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Truthahn um zwölf

Truthahn um zwölf

Titel: Truthahn um zwölf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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zumindest nicht die Frauen. Sie gab
sich sehr überlegen und war eine jener tüchtigen, immer aufrichtigen Frauen,
die gerne ihre Meinung sagen und auch genug Geld haben, sich das leisten zu
können. Sie war überzeugt, auf alles die richtige Antwort zu wissen, und was
das Schlimmste war, sie wußte sie meistens auch. Sie war klug und verstand viel
von der englischen Landwirtschaft, und nichts hielt sie zurück, mit den Männern
sachkundig über künstliche Befruchtung zu diskutieren. Sie verstand mehr von
Gartenbau und Kochen als ich, und wenn sie vielleicht nicht ganz so gut reiten
konnte wie Larry oder autofahren wie Anne, so glaubte
sie wenigstens, es besser zu können. Kurz gesagt, eine jener furchtbar
tüchtigen Frauen, die von den Männern bewundert und den Frauen als Vorbild
hingestellt werden, und gegen die diese Frauen eine natürliche Abneigung hegen.
    Sie hatte ein Pferdegesicht,
lang und mit großen Zähnen, aber ein hübsches, eine gute Figur und glattes,
immer perfekt sitzendes schwarzes Haar. Sie war Anfang dreißig und sagte gerne,
daß sie die Männer eigentlich besser verstünde als die Frauen. Sie gab sich
keine Mühe, zu verbergen, daß ihr unsere Männer leid taten, weil sie sich
besser hätten verheiraten können. Eine dieser nicht mehr ganz jungen Jungfern,
die immer auf der Seite der Männer stehen.
    Als wir uns das erste Mal
trafen, fragte sie mich gönnerhaft: »Ihr zwei Mädchen habt Männer geheiratet,
die zusammen im Krieg waren, nicht wahr? Und die kleine Anne hat den dritten im
Bunde geheiratet. Was für ein Glück, daß ihr euch so gut vertragt.«
    Ich sagte: »Ja, das wäre auch
nicht sehr lustig geworden, wenn wir uns nicht vertragen hätten.«
    »Natürlich ist Ihre Freundin
Larry sehr hübsch, aber...« (Die Pause bedeutete: »Aber armer Sam«.) »Und Anne
ist ein nettes kleines Ding.«
    Ich verlor beinahe die
Beherrschung und sagte: »Sie sind beide einiges mehr als das.«
    Sie lächelte auf eine Art, die
einen auf die Palme bringen konnte. »Ihr bewundert einander ja überhaupt
nicht.«
    Ich mußte zugeben, daß daran
etwas war. Und gerade das ärgerte mich. Sicher waren wir eine sehr enge Gemeinschaft,
zuerst nur Anne und Tim, Larry und Sam, Paul und ich. Dazu waren mit der Zeit
noch Miss Adams gekommen, unser liebes »Tantchen«, der der Supermarkt hier am
Ort gehörte, der Colonel und sein Neffe Julian, der unsere Freundin Alison
Anstruther geheiratet hatte. Vielleicht wurden wir tatsächlich langsam recht
selbstgefällig und benahmen uns Neuankömmlingen gegenüber wie eine
traditionsbewußte Urbevölkerung.
    Also so führte sich Ursula bei
mir ein. Sie hatte Larry schon bis zur Weißglut gereizt, und sicherlich würde
sie es mit Anne genauso machen. Da aber Ursula der Gast ihres Vaters war, übte
Anne Nachsicht.
    Ich sagte: »Wir sollten lieber
hinausgehen, Larry, und Mangold holen. Wie satt man ihn doch hat im Frühling,
wenn es nichts anderes gibt.... Ich bin gespannt, wann Tony hier sein wird.
Weißt du noch, wie wir Bohnen gepflückt haben, und sie mit dem Lieferwagen vom
Supermarkt aufgetaucht ist?«
    Larry sagte unfreundlich:
»Jetzt werd nicht sentimental, Susan. Du kannst unmöglich für Bohnen tiefere
Gefühle hegen. Und noch viel weniger für Mangold. Wenn du nicht aufpaßt,
schnappst du wegen Tony noch über.«
    Ich wußte, daß sie recht hatte,
und daß ich dauernd Gefahr lief, Tony zu bevormunden. Komisch, denn ich benahm
mich   mit meinen beiden eigenen Kindern
relativ vernünftig. Das Schlimmste war, daß Tony vom ersten Tag an, als sie bei
uns erschien und so heruntergekommen und jämmerlich aussah, sich so sehr nach
Liebe zu sehnen schien.
    Sie war ihrer Mutter in
Australien weggelaufen, Pauls intellektueller und überlegener Schwester
Claudia, und deren zweitem Mann. Weder Paul noch ich machten ihr deshalb
Vorwürfe. Claudia war eine schwierige Frau und liebte ihre Tochter eigentlich
nicht. Und der Professor, der nun ihr Stiefvater war, machte kein Hehl daraus,
daß das Mädchen ihn langweilte.
    Tonys richtiger Vater, Alastair
Smale, mochte sie sehr gerne und war jetzt, da sie herangewachsen war, sehr
stolz auf sie — aber in einer seltsam distanzierten Weise. Er war ein
erfolgreicher Geschäftsmann und kam regelmäßig nach Neuseeland. Dann nahm er
Tony für eine Woche mit in teure Hotels, elegante Restaurants und führte sie großartig aus. Nach
diesen Ausflügen hatte sie sich immer gefreut, zur Farm zurückzukommen, zu
ihrem Pferd Babette, zu Paul

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