TS 90: Die dritte Chance
Ausgleich. Er war nämlich so gerissen, mich in der Zwischenzeit zu überlisten. Die Wachen sind bereits von ihm verständigt worden und nach hier unterwegs. Wir müssen uns beeilen, meine Herren. Was danach mit uns geschieht, ist von zweitrangiger Bedeutung.“
Sie fanden die Plattform, als drüben beim Tor die ersten Schüsse aufblitzten. Rogers drehte sich halb um sich selbst, ließ aber den Major nicht los. Schnell versanken sie in der Tiefe und landeten im eigentlichen Arsenal. Über ihnen schloß sich wieder die Decke, und sie waren in Sicherheit.
Rogers brach plötzlich zusammen, aber er hielt den Major immer noch fest.
„Nur eine Fleischwunde“, keuchte er. „Da wären wir. An die Arbeit, Fabian, Fellinger. Harrison und ich bleiben hier und verteidigen den Lift. Major, Sie sind so freundlich und stellen mir Ihre Sprechfunkanlage zur Verfügung. Wo ist sie? Drüben, der Kasten?“
Fellinger schleppte die Kiste schon auf den Gang, als Fabian den Blutfleck auf Rogers linker Brust sah. Mitten darin war ein rundes Loch, der Einschuß. Die Kugel mußte Rogers Herz ziemlich genau in der Mitte durchbohrt haben, aber Rogers sprach nur von einer Fleischwunde. Er hatte sich sogar wieder erhoben und ging schwankend zu dem Kasten mit der Sprechfunkanlage.
Mit Entsetzen bemerkte Fabian das zweite runde Loch unter dem linken Schulterblatt Rogers’.
„Sie sind tödlich getroffen, Rogers!“ rief er und eilte hinter dem General her, um ihn zu stützen. „Legen Sie sich hin, um Gottes willen!“
Aber Rogers lächelte schwach.
„Es tut nur weh, ist aber ungefährlich.“
„Ihr Herz …“
Rogers lächelte noch immer.
„Aber, ich bitte Sie, Fabian. Sie sollten doch nun wirklich wissen, auf welcher Seite das menschliche Herz sitzt.“
Fabian ließ ihn gehen. Der General erreichte den Kasten, öffnete die Klappe und nahm Verbindung mit den Wachmannschaften auf, die oben in der Vorkammer lauerten. Fabian hörte nicht, was er sprach. Seine Gedanken wirbelten durcheinander und er versuchte zu begreifen, was geschehen war.
Rogers war tödlich getroffen worden, aber er lebte noch. Hatte Rogers das Herz vielleicht auf der rechten Seite? Solche Fälle gab es, aber sie waren äußerst selten. Vielleicht konnte Harrison …?
„Verstehen Sie etwas von Medizin, Harrison?“
„Einen Verband kann ich schon anlegen, Fabian. Ich habe sogar einmal einen Mann von uns operiert, als es eilig war. Warum fragen Sie?“
„Kümmern Sie sich um Rogers“, erwiderte Fabian bloß und lief hinter Fellinger her, der sich an der schweren Kiste fast totschleppte. „Was ist, Fellinger? Wo mögen die zehn Bomben sein?“
„Dort, wette ich. Hinter der Tür. Man hat sie, das hörte ich noch in Silver Peak, in einen abgeschlossenen Raum gebracht, als man von Ihren Plänen erfuhr, sie unschädlich zu machen. Außerdem ist eine Strahlensperre angebracht worden.“
„Sperre? Was soll das?“
„Sie ist jetzt ohne Bedeutung, Fabian. Jeder Mann, der den anderen Raum betritt, wird direkt durchleuchtet. Es ist ihm somit unmöglich, auch nur den kleinsten Schraubenzieher einzuschmuggeln. Normalerweise kann man ja das Arsenal nur in Begleitung der Offiziere und Wachmannschaft betreten, wir machten eine Ausnahme. Gehen wir.“
Fabian sah durch Fellinger hindurch, erkannte dessen künstliches Gebiß, die Goldzähne, die Schlüssel in der Tasche, die Formen des Revolvers unter dem Jackett – und das pulsierende Herz …
… auf der rechten Seite!
Auch Fellingers Herz war auf der rechten Seite, wie bei Rogers!
Ein Schwindelgefühl drohte Fabian zusammenbrechen zu lassen, aber er riß sich zusammen. Fellinger setzte die Kiste ab, betrachtete mit einer seltsamen Mischung von Scheu und Bewunderung die zehn schimmernden Bomben, die in einzelnen Abteilungen voneinander abgetrennt in den Regalen ruhten und meinte:
„Noch sind sie tödlich, aber in einer halben Stunde kann man sie nur noch als Schrott verwerten. Ein winziges Teil wird fehlen, und niemand weiß, was das für ein Teil ist, denn nur Weißberger kannte seine Zusammensetzung und Bedeutung.“
„Werden Sie allein hier fertig?“
„Natürlich. Gehen Sie schon zurück und kümmern Sie sich um Rogers. Hat zwar nicht viel abgekriegt, aber unangenehm ist das immer.“
Fabian starrte ihn an.
„Nicht viel abgekriegt? Herzschuß, Fellinger! Hier!“ Er deutete auf seine linke Brust. „Genau hier hat es ihn erwischt.“
Fellinger nickte und grinste.
„Ganz richtig. Na und? Haben
Weitere Kostenlose Bücher