Trieb
Personen, Ereignisse und Dialoge entstammen meiner Fantasie. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Ereignissen, lebenden oder toten Personen ist zufällig.
Wahr ist jedoch, dass es in deutschen Großstädten P
äd
o-Kreise gibt. Meinem Thriller sind mehrere Wochen intensiver Recherche vorausgegangen. Lassen Sie mich ein wenig darüber erzählen.
Pädophile Männer haben die Wahl: Der Sextourismus führt sie oftmals in die Dritte Welt, wo sie straffrei für ihre Taten bleiben, doch seit dem Fall des Eisernen Vorhangs brauchen Männer mit dem Wunsch nach »Frischfleisch«, wie sie die kleinen Kinder nennen, nicht mehr unbedingt in die Ferne zu schweifen. Vor allem in den osteuropäischen Grenzstaaten zu Deutschland, in Polen und Tschechien, entwickelt sich eine von Zuhältern und Gewalt geprägte Szene, in der die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern eine immer größere Rolle spielt. Kinderprostitution geht dort meist auch mit Menschen- und Kinderhandel sowie Kinderpornographie einher.
Pädosexuelle Männer können sich aber auch in Deutschland jederzeit bedienen. In nahezu jeder Großstadt gibt es für sogenannte »Girl-Lover« einen Babystrich: Mädchen, die beispielsweise wegen Drogenproblemen der Prostitution nachgehen. Manchmal werden auf diesem Babystrich auch die »Boy-Lover« oder Päderasten, also Männer, die minderjährige Jungen bevorzugen, von den Kinderhändlern oder Zuhältern bedient, doch insgesamt weist die Prostitution mit minderjährigen Jungen Unterschiede zu der mit Mädchen auf.
»Boy-Lover« tummeln sich in einer speziellen Szene, die perfider und eingespielter nicht funktionieren könnte und Schuld daran trägt, dass junge Ausreißer, sogenannte Trebegänger, über kurz oder lang in die Prostitution abrutschen und sich anschließend bis zum Erreichen der Volljährigkeit oder wenige Jahre darüber hinaus als Stricher verdingen.
Die Szene funktioniert nach folgendem Prinzip: Die Männer treiben sich in Einrichtungen der Jugendhilfe genauso wie in Einkaufszentren, Schwimmbädern, auf Abenteuerspielplätzen sowie, noch viel häufiger, an Bahnhöfen, U- und S-Bahnstationen herum. »Diese Szene bewegt sich in sehr verdeckten Zonen«, so Rainer Ulfers von der Anlaufstelle Basis e.V. in Hamburg. »Wir haben solche Leute schon einmal in Kaufhäusern beobachtet, wo sie in den Spielzeugabteilungen die Jungen angesprochen haben. Gerade sehr junge Obdachlose, Ausreißer und Trebegänger kommen schnell mit diesen Männern in Kontakt.«
In den Beratungsstellen für Stricher werden solche Männer auch »Frischfleischjäger« genannt
.
Es sind Männer, die zu unüblichen Zeiten unterwegs sind – vormittags, während der Schulzeit, oder abends, wenn Jungen in dem gesuchten Alter üblicherweise zu Hause sind. Manchmal warten diese Männer bis zu zehn oder zwölf Stunden. Sie kennen die Körpersprache ganz genau, anhand derer deutlich wird, dass es sich bei den Jungen um Wegläufer handelt und es ihnen schlecht geht. Haben die Männer einen solchen Jungen gefunden, gehen sie zielgerichtet auf ihn zu und sprechen ihn an: »Geht’s dir schlecht? Komm, ich weiß, wo du pennen kannst!«
»Wenn ein Junge merkt, dass du dich um ihn kümmerst, wirst du ihn nicht mehr los«, so die Sozialarbeiter. Das wissen auch die Frischfleischjäger. Jungen, die auf sie hereinfallen, sind emotional ausgetrocknet, wachsen ohne Väter auf oder mit solchen, von denen sie geschlagen werden. Sie suchen nach Zuwendung und emotionaler Geborgenheit, sie wollen ernst genommen werden, mit jemandem reden. Meist entsteht zwischen dem Mann und dem Kind tatsächlich so etwas wie eine Beziehung. Rainer Ulfers von Basis e.V. beschreibt es so: »Viele [der Kinder, Anmerk. d. Aut.] bekommen ein eigenes Zimmer mit Computer zur Verfügung gestellt und den Haustürschlüssel in die Hand gedrückt.«
»Die Beziehung der Jungen zu diesen Männern ist in der Regel durch sexuelle Dienstleistungen gekennzeichnet, die mit materiellen und emotionalen Zuwendungen entlohnt werden«, fasst Sabine Reinke vom Stricherprojekt Looks e.V. in Köln die Wahrheit knapp zusammen. »Damit erhalten diese Beziehungen bereits einen deutlich prostitutiven Charakter.«
Die Jungen sehen das meistens jedoch gar nicht so. Schließlich wissen die Männer, in deren Obhut sie sich befinden, ihre wahren Motive geschickt zu verschleiern. Manche ziehen die antike Mythologie zur Rechtfertigung der Beziehung heran, die Weisungsgabe auf den Jugendlichen, sehen sich als
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