TS 05: Die galaktische Föderation
muß Ihnen gestehen, daß sich bei uns in letzter Zeit einige Schwierigkeiten ergeben haben. Bisher unterließ ich es, Sie davon zu unterrichten, da es Ihre Arbeit kaum betrifft und Sie nur unnötig beunruhigt hätte. Wie Sie wissen, haben die Alphaten vom ersten Tag der gelungenen Invasion an dem Reservat Amerika wöchentlich einen Transport konzentrierter Lebensmittel und Vitamine zur Verfügung gestellt, um unsere isolierte Lage zu erleichtern. Der letzte Transport war vor zwei Wochen fällig – er kam niemals an. Seit zwei Wochen also sind wir auf uns selbst angewiesen. Scheinbar haben die Alphaten ab sofort diese Hilfeleistung eingestellt. Was das bedeutet, werden Sie ermessen können.“
Harrel, der bisher geschwiegen hatte, beugte sich vor:
„Ist der Rest der Menschheit nicht in der Lage, sich selbst zu ernähren?“
Mayers wiegte den Kopf hin und her.
„In gewissem Sinne schon, aber das hieße, sich noch mehr einschränken und fast auf die Stufe der Kannibalen zurücksinken. Damit will ich nicht sagen, daß wir solche werden, aber immerhin kämen wir nicht umhin, auch das geringste Quantum an Materie für uns auszunutzen – und der Mensch, selbst wenn er gestorben ist, besteht noch aus Materie.“
Harrel wurde bleich.
„Was soll das heißen?“
„Um die Lebenden am Leben zu erhalten, müssen die Toten ihre Energie abgeben, das wollte ich damit sagen. Es gibt Umwandler, die das für uns besorgen. Dem Endprodukt sieht man nicht mehr an, woraus es entstand. Es fällt mir nicht leicht, Ihnen diese Mitteilung zu machen. Allerdings ergeben sich daraus für Ihr Vorhaben keine weiteren Konsequenzen. Ich wollte Ihnen damit nur sagen, daß die Alphaten ihre Politik scheinbar zu ändern beabsichtigen. – Was ich wissen möchte, ist: Warum? Sie haben es nicht einmal für nötig befunden, uns von ihrem Entschluß in Kenntnis zu setzen. Alle Anfragen verliefen ergebnislos. Sie geben keine Antwort, so, als hätten sie keine Zeit für uns.“
„Keine Zeit für uns?“ sann Anderson laut vor sich hin. „Das könnte es sein. Möglich ist aber auch, daß sie von unserem Vorhaben erfahren haben. In letzter Zeit ist zwar Ruhe, aber vor einigen Wochen erwischten wir fast in jeder zweiten Nacht einen Spion. Leider starben sie alle, ehe wir sie verhören konnten.“
Der Bürgermeister lächelte.
„Vergessen Sie nicht, meine Freunde, das Raumschiffprojekt ist nicht nur im Werk bekannt. Sie haben Mitarbeiter, die im Lande umherreisen und Einzelteile besorgen. Wenn es sich auch meist um Leute handelt, die genau wissen, daß von dem Unternehmen die Freiheit und das Leben der Menschheit abhängt, so ist es doch möglich, daß ihnen aus Unvorsichtigkeit ein Wort zuviel entschlüpft, und schon macht es die Runde und gelangt an das Ohr einer Kreatur der Alphaten – oder an das eines Alphaten selbst. Denn sie sehen aus wie wir.“
Harrel knurrte:
„Ich möchte nur wissen, warum das alles! Die Eroberer denkenlogisch. Wenn sie uns vernichten wollten, so hätten sie das schon vor 135 Jahren bei der Invasion tun können. Wollen sie uns aushungern, hätten sie uns nicht so lange gefüttert. Irgendwo ist ein Widerspruch in der ganzen Sache, und wenn ich den gefunden habe, ist mir wohler.“
„Vielleicht haben sie selbst Schwierigkeiten?“ vermutete Per.
Mayers zuckte die Schultern.
„Durchaus möglich. Aber welche?“
„Politische?“ stellte sich Harrel selbst die Frage. „Kaum! Diese Rasse lebt unter der Diktatur ihres Präsidenten Darex und seines Stellvertreters Rondo. Die beiden haben die unbedingte Macht in ihrer Hand und würden jeden Widerstand im Keim ersticken. Nein, es gibt also einen andern Grund. Eine Wirtschaftskrise? Auch das glaube ich nicht! Sie beherrschen die ganze Erde, und alle Quellen stehen ihnen offen. Sie müssen also andere Sorgen haben.“
„Ob sie ihre Heimat gefunden haben?“
Anderson fragte es mit leiser Stimme und versuchte erst gar nicht, seine Besorgnis zu verbergen. Denn wenn die Alphaten nach zehntausend Jahren den Planeten fanden, von dem sie abstammten, war es bei ihrer Mentalität durchaus möglich, daß sie vor ihrem Verlassen die Erde vernichteten – und die Menschheit mit ihr.
Mayers schien erschrocken.
„Glauben Sie wirklich, daß sie das tun würden? Wir bedeuten doch keine Gefahr für sie, oder doch?“
„Sie handeln nach Prinzipien, wie alle Diktaturen“, erklärte Harrel. „Ihrer Meinung nach sind wir Verräter, weil wir die Nachkommen von Raumfahrern sind,
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