Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt

TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt

Titel: TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. Sprague de Camp
Vom Netzwerk:
knurrenden, brüllenden Männern, die zu dicht beieinander standen, um ihre Waffen einsetzen zu können.
    Die Bogenschützen schossen und schossen. Pfeile prallten von Helmen ab und blieben zitternd in den großen Holzschilden stecken. Männer, die getroffen waren, konnten weder fallen noch sich zurückziehen.
     
    *
     
    Als die Sonne unterging, zog sich die Armee des Blutigen Johannes ins Tal hinunter zurück, um dort ihre Zelte aufzuschlagen und Abendessen zu kochen. Padways Goten taten das gleiche. Der Geruch der Lagerfeuer erfüllte das Tal.
    Padway, der seinen Gegner nicht unterschätzte, stellte zahlreiche Posten auf. Er hatte damit auch recht, denn eine Stunde vor der Morgendämmerung sickerte die Meldung zu ihm durch, daß der Blutige Johannes zwei Gruppen anatolischer Bogenschützen zu Fuß zu beiden Seiten der Goten über die Berge schickte. Padway erkannte, daß seine Position bald unhaltbar sein würde. So jagte er seine murrenden Goten aus den Decken und marschierte auf Benevento zu.
    Als die Sonne am Himmel stand und er seine Leute sehen konnte, begann er sich ernsthafte Sorgen um ihre Moral zu machen. Sie murrten und machten einen völlig entmutigten Eindruck. Sie hatten keinen Sinn für strategische Rückzüge. Padway fragte sich, wie lange es noch dauern würde, bis sie wirklich anfangen würden, davonzulaufen.
    Bei Benevento gab es nur eine Brücke über den Sabbato, einen ziemlich reißenden Fluß. Padway glaubte, diese Brücke eine Zeitlang halten zu können und daß Johannes dann gezwungen sein würde, ihn anzugreifen, weil der kaiserliche General seinen Proviant verloren hatte und die Bauern ihm feindlich gesinnt waren.
    Als sie aus der Ebene herauskamen, erwartete Padway eine furchtbare Überraschung. Ein Schwarm seiner Bauernrekruten überquerte die Brücke und kam ihm entgegen. Ein paar Tausend waren bereits auf der anderen Seite des Flusses. Er mußte seine eigene Streitmacht schnell über die Brücke bringen, und er wußte, was geschehen würde, wenn dieser Engpaß von Truppen verstopft wurde.
    Gudareths ritt auf ihn zu.
    „Ich habe getan, wie mir befohlen war!“ schrie er. „Ich habe versucht, sie aufzuhalten. Aber die bilden sich ein, allein mit den Griechen fertig zu werden, und jetzt sind sie nicht mehr zu halten. Ich habe ja gleich gesagt, daß sie nichts taugen!“
    Padway sah sich um. Die Kaiserlichen waren jetzt schon deutlich zu sehen und begannen auszuschwärmen. Das sah wie das Ende seiner Karriere im 6. Jahrhundert aus.
    Die italischen Sklaven hatten inzwischen gesehen, wie die gotische Kavallerie herangaloppierte, dicht gefolgt von den Kaiserlichen. Für ihre Begriffe war es klar, daß die Schlacht verloren war. Und plötzlich sah man, daß sie ihre Richtung änderten. Bald war die ganze Straße von flüchtenden Männern voll. Jene, die die Brücke überschritten hatten, machten kehrt und verstopften die Brücke.
    Padway rief Gudareths mit sich überschlagender Stimme zu:
    „Zurück über den Fluß! Schickt Berittene auf die Straßen, um die Flüchtlinge aufzuhalten. Ich versuche, die Griechen hier aufzuhalten.“
    Er ließ den Großteil seiner Truppen vom Pferd steigen. Dann stellte er die jetzt zu Fuß kämpfenden Lanzenreiter in Sechserreihen im Halbkreis um den Brückenkopf auf. Am Flußufer entlang postierte er seine Bogenschützen und dahinter den Rest der Lanzenreiter zu Pferde. Vielleicht gelang es ihm damit, den Blutigen Johannes aufzuhalten. Die Kaiserlichen standen vielleicht zehn Minuten. Darin galoppierte eine Schwadron Lombarden und Gepiden geradewegs auf die Reihen der Verteidiger zu.
    Immer näher rückten die Kaiserlichen heran. Man konnte sich einfach nicht vorstellen, daß diesem Ansturm irgend etwas Widerstand leisten sollte. Und dann pfiffen die Bogensehnen. Hier bäumte sich ein Pferd auf, da fiel ein Mann zu Boden. Der Angriff wurde langsamer. Aber immer näher rückte der Feind. Und dann hatte er die Speerreihe erreicht. Padway sah die zusammengepreßten Lippen und weißen Gesichter seiner Speerträger. Wenn sie standhielten – ja, sie hielten stand. Die Pferde der Kaiserlichen bäumten sich auf, wieherten, als die Lanzen sie stachen. Einige von ihnen hielten so plötzlich an, daß ihre Reiter aus dem Sattel geschleudert wurden. Und dann stürmte die ganze Masse nach rechts und links davon, zurück zur Hauptstreitmacht der Griechen.
    Padway atmete auf. Er hatte beinahe eine Minute den Atem angehalten. Immer wieder hatte er seinen Männern

Weitere Kostenlose Bücher