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Trieb

Trieb

Titel: Trieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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Hinter einem mit Akten überladenen Schreibtisch saß ein Mittvierziger mit schütterem Haar. »Das ist Herr Ott. Er ist der Personalchef von Fielmeisters. Und das, Karl-August, ist Herr Kalkbrenner von der Kriminalpolizei. Er hat mich gefragt, ob Herr Fielmeister Feinde hatte, die ihm den Tod wünschten. Und da dachte ich …«
    »Ich kann mir schon vorstellen, was du dachtest!« Der Personalchef stellte ein zerknirschtes Gesicht zur Schau. »Habe schon damit gerechnet, dass du sie darauf aufmerksam machst.« Er grub sich durch die Ordner, da er anscheinend etwas zu suchen schien. Seine Lunge gab dabei einen pfeifenden Ton von sich. »Ist eine tragische Sache, das.«
    »Was?«, fragte Kalkbrenner.
    Ott schwenkte eine Akte. »Wissen Sie, Herr Kommissar, der Markt ist die letzten Jahre über viel schwieriger geworden.«
    »Das habe ich ihm schon gesagt«, ließ sich Frau Vissermann vernehmen.
    »Das hätte ich mir auch denken können.« Ott deutete auf die Stühle vor seinem Schreibtisch.
    Da es die gleichen Designobjekte wie in Fielmeisters Büro waren, zog Kalkbrenner es vor zu stehen. Auch Frau Vissermann nahm nicht Platz, aber Kalkbrenner hatte den leisen Verdacht, dass es dieses Mal weniger den ungemütlichen Stühlen geschuldet war, sondern eher ihrem Verhältnis zu Herrn Ott.
    »Nach der Wende ging es aufwärts für Fielmeisters«, begann der Personalchef zu erzählen und legte den Ordner beiseite. »Auf einen Schlag Millionen neuer Kunden, die sich begierig auf unser Angebot stürzten. Dann der Umzug nach Potsdam, in die Fertigungshallen und der Neubau der Büros. Das war …«
    »Das habe ich doch alles schon erzählt«, unterbrach ihn Frau Vissermann gereizt.
    »Da herrschte eine regelrechte Goldgräberstimmung«, überging Ott ihre Bemerkung. »Ich habe noch gesagt: ›Besser ist, man geht das alles etwas ruhiger an.‹ Aber auf mich alten Herrn wollten die Herrschaften ja nicht hören. Und dann kam es, wie ich es prognostiziert hatte: Ende der Neunziger brach der Markt zusammen. Wie es heute ausschaut, das wissen Sie ja: Wirtschaftskrise, Konjunkturschwäche, Inflation, steigende Einkaufspreise, während der Handel, darunter vor allem die Discounter, die Preise drücken. Aber genau die Discounter sind unsere Großabnehmer. Sie bestellen enorme Mengen, wollen aber dafür auch die Preise bestimmen. Wer von den Anbietern nicht auf ihre Forderungen eingeht, der wird über kurz oder lang verlieren. Also müssen die Angebote hart kalkuliert werden. Was bei stetig steigenden Kosten kein einfaches Unterfangen ist. Bestimmt haben Sie die Aufregung um die Milchbauern mitbekommen, die ihre Milch lieber in den Ausguss geschüttet haben, anstatt sie zu Dumpingpreisen zu verkaufen.«
    »Ja, ich habe davon gelesen«, stimmte Kalkbrenner zu.
    »Eine Schande, das. Und wohin führt uns das alles? Der Preisdruck, die hart kalkulierten Angebote, die steigenden Kosten? Ich verrate es Ihnen: Die Gewinne schmilzen dahin.«
    »Es ging der Firma also nicht gut?«
    »Da haben Sie den Nagel auf den Kopf getroffen.« Otts Miene wurde noch düsterer. »Deshalb hat Herr Fielmeister vor vier Monaten auch ein Sparprogramm durchgezogen. Er ließ eine unserer Produktionshallen schließen und baute fünfhundert Stellen ab. Die Finanzchefin Hera Billings musste das Unternehmen verlassen und der langjährige stellvertretende Verkaufsleiter Jürgen Kern trat ab. Auch unser Produktentwickler Jan van Dyck musste gehen – nach dreiundzwanzig Jahren der Betriebszugehörigkeit. Können Sie sich das vorstellen?« Indigniert hämmerte Ott auf den Schreibtisch ein. Die Erschütterung brachte einige Akten zu Fall. »Ausgerechnet Herr van Dyck, dem wir Fielmeisters Beste
verdanken. Kennen Sie sie?«
    »Heute Morgen erst gekauft.«
    »Sehen Sie, wer in Deutschland hat denn nicht
Fielmeisters Beste
im Vorratsschrank? Der Artikel, auf dem der Erfolg des Unternehmens aufbaute. Und trotzdem musste Herr van Dyck gehen.« Ott bückte sich, hob die Akten vom Boden auf und stapelte sie wieder auf seinem Schreibtisch. Als er wieder aufrecht in seinem Bürostuhl saß, standen ihm die wenigen Haare wild zu Berge.
    »Waren die finanziellen Probleme nicht absehbar?«, wollte Kalkbrenner wissen.
    »Für die Belegschaft nicht, nein.« Otts vorwurfsvolle Stimme nahm an Lautstärke zu. »Für sie kam die Entscheidung von Herrn Fielmeister vollkommen überraschend. In den Wochen und Monaten vorher hat er kein Wort darüber verloren.«
    »Vielleicht hat er die Probleme

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