Heimlich Fee 1: Wie eine Freundin in mein Leben purzelte (German Edition)
Ich heiße Amanda und könnte ein glückliches Mädchen sein, wenn ich einen anderen Namen hätte. Amanda klingt wie eine Kaubonbonmarke. Findet ihr nicht auch? An den Namen habe ich mich inzwischen halbwegs gewöhnt, ich trage ihn ja nun schon seit fast neun Jahren. Was mir mein Leben aber wirklich vermiest, sind genau drei Probleme. Alle drei sind riesengroß und alle drei haben mit durchgeknallten Eltern zu tun. Ihr wisst sicher, wovon ich spreche.
Erstes Problem: Die bescheuerten Eltern von Emma kamen genau dann auf die Idee, nach Neuseeland zu ziehen, als wir beste Freundinnen geworden waren. Emma und ich teilten uns das Zimmer im Internat und alles war gut. Wenn ich morgens aufwachte, sprang sie schon vor meinem Bett auf und ab. Aus ihren Kopfhörern dröhnten die neusten Hits und es blieb mir nichts anderes übrig, als mitzutanzen. Im Nachthemd. Im Unterricht saßen wir nebeneinander, aber da hatten wir natürlich richtige Kleider an. Obwohl wir ziemlich viel kicherten und uns heimlich Briefe zusteckten, war ich noch nie so gut in der Schule gewesen. Dabei war ich eigentlich schon immer ganz gut.
Mittags im Speisesaal wurde selbst Erbsensuppe zum Festmahl, weil Emma bei mir war. Könnt ihr das verstehen? Und abends vor dem Einschlafen erzählten wir uns gegenseitig Gruselgeschichten. Von kopflosen Geistern und bleichen Witwen, die durch die Gänge des Internats schleichen. Das war supergruselig, weil unser Internat so alt ist. Wenn es draußen auf dem Gang seltsam knackte, kroch Emma oft zu mir ins Bett. Es war die schönste Zeit meines Lebens. Ehrlich! Emma und ich waren wie Zwillinge. Manchmal hatte ich sogar ein kleines bisschen Angst, wir könnten zusammenwachsen.
So ein vollkommenes Glück hält nicht lange, das weiß ich heute. Als ich nämlich eines Sonntags im Mai von meinen Eltern ins Internat zurückkehrte, war Emma nicht in unserem Zimmer. Ich wusste sofort, dass etwas Schreckliches passiert sein musste – und dass es garantiert nichts mit kopflosen Geistern zu tun hatte. Meine Freundin war immer vor mir zurück. Jetzt lag nur ihr prall gefüllter Koffer auf dem Bett. Etwa fünf Sekunden stand ich wie erstarrt da und war ganz still. Ich weiß genau, dass es fünf Sekunden waren, weil ich den Zeiger meiner Uhr fünfmal ganz laut ticken hörte. So still war ich. Dann drehte ich mich um und rannte los, den Gang entlang und nach draußen.
Im Hof des Internats steht eine große Linde, deshalb heißt es auch Haus Lindenhof. Am Stamm der Linde lehnte Emma und lachte. Es sah zumindest von Weitem so aus, weil ihr Oberkörper ganz doll wackelte. Aber ich wusste es natürlich besser: Emma heulte wie ein Schlosshund. Und als sie mir sagte, was los war, heulte ich gleich mit. Ausgerechnet Neuseeland! Das ist ein traumhaft schönes Land. Mit Regenwäldern und Gletschern und jeder Menge Meer drum herum. Aber es liegt leider nicht gleich hinter Frankfurt oder Berlin, sondern auf der anderen Seite der Erdkugel. Deswegen ist da alles andersherum. Wenn wir schwitzen, friert Emma. Der heißeste Monat in Neuseeland ist der Januar! Und wenn wir Tag haben, ist da Nacht. Wir würden noch nicht einmal telefonieren können!
Wir heulten und heulten und heulten, aber es half nichts. Ein paar Wochen später war das Schuljahr zu Ende und Emma hängte ihre Poster von den Wänden. Sie packte ihre CD -Sammlung und die Bücher ein, kritzelte ihre E-Mail-Adresse auf einen Zettel, gab mir einen Kuss auf die Wange und verschwand schweren Herzens aus meinem Leben.
Das zweite Problem ist eine Folge des ersten Problems und macht die Sache nur noch schlimmer. Durch Emmas Auszug war ja ein Bett in meinem Zimmer frei. Stellt euch den zweitfürchterlichsten Menschen auf der Welt vor und ihr seht meine neue Mitbewohnerin: Jill! Schon der Name tut in den Ohren weh. Und der Rest ist kein bisschen besser.
Jill ist ein echter Zwilling und ihr Bruder ist der allerfürchterlichste Mensch überhaupt: Justin. Sobald sich die Lehrer umdrehen, kneift und spuckt er, schmiert Galgenmännchen in dein Heft und klebt dir Schilder mit Schimpfwörtern wie „Mathemonster“ auf den Rücken.
Ich lerne nicht gern, müsst ihr wissen. Aber ich bin neugierig, und wenn mich etwas interessiert, speichere ich es automatisch in meinem Hirn ab. Eine Streberin ist ja wohl etwas anderes, oder? Jill kommt damit jedenfalls nicht klar. Seit sie eingezogen ist, ist mein Leben die Hölle. Und das meine ich wörtlich. Jill ist nämlich genauso fies wie Justin, nur
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