TS 90: Die dritte Chance
„Reden Sie, Fabian! Mann, so reden Sie doch!“
„Hat es Sinn? Haben Sie mir vorher geglaubt? Meine jetzige Geschichte ist noch ein wenig phantastischer. Der Atomkrieg brach in vier Wochen aus, ich erhielt eine dritte Chance und wurde um vier Wochen zurückversetzt. Eben fand ich mich in der Zelle wieder.
Und nun bin ich hier, aber die folgenden vier Wochen werden anders verlaufen, als sie in der Parallelzeitebene verliefen. Ich, Fabian, werde die Zeit verändern. Sie können mich nicht daran hindern, Rogers, denn mein Gedächtnis ist aufgefrischt worden. Wo ist Fellinger? Wo steckt Harrison?“
„Was wollen Sie von ihnen? Versuchen Sie keinen Unsinn, Fabian. Das würde Ihre Situation nur verschlimmern. Noch sind Sie kein Verbrecher.“
„Aber ein Verrückter, der den Krieg verhindern will – das wollten Sie doch sagen. Also – wo finde ich Fellinger? Oder besser noch: Lassen Sie ihn hierherbringen. Harrison auch.“
Rogers kam langsam aus seinem Stuhl hoch.
„Sie sind in der Tat verrückt …“
Er verstummte, denn Fabian war mit einem Satz zu ihm gesprungen und drückte ihn in den Stuhl zurück. Dabei zog er ihm geschickt den schweren Dienstrevolver aus dem Halfter. Rogers war viel zu verblüfft, um sich zur Wehr zu setzen. Vielleicht wäre er normalerweise vorsichtiger gewesen, aber eine solche Tat hatte er Fabian nie zugetraut.
„Fabian, ich warne Sie …“
Fabian trat neben die Tür und richtete die Waffe auf Rogers. Mit dem Daumen spannte er den Hahn.
„Lassen Sie Fellinger bringen, Rogers, dann passiert Ihnen nichts. Und Harrison! Beeilen Sie sich – wir haben nur vier Wochen …“
Rogers nahm den Hörer ab und drückte auf einen Knopf. Knapp und präzise gab er seine Anweisungen und hütete sich, auch nur ein Wort zuviel zu sagen. Er mochte ahnen, daß Fabian fest entschlossen war, seinen Willen durchzusetzen.
Sie warteten. Fabian stand hinter der Tür, die Waffe im Anschlag, als es klopfte. Fellinger betrat den Raum, gefolgt von Harrison. Auf einen Wink Rogers hin verschwanden die beiden Beamten, die Tür schloß sich wieder.
Fellinger war bis zum Tisch gegangen, Harrison hingegen hatte Fabian erblickt, als die Tür sich geschlossen hatte. Sein Mund öffnete sich, aber er brachte keinen Ton heraus. Verblüfft starrte er auf Fabians Hand, die den Revolver hielt.
„Sie haben Ihren Irrtum eingesehen, nehme ich an“, sagte Fellinger. „Sie werden mich freilassen?“
Rogers gab keine Antwort. Er sah an Fellinger vorbei.
„Hallo, Doktor“, sagte Fabian und trat vor. Er nickte .Harrison freundlich zu. „Mir blieb kein anderer Weg, wenn ich Sie beide wiedersehen wollte. Ich erkläre Ihnen alles später, jetzt müssen wir erst sehen, daß wir ungeschoren diesen ungastlichen Ort verlassen. Rogers wird uns begleiten. In einem Dienstwagen mit Funkeinrichtung. Nicht wahr, Rogers, Sie sind doch so freundlich?“
„Was haben Sie vor?“
„Sie werden es noch erfahren, denn Sie werden uns helfen, den Krieg zu verhindern. Vergessen Sie Ihren Ausweis und Ihre schriftlichen Vollmachten nicht. Ich weiß, daß Sie berechtigt sind, die Arsenale und ihre Bewacher zu inspizieren, außerdem konnte ich erfahren, daß die zehn Weißbergerbomben in Nevada lagern. Sie werden uns hinbringen.“
„Das werde ich nicht tun!“
„O ja, Sie werden“, versicherte Fabian. „Jetzt gleich. Geben Sie die entsprechenden Anweisungen wegen des Wagens. Unterwegs werden wir dann per Funk Verbindung mit dem Arsenal aufnehmen. Sie sind der Chef der Abwehr in unserem Staat, Rogers. Wir können uns keinen besseren Verbündeten wünschen.“
Harrison begriff vielleicht nicht ganz Fabians Motive und mochte daran denken, sein eigenes Schäfchen ins Trockene zu bringen, aber er machte mit, ohne lange zu überlegen. Eine Stunde später saßen sie in einem Dienstwagen der Geheimpolizei und verließen Carson City in südöstlicher Richtung.
*
Nachdem Fabian die Erlebnisse der vergangenen vier Wochen noch einmal eingehend geschildert hatte, sagte General Rogers:
„Glauben Sie nur nicht, mich überzeugt zu haben, aber ich mache Ihnen einen Vorschlag, Fabian. Sie behaupten, diesmal im Vollbesitz Ihrer Erinnerung zu sein, nicht wahr? Mit anderen Worten: Sie wissen, was in den folgenden Wochen geschieht. Also gut, Sie werden mir genau sagen, was morgen passiert, übermorgen und in einer Woche. Möglichst viele Einzelheiten der Politik, vielleicht auch Naturereignisse oder Geschehnisse des Sports – kurz, Dinge,
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