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TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1

TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1

Titel: TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Kuttner
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Hinsicht zeichnete sich eine eigenartige Verschiebung ab.
    Eltern haben ein Plus, das ihre Kinder nicht besitzen können: Reife. Jene Reife, wie sie lange Erfahrung – und hohes Alter schaffen.
    Daher rührte die unbewußte Verschiebung. Mehr und mehr begannen sich die kurzlebigen Bewohner der Kuppeln von den Unsterblichen abhängig zu fühlen. Sie wußten mehr, und sie waren älter.
    Sollten sie sich doch um das Wohl und Wehe der Unterwasserstädte kümmern.
    Die Unsterblichen, die wußten, daß lange, leere Jahrhunderte vor ihnen lagen, trafen Vorsorge, um zu verhindern, daß diese Jahrhunderte sich ins Endlose dehnten. Sie lasen und lernten. Sie hatten viel Zeit.
    Und mit wachsendem Wissen und zunehmender Erfahrung übernahmen sie nach und nach die Verantwortung, die die Massen ihnen bereitwillig abtraten.
    Die Menschheit lebte in einer gefestigten Ordnung, aber sie lag im Sterben.
     
    *
     
    Immer wieder geriet er in Unannehmlichkeiten.
    Was er an Neuem kennenlernte, fesselte ihn. Dafür sorgte schon das Erbe der Harkers, wenn er auch Sam Reed hieß.
    Er kämpfte gegen die unsichtbaren Kerkermauern an, die ihn umschlossen. Sie zählten nach Dutzenden. Ein angeborener, durch nichts zu begründender Trotz zwang ihn, sich beständig dagegen aufzulehnen.
    Was konnte man in einer Lebensspanne von neunzig Jahren schon anfangen?
    Bei einer Gelegenheit versuchte er, eine Stellung in den großen hydroponischen Gärten zu erhalten. Seine groben Gesichtszüge, sein kahler Kopf und sein frühreifes Gebaren halfen ihm, überzeugend zu lügen, als er sein Alter nannte. Er behielt die Stelle eine Zeitlang, bis seine Neugier ihm wieder zum Verhängnis wurde. Er begann mit Züchtungen herumzuexperimentieren, und weil er keine Ahnung von Botanik hatte, verdarb er die ganze Kultur.
    Vorher hatte er jedoch in einem der Tanks eine blaue Blüte entdeckt. Sie erinnerte ihn an die Frau, die ihm beim Karneval aufgefallen war. Ihr Gewand hatte die gleiche Farbe besessen. Er erkundigte sich bei einem der Aufseher nach dem Gewächs.
    „Verdammtes Unkraut“, schimpfte der Mann. „Das Zeug ist nicht auszurotten. Nach Jahrhunderten taucht es immer noch in den Tanks auf. Wenigstens haben wir nicht viel Arbeit damit. Das Krebskraut macht uns mehr zu schaffen.“
    Er warf die Pflanze achtlos weg. Sam hob sie wieder auf und stellte später weitere Fragen. Er erfuhr, daß es sich um ein Veilchen handelte. Das niedliche, unauffällige Pflänzchen verblaßte neben den prächtigen Blumen, die in den hydroponischen Gärten wuchsen. Aber er bewahrte es auf, bis es zu Staub zerfiel, und behielt es auch später noch in Erinnerung, zusammen mit der Frau in dem blauen Gewand.
    Eines Tages lief er zur Kanadakuppel davon, die am anderen Ende der Schattensee lag. Er hatte seine Kuppel vorher noch nie verlassen und starrte mit großen Augen aus der durchsichtigen Kugel, die durch schäumende Fluten schoß.
    Sam begleitete einen Mann, den er bestochen hatte, sich für seinen Vater auszugeben. Nachdem er die Kanadakuppel erreicht hatte, sah er ihn nie wieder.
    Mit zwölf Jahren dachte er sich bereits verschiedene Methoden aus, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Aber alle waren ihm zu stumpfsinnig. Keine konnte ihn befriedigen.
    Blaze Harker hatte gewußt, was er tat, als er den hellen Verstand des Jungen in seinem verunstalteten Körper zurückließ.
    Verunstaltet war dieser Körper nur nach den gerade herrschenden Geschmacksbegriffen. Die schlanken, hochgewachsenen Unsterblichen dienten als Maßstab für Schönheit, und kleiner Wuchs, plumpe Züge und grobknochiger Körperbau in Verbindung mit Kurzlebigkeit galten als häßlich.
    Ein heftiges, unerfülltes Verlangen tobte in Sam und folterte ihn. Es entsprang einem Keim, der nicht reifen konnte, weil er für einen Unsterblichen bestimmt war und Sam offensichtlich nicht zu den Unsterblichen gehörte. Er eignete sich nicht zur Erfüllung von Aufgaben, für die er hundert oder mehr Jahre ausgebildet werden mußte.
    Daß er die rauhe Straße einschlug, war unvermeidlich. Er begegnete dem Presser und hatte seinen Lehrer gefunden.
     
    Der Presser war ein alter Mann ohne Namen, von feister Gestalt und durchtriebenem Charakter. Er hatte buschiges weißes Haar, eine verschwollene rote Nase und seine eigene Auffassung vom Leben. Er bot nie seinen Rat an, aber er gab ihn, wenn er danach gefragt wurde.
    „Die Leute legen Wert auf Unterhaltung“, setzte er dem Jungen auseinander. „Wenigstens die meisten. Man

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