TS 94: Sehnsucht nach der grünen Erde
gewissenhaften Polytech-Absolventen, der sich strikt an die Vorschriften hält.
„Ein Planet, Sir. Ein Objekt von planetarischem Ausmaß, um genau zu sein. Durchmesser fünftausend Kilometer, Entfernung drei Millionen, offensichtlicher Kurs eine Kreisbahn um Sirius A.“
„Johnny“, begann ich, „wir stecken innerhalb der Umlaufbahn von Thor, also Sirius I, was bedeutet, daß er der erste Planet des Sirius’ A ist, und wie kann es da drinnen eine Welt geben? Du willst mich doch nicht etwa auf den Arm nehmen, Johnny?“
„Sie können den Teleschirm inspizieren, Sir, und meine Berechnungen kontrollieren“, erwiderte er steif.
Ich stand auf und ging ins Pilotenabteil. Richtig, mitten am Teleschirm war eine Scheibe zu sehen. Johnny hatte demnach keine Halluzinationen. Seine Berechnungen zu kontrollieren, war ein anderes Kapitel. Meine Mathe-Kenntnisse enden beim Abzählen der Münzen aus den einzelnen Spielautomaten. Aber ich war willens, seine Feststellung als solche zu akzeptieren.
„Johnny –“ Ich brüllte fast. „Wir haben einen neuen Planeten entdeckt! Nicht schlecht, was?“
„Nein, Sir, nicht schlecht“, bemerkte er in seinem üblichen sachlichen Tonfall.
Es war nicht schlecht, bei Gott, aber alles andere als weltbewegend. Ich meine, es ist noch nicht lange her, daß das Sirius-System kolonisiert wurde, und so kam es nicht allzu überraschend, daß man einen kleinen Fünftausender-Planeten übersehen hatte. – Besonders, wo die Umlaufbahnen von Thor und Freyja weitausholend sind. In einer solchen Entfernung wären die beiden Planeten kälter noch als Pluto, besäße der Hundsstern nicht die sechsundzwanzigfache Intensität von Sol.
Für Ma und Ellen war zu wenig Platz, um mit uns ins Pilotenabteil zu kommen, aber sie blickten durch den Eingang, und so rückte ich zur Seite, damit sie die Scheibe auf dem Teleschirm sehen konnten.
„Wie lange dauert es, bis wir dort sind, Johnny?“ wollte Ma wissen.
„Bei diesem Kurs haben wir in einer Stunde den größten Annäherungspunkt erreicht, Mrs. Skuller“, erwiderte er. „Wir kommen bis auf eine Entfernung von einer halben Million Kilometer an ihn heran.“
„Oh, tun wir das?“ wunderte ich mich.
„Außer, Sir, Sie halten es für ratsam, den Kurs zu ändern und etwas mehr Abstand zu nehmen.“
„Johnny“, entgegnete ich. „wir werden weniger Abstand nehmen. Ich wollte schon immer einen neuen Planeten ganz für mich allein haben. Wir werden auf ihm landen.“
Er sagte: „Jawohl, Sir“, salutierte – zackig wie immer, aber sein Blick schien Mißfallen auszudrücken. Oh, gewiß, dazu hätte er auch allen Grund gehabt, wäre ein solcher vorhanden gewesen! Man weiß nie, in welche Sache man hineinschlittert, wenn man hier draußen jungfräuliches Gebiet betritt. Eine Ladung Zeltplanen und Spielautomaten ist nicht gerade die passende Ausrüstung für einen Erkundungsgang – stimmt doch, oder nicht?
Aber der „perfekte Pilot“ stellt eben nie die Befehle eines Schiffers in Frage.
Johnny setzte sich hin und begann auf den Tasten des Kalkulators herumzuhämmern, und wir verschwanden, um ihn nicht dabei zu stören.
„Ma“, sagte ich. „ich bin ein schöner Idiot!“
„Du wärest einer, wenn du keiner wärst“, gab sie zurück. Ich grinste, als mir klar wurde, was sie meinte, und blickte auf Ellen.
Aber sie sah mich nicht an. Sie hatte wieder diesen verträumten Ausdruck in den Augen. Ich verspürte gute Lust, ins Pilotenabteil zu gehen und Johnny mal zart anzurempeln, um zu sehen, ob er dann aufwachte.
„Hör’ mal, Kindchen“, sagte ich, „dieser Johnny …“
Aber etwas brannte an meiner einen Gesichtshälfte, und ich wußte, es war Ma, die mich anblickte – also hielt ich den Mund.
Ich holte mir ein Paket Karten und spielte Solitaire, bis wir landeten.
*
Johnny kam aus seinem Abteil heraus. Und salutierte.
„Gelandet, Sir. Atmosphäre Eins-Sechzehn laut Meßgerät.“
„Und was“, fragte Ellen, „heißt das zu Deutsch?“
„Sie ist atembar, Miss Skuller. Ein bißchen viel Stickstoff und ein bißchen wenig Sauerstoff, verglichen mit der irdischen Luft, aber nichtsdestoweniger atembar.“
Da war er ein Original, dieser junge Mann, wahrhaftig, wenn es hieß, präzise Angaben zu machen.
„Worauf warten wir dann noch?“ wollte ich wissen.
„Auf Ihre Befehle, Sir.“
„Bah! Zum Teufel mit meinen Befehlen, Johnny, öffnen wir die Schleuse, und los geht’s.“
Er salutierte und öffnete die
Weitere Kostenlose Bücher