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Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)

Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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schwarzen Qualm. Auch wenn es furchtbare Schmerzen bereitete, sich zu bewegen – sie lief und drückte dabei etwas an sich.
    Drückte etwas an sich? Sie erinnerte sich nur daran, daß es etwas Bedeutsames war – etwas, das sie in Sicherheit bringen mußte.
    Sie war gefallen. Noch im Sturz glaubte sie, die Welt das letzte Mal zu sehen. Sie spürte nicht einmal den Schmerz des Aufpralls auf dem harten Boden. Vergessen umhüllte sie und bewahrte sie vor dem Schmerz und der Erinnerung.
    »Herr Doktor! Ihre Pulsfrequenz ist plötzlich stark angestiegen.«
    »Na gut, dann wollen wir sie ein wenig ruhig stellen. Mrs. Rutledge«, sagte der Arzt im Befehlston, »so beruhigen Sie sich doch. Es ist alles in Ordnung. Kein Grund zur Sorge.«
    »Dr. Martin, Mr. Rutledge ist angekommen.«
    »Sorgen Sie dafür, daß er draußen bleibt, bis wir ihren Zustand stabilisiert haben.«
    »Was ist los?« Die neu hinzugekommene Stimme schien wie aus großer Entfernung zu kommen, hatte aber doch einen sicheren und bestimmten Klang.
    »Mr. Rutledge, bitte geben Sie uns noch ein paar –«
    »Carole?«
    Plötzlich spürte sie ihn. Er war sehr nah, beugte sich über sie, sprach mit weicher, beruhigender Stimme zu ihr. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, du kommst schon wieder in Ordnung. Ich weiß, daß du Angst hast und verwirrt bist, aber es wird alles wieder gut. Auch bei Mandy, Gott sei Dank. Sie hat nur ein paar Knochenbrüche und oberflächliche Verbrennungen an den Armen. Mama bleibt bei ihr im Krankenhauszimmer. Aber sie wird sich bald erholen. Hörst du mich, Carole? Du und Mandy, ihr habt überlebt, und das ist im Moment das einzig Wichtige.«
    Direkt hinter seinem Kopf war eine grelle Neonlampe, darum blieb sein Gesicht undeutlich, aber sie konnte genug von seinen kräftigen Zügen erkennen, um sich in etwa eine Vorstellung davon zu machen, wie er aussah. Sie klammerte sich an jedes seiner
Trostworte. Und weil er so voller Überzeugung sprach, glaubte sie ihm.
    Sie griff nach seiner Hand – oder versuchte es wenigstens. Er mußte ihr stummes Flehen nach einer menschlichen Berührung gespürt haben, denn er legte seine Hand leicht auf ihre Schulter.
    Ihre Angst schwand unter seiner Berührung, vielleicht wirkte auch nur das starke Beruhigungsmittel, das in ihren IV-Schlauch gespritzt worden war. Sie ließ es zu, daß die Ruhe sie überkam, weil sie sich neben diesem Fremden irgendwie sicherer fühlte.
    »Sie döst. Sie sollten jetzt wieder gehen, Mr. Rutledge.«
    »Ich bleibe.«
    Sie schloß das eine Auge, und sein undeutliches Bild verschwand. Das Medikament lullte sie ein, schaukelte sie wie ein Boot in den sicheren Hafen der Sorglosigkeit.
    Wer ist Mandy? fragte sie sich.
    Sollte sie diesen Mann kennen, der sie mit Carole ansprach?
    Warum sagten immer alle Mrs. Rutledge zu ihr?
    Glaubten die etwa, sie wäre mit ihm verheiratet?
    Das stimmte natürlich nicht.
    Sie kannte ihn nicht einmal.
     
    Er war da, als sie wieder aufwachte. Sie wußte nicht, ob seitdem Minuten, Stunden oder Tage vergangen waren. Da die Tageszeit in einer Intensivstation keine Rolle spielte, wuchs ihre Verwirrung noch weiter.
    In dem Augenblick, als sie das eine Auge öffnete, beugte er sich über sie und sagte »Hallo«.
    Es war wirklich nervenaufreibend, daß sie ihn nicht klar erkennen konnte. Aber es war unmöglich, mehr als nur ein Auge zu öffnen. Erst jetzt wurde ihr langsam bewußt, daß ihr ganzer Kopf bandagiert war, darum konnte sie ihn auch nicht bewegen. Wie der Arzt schon angekündigt hatte, konnte sie nicht sprechen, der untere Teil ihres Gesichts schien wie versteinert.
    »Verstehst du mich, Carole? Weißt du, wo du bist? Blinzle, wenn du mich verstehst.«
    Sie blinzelte.
    Er machte eine Handbewegung. Sie nahm an, er strich sich
übers Haar, war aber nicht sicher. »Gut«, sagte er und seufzte. »Man hat mir gesagt, daß ich dich nicht beunruhigen soll, aber wie ich dich kenne, willst du alles genau wissen. Habe ich recht?«
    Sie blinzelte.
    »Erinnerst du dich daran, wie du an Bord des Flugzeugs gegangen bist? Das war vorgestern. Du wolltest ein paar Tage mit Mandy nach Dallas zum Einkaufen gehen. Erinnerst du dich an den Absturz?«
    Sie versuchte verzweifelt, ihm irgendwie mitzuteilen, daß sie nicht Carole war und nicht wußte, wer Mandy war, aber sie blinzelte als Antwort auf die Frage, ob sie sich an den Absturz erinnere.
    »Insgesamt haben nur vierzehn Passagiere überlebt.«
    Sie wußte nicht, daß Tränen aus ihrem Auge

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