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Trucks. Erzählungen

Trucks. Erzählungen

Titel: Trucks. Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Ihnen ja, wir sind Pragmatiker.
    Als solche müssen wir zuerst zur Kenntnis nehmen, wie schwierig es ist, jemanden von einer Nikotinsucht zu heilen. Die Rückfallquote beträgt beinahe fünfundachtzig Prozent.
    Selbst bei Heroinabhängigen liegt sie niedriger. Wir stehen vor einem außergewöhnlichem Problem. Einem sehr außergewöhnlichen Problem.«
    Morrison spähte in den Papierkorb. Eine Zigarette, geknickt zwar, sah immer noch aus, als könnte man sie rauchen. Donatti lachte gutmütig, faßte in den Korb hinein und zerkrümelte sie zwischen den Fingern.
    »Gelegentlich werden der Regierung Gesetzesvorschläge unterbreitet, die darauf abzielen, die wöchentliche Zigarettenration in den Gefängnissen zu streichen. Solche Eingaben werden gar nicht erst zur Diskussion gestellt. Jedesmal, wenn man versuchte, diese Änderung einzuführen, gab es in den Gefängnissen Aufstände. Aufstände, Mr.
    Morrison. Stellen Sie sich das vor,«
    »Das«, versetzte Morrison, »wundert mich nicht.«
    »Aber bedenken Sie doch, welche Schlüsse das zuläßt. Wenn ein Mann inhaftiert wird, muß er auf ein normales Sexualleben verzichten, auf Alkohol, auf politische Betätigung, auf Freizügigkeit. Von wenigen Ausnahmen abgesehen hat das noch keine Gefangenenmeuterei ausgelöst. Doch wenn man ihm seine Zigaretten wegnimmt, dann -
    Peng! Bumm!«
    Zur Untermalung ließ er die Faust mehrmals auf den Tisch krachen.
    »Während des Ersten Weltkriegs, als es in Deutschland keine Zigaretten zu kaufen gab, war es kein ungewöhnlicher Anblick, Angehörige des deutschen Adels zu sehen, die Zigarettenstummel von der Straße aufsammelten. Im Zweiten Weltkrieg stellten sich viele Amerikanerinnen auf das Pfeifenrauchen um, wenn sie keine Zigaretten bekamen.
    Für den echten Pragmatiker ist das ein faszinierendes Problem, Mr. Morrison.« »Können wir jetzt zur Behandlung übergehen?« »Sofort. Treten Sie bitte hier heran.«
    Donatti erhob sich und stellte sich neben den grünen Vorhang, der Morrison bereits am Tag zuvor aufgefallen war. Donatti zog den Vorhang zurück und enthüllte ein rechteckiges Fenster, durch das man in ein leeres Zimmer blickte. Nein, es war nicht völlig leer. Auf dem Boden hockte ein Kaninchen vor einer Futterschüssel und fraß.
    »Niedliches Tier«, kommentierte Morrison. »Das finde ich auch. Passen Sie mal auf.«
    Donatti drückte auf einen Knopf am Fenstersims. Das Kaninchen hörte auf zu fressen und begann, wie verrückt herumzuspringen. Jedesmal, wenn die Pfoten mit dem Boden in Berührung kamen, schienen die Sprünge höher zu werden. Das Fell stand ihm zu allen Seiten ab. Die Augen rollten wild. »Hören Sie auf damit! Sie bringen das Tier ja um!«
    Donatti nahm den Finger vom Knopf. »Keineswegs. Durch den Boden fließt eine sehr niedrige Stromspannung. Beobachten Sie das Kaninchen Mr. Morrison.«
    Das Kaninchen kauerte ungefähr drei Meter von seiner Futterschüssel entfernt. Die Nase zuckte. Plötzlich hoppelte es weg und duckte sich in eine Zimmerecke.
    »Wenn das Kaninchen beim Fressen häufig genug Stromstöße bekommt«, erklärte Donatti, »stellt es sehr rasch einen Zusammenhang her. Fressen bedeutet Schmerzen.
    Also frißt es lieber nicht. Noch ein paar Elektroschocks, und das Kaninchen verhungert vor einem vollen Futternapf. Das nennt man Aversionstraining.«
    Morrison ging ein Licht auf.
    »Nein, danke.« Er schickte sich an zu gehen.
    »Bitte, bleiben Sie, Mr. Morrison.«
    Morrison ließ sich nicht umstimmen. Er legte die Hand auf den Türknauf... und merkte, daß er sich nicht drehen ließ. »Schließen Sie sofort auf.«
    »Mr. Morrison, wenn Sie bitte wieder Platz nehmen wollen-«
    »Wenn Sie nicht gleich aufschließen, hetzte ich Ihnen die Polizei auf den Hals.«
     
    »Setzen Sie sich.« Die Stimme klang scharf wie ein Rasiermesser.
    Morrison beobachtete Donatti. In den braunen Augen lag ein Blick, der ihm Angst einflößte. Mein Gott, durchzuckte es ihn, ich bin hier mit einem Verrückten eingesperrt.
    Er befeuchtete seine spröden Lippen.
    Noch nie hatte er eine Zigarette so nötig gehabt wie jetzt.
    »Ich möchte Ihnen die Behandlung ausführlicher erklären«, sagte Donatti.
    »Sie verstehen mich nicht«, entgegnete Morrison mit geheuchelter Ruhe. »Ich will mich nicht mehr behandeln lassen. Ich hab's mir anders überlegt.«
    »Nein, Mr. Morrison, Sie sind derjenige, der nicht versteht. Sie haben gar keine Wahl. Als ich sagte, die Behandlung habe bereits begonnen, meinte ich das wortwörtlich.

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