TS 67: Der Held des Universums
von den Shaulanern.
Die sechs, darunter auch der eine, der den Zusammenstoß mit Murchison gehabt hatte, erschienen zu unserem Start. Sie wünschten uns ohne eine Spur von Bitterkeit Glück, und ich wunderte mich zum hundertsten Male über ihre Geduld, ihre Weisheit und ihr Verständnis.
Ich hielt Azgas rauhe Hand in der meinen und brachte endlich fertig, ihm das zu sagen, was ich schon seit unserem ersten Zusammentreffen hatte sagen wollen – wie sehr wir hofften, eines Tages auch das geistige Gleichgewicht und die innere Ruhe der Shaulaner zu erreichen. Er lächelte freundlich und sagte noch einmal Lebewohl, und dann kletterte ich in das Schiff.
Wir führten die üblichen Klarschiff-Prüfungen vor dem Start durch und machten uns dann bereit zum Abflug. Die Fernmeldeanlage funktionierte hervorragend – Murchison schien seine üblichen Klagen diesmal ganz vergessen zu haben – und wir starteten in Rekordzeit.
Ein paar Tage Flug mit Ionenantrieb, drei Wochen Hyper, ein paar Tage Bremsbeschleunigung mit Ionenmotor, und wir würden wieder auf der Erde sein.
*
Die Wochen schleppten sich natürlich langsam hin. Wenn die Erde vor einem liegt, ist das immer so. Aber nach dem unendlichen Grau des Hyperfluges kam jenes plötzliche Ziehen, und dann das Gefühl des Dahingleitens, als der Bohling-Generator uns in den Normalraum zurückwarf.
Ich drückte den Knopf meines Sprechgerätes und hörte Navigator Henrichs gerade sagen: „Murchison, die Koordinaten bitte.“
„Augenblick“, knurrte Murchison. „Sie kriegen Ihre Koordinaten, sobald ich sie habe.“
Eine kleine Weile war es still, dann fragte Kapitän Knight: „Murchison, was ist mit den Koordinaten? Warum kommen die nicht? Wo sind wir denn überhaupt? Schalten Sie doch die Bildschirme ein!“
„ Bitte, Kapitän.“ Murchisons schwere Stimme klang erstaunlich höflich. Und dann war der gute Eindruck wieder dahin. „Bitte seien Sie jetzt so freundlich und halten Sie die Klappe, damit ich nachdenken kann.“
„Murchison …“, wollte Knight aufbrausen und hielt dann inne. Das eine wußten wir alle über unseren Signaloffizier: er tat, was ihm paßte. Niemand konnte ihn zu etwas zwingen.
So warteten wir, während wir in der Nähe der Erde blind um unsere Längsachse taumelten. Solange Murchison es nicht für richtig hielt, uns die Koordinaten anzugeben, gab es keine Methode, das Schiff zu landen.
Weitere drei Minuten verstrichen. Dann flackerte das Signallämpchen für den Privatstromkreis auf, über den Knight nur zu mir sprechen konnte. „Loeb, gehen Sie in die Funkkabine hinunter und sehen Sie nach, was bei Murchison los ist“, sagte er. „Wir können nicht ewig hierbleiben.“
Ich steckte mir einen Strahler ein – ich mache ungern denselben Fehler zweimal – und verließ meine Kabine. Ich ging zum Mittelgang, bog nach links ab, ließ mich durch den Gravitationsschacht fallen und stand vor Murchisons Tür.
Ich klopfte an.
„Verschwinden Sie hier, Loeb!“ bellte Murchison von innen.
Ich hatte nicht daran gedacht, daß er eine einseitige TV-Anlage vor seiner Tür hatte. „Lassen Sie mich hinein, Murchison“, rief ich. „Lassen Sie mich hinein, oder ich zerstrahle Ihnen das Schloß.“
Ich hörte ein lautes Seufzen und dann das Klicken des Schlosses. „Dann kommen Sie meinetwegen herein.“
Ich drückte die Tür auf und schob meinen Kopf und die Mündung des Strahlers hinein, da ich schon halb damit rechnete, daß Murchison mich anspringen würde. Aber er saß an einem mit Geräten aller Art bedeckten Tisch und kritzelte Notizen. Das überraschte mich. Ich blieb stehen und wartete, daß er aufblickte.
Das tat er schließlich auch. Ich staunte, als ich sein Gesicht sah: verstört, blaß, angespannt. Ich hatte noch nie zuvor auf Murchisons Gesicht einen solchen Ausdruck gesehen.
„Was ist denn los?“ fragte ich. „Wir warten alle, daß wir weiterfliegen können …“
Er drehte sich ganz herum und sah mich an. „Sie wollen wissen, was los ist, Loeb? Nun gut, hören Sie zu: das Schiff ist blind. Keines der Geräte zeigt etwas an. Keine Entfernungsmesseranzeige, kein Bildschirm, nichts! Sie können sich ja die Koordinaten ausdenken, wenn Sie das fertigbringen.“
*
Eine halbe Stunde später fand eine kleine Besprechung im Gemeinschaftsraum statt. Murchison war dort und Knight, ich selbst, Navigator Heinrichs und drei von unseren ,Passagieren’.
„Wie ist das passiert?“ wollte Knight wissen.
Murchison zuckte
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