Trucks. Erzählungen
aussetzte, wollte sich auf Donatti stürzen. Für jemand, der offenbar vollkommen entspannt dagesessen hatte, reagierte Donatti mit verblüffender Geschwindigkeit. Er stieß den Stuhl nach hinten, und trat Morrison über den Schreibtisch hinweg mit beiden Füßen in den Bauch. Hustend und nach Luft ringend, taumelte Morrison zurück.
»Setzen Sie sich, Mr. Morrison«, forderte Donatti ihn gutmütig auf. »Wir wollen uns doch wie vernünftige Menschen unterhalten.« Als Morrison wieder zu Atem kam, folgte er Donattis Aufforderung. Einmal mußte dieser Alptraum ja aufhören.
Die Nonfumo Gesellschaft, hatte Donatti ihm weiterhin erklärt, erteilte Strafen nach einer Zehn-Punkte-Skala. Die Stufen sechs, sieben und acht bestanden wiederum aus Besuchen des Kaninchenzimmers (mit erhöhter Stromspannung) und härteren Prügeln.
Der neunte Schritt sah vor, daß man seinem Sohn beide Arme bräche.
»Und was passiert beim zehnten Rückfall?« fragte Morrison mit trockenem Mund.
Donatti wiegte traurig den Kopf. »Dann geben wir auf, Mr. Morrison. Sie gehören dann zu den unheilbaren zwei Prozent.«
»Sie geben tatsächlich auf?«
»Ja, sozusagen.« Er öffnete eine Schublade und legte eine Pistole mit Schalldämpfer auf die Schreibtischplatte. Lächelnd sah er Morrison in die Augen. »Aber selbst die unbehandelbaren zwei Prozent rauchen nie wieder. Dafür sorgen wir.«
Am Freitag lief im Nachtprogramm des Fernsehens der Streifen Bullit, einer von Cindys Lieblingsfilmen, doch nachdem Morrison eine Stunde lang nervös auf seinem Sessel hin und hergerutscht war, konnte sie sich nicht mehr darauf konzentrieren.
»Was fehlt dir eigentlich?« fragte sie in einer Sendepause.
»Nichts... alles«, brummte er. »Ich gewöhne mir das Rauchen ab.«
Sie lachte. »Seit wann? Seit fünf Minuten?«
»Seit heute Nachmittag um drei.«
»Und seitdem hast du wirklich keine einzige Zigarette geraucht?«
»Nein«, erwiderte er und begann, an seinem Daumennagel zu kauen.
Er war bereits bis auf die Fingerkuppe abgenagt.
»Das finde ich großartig! Warum hörst du damit auf?«
»Wegen dir. Und... Alvin.«
Sie riß die Augen auf und bemerkte nicht mal, daß der Film weiterlief.
Dick erwähnte äußerst selten ihren behinderten Sohn.
Sie ging zu ihm, warf einen Blick auf den leeren Aschenbecher, der rechts von ihm stand, und sah ihm dann in die Augen.
»Versuchst du ernsthaft, das Rauchen aufzugeben, Dick?«
»Ja.« Und wenn ich mich an die Polizei wende, setzte er im Geist hinzu, kommt der zuständige Schlägertrupp angerollt und poliert dir die Fresse, Cindy.
»Das freut mich. Auch, wenn du nicht durchhalten solltest, Dick, wir danken dir beide, daß du es mit Rücksicht auf uns versuchst.«
»Oh, ich bin sicher, daß ich durchhalten werde«, meinte er und sah im Geist wieder den eiskalten, mörderischen Blick, der in Donattis Augen getreten war, als er ihm die Füße in den Bauch rammte.
Er schlief schlecht in dieser Nacht. Jedesmal, wenn er eingedöst war, schreckte er wieder hoch. Gegen drei Uhr morgens war er hellwach. Der Wunsch nach einer Zigarette brannte in ihm wie ein Fieber. Er ging hinunter in sein Arbeitszimmer. Der Raum lag in der Mitte des Hauses. Keine Fenster. Er öffnete die oberste Schreibtischschublade und spähte hinein. Wie magisch zog die Zigarettenschachtel seinen Blick an. Er schaute in die Runde und leckte sich die Lippen.
Während des ersten Monats ständige Überwachung, hatte Donatti gesagt. In den nächsten zwei Monaten achtzehn Stunden pro Tag - aber er erfuhr nie, welche. Für die Dauer des vierten Monats, in dem die Gefahr für einen Rückfall besonders hoch war, erhöhte sich der »Service« wieder auf vierundzwanzig Stunden täglich. Die folgenden acht Monate sollte er in einem unregelmäßigen Rhythmus zwölf Stunden lang am Tag beobachtet werden. Und danach? Stichprobenartige Überwachung, so lange er lebte.
So lange er lebte.
»Es kann sein, daß wir Sie in Abständen von zwei Monaten überprüfen, vielleicht aber auch in Abständen von zwei Tagen«, hatte Donatti erläutert. »Intervalle und Dauer der Stichproben sind beliebig. Das Effektive an diesem System ist, daß Sie es nicht wissen.
Wenn Sie mal rauchen, riskieren Sie viel. Sie wissen ja nicht, werde ich jetzt beobachtet, oder sieht es keiner? Holen sie meine Frau ab, oder ist schon jemand zu meinem Sohn unterwegs? Das ist doch herrlich, nicht? Und sollten Sie sich mal heimlich eine Zigarette anzünden, wird sie Ihnen nicht
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