Boden der grünen Wanne war, entdeckte er einen kleinen schwarzen Schatten, der die Form und Größe eines Bullauges besaß. Der Schatten war kein Teil des Whirlpools. Gischt überspülte ihn, so als wäre er ein dunkler Fels in einem Flussbett, ehe er wieder an derselben Stelle auftauchte.
    Mit heftigen Arm- und Beinbewegungen versuchte Michael, zu dem Schatten zu gelangen. Er verlor ihn aus den Augen, fand ihn wieder. Und dann schleuderte er sich in dessen dunkle Mitte hinein.

ACHTUNDDREISSIG
    D er größte Teil der verglasten Galerie, die das Innere des Grabs umgab, wurde von den Technikern benutzt, der Abschnitt an der Nordseite des Gebäudes konnte jedoch nur durch einen bewachten Eingang betreten werden. Es war eine Art Privatloge, mit Teppichboden, einem breiten Sofa und Stehlampen aus Edelstahl. An den getönten Scheiben standen kleine schwarze Tische und Velourslederstühle mit gerader Lehne.
    Kennard Nash saß allein an einem der Tische und sah zu, wie sein Leibwächter, ein peruanischer Expolizist namens Ramón Vega, Chardonnay in ein Weinglas füllte. Ramón hatte einmal fünf Arbeiter einer Kupfermine umgebracht, die so töricht gewesen waren, einen Streik zu organisieren, doch Nash schätzte den Mann nicht zuletzt wegen seiner Fähigkeiten als Offiziersbursche.
    »Was gibt es heute zu Mittag?«
    »Lachs, Kartoffelpüree mit Knoblauch, grüne Bohnen und Mandeln. Ihre Mahlzeit wird vom Verwaltungsgebäude herübergebracht.«
    »Wunderbar. Achten Sie bitte darauf, dass das Essen nicht kalt wird.«
    Ramón ging zurück in den Vorraum bei der gesicherten Eingangstür. Nash nahm einen Schluck Wein. Eine der Erkenntnisse, die er in zweiundzwanzig Jahren Armeezugehörigkeit gewonnen hatte, war die Einsicht in die Notwendigkeit, dass sich Offiziere von einfachen Soldaten fern hielten. Man war ihr Anführer, nicht ihr Freund. Als er im Weißen
Haus gearbeitet hatte, befolgten die Verantwortlichen dort dieselbe Maxime. Alle paar Wochen trat der Präsident öffentlich in Erscheinung, um einen Baseball zu werfen oder die Lichter des großen Weihnachtsbaums in der Hauptstadt einzuschalten, aber die meiste Zeit wurde er vor den Unwägbarkeiten bei improvisierten Ereignissen beschützt. Obwohl Nash ein Mann des Militärs war, hatte er den Präsidenten eindringlich davor gewarnt, an Beerdigungen gefallener Soldaten teilzunehmen. Womöglich erlitt eine emotional instabile Witwe einen hysterischen Anfall. Oder eine Mutter warf sich auf den Sarg ihres Sohnes. Oder ein Vater verlangte Aufklärung über die Umstände von dessen Tod. Die Philosophie des Panopticons hatte die Bruderschaft gelehrt, dass wahre Macht auf Kontrolle und Vorhersehbarkeit basierte.
    Weil das Ergebnis des Transzendenzprojekts unvorhersehbar war, hatte Nash die Bruderschaft nicht über das heutige Experiment informiert. Es gab einfach zu viele Variablen, um den Erfolg garantieren zu können. Alles hing von Michael Corrigan ab, dem jungen Mann, dessen Körper im Augenblick auf dem Tisch mitten im Grab lag. Viele der jungen Männer und Frauen, die 3B3 genommen hatten, waren in psychiatrischen Anstalten gelandet. Dr. Richardson hatte sich beklagt, er habe keine Anhaltspunkte für die richtige Dosierung der Droge und wisse überhaupt nicht, wie sie auf einen potenziellen Traveler wirken werde.
    Wenn dies eine Militäroperation gewesen wäre, hätte Nash einem jungen Offizier die Verantwortung übertragen und sich die Schlacht aus der Ferne angeschaut. Es war einfacher, später die Verantwortung abzulehnen, wenn man sich nicht in unmittelbarer Nähe befunden hatte. Nash hatte diese Regel während seiner gesamten Karriere befolgt, aber es war ihm nicht möglich gewesen, dem Forschungszentrum an diesem Tag fernzubleiben. Die Entwicklung des Quantencomputers, die Errichtung des Grabs und der Versuch, einen Traveler zu
erschaffen – all das waren seine Entscheidungen. Sollte das Transzendenzprojekt erfolgreich sein, würde er den Lauf der Geschichte verändern.
    Schon jetzt kontrollierte das Virtual Panopticon viele Menschen an ihrem Arbeitsplatz. Während er langsam seinen Weißwein trank, gab er sich einer Zukunftsvision hin. In Madrid zählte ein Computer die Anschläge auf der Tastatur einer erschöpften jungen Frau, die Kreditkartenabrechnungen eintippte. Das Computerprogramm, das ihre Arbeitsleistung beurteilte, errechnete stündlich, ob sie das vorgeschriebene Pensum erfüllte. Automatisch

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