Tuch und Tod (Ein Berringer-Krimi) (German Edition)
gegen ein Jagdgewehr mit Zielfernrohr.“
„ Richtig, aber ein Bodyguard wohl auch nicht. Und um ehrlich zu sein, habe ich kein Lust, weiter mit Ihnen zu plaudern. Tun Sie, wofür mein Mann Sie bezahlt, und finden Sie den Kerl, der auf ihn geschossen hat!“
„ Niemand weiß bisher, ob es sich um einen Kerl handelt“, sagte Berringer.
Ihre Blicke begegneten sich. Zwei volle Sekunden lang sagte niemand ein Wort. Ein stummes Duell.
Was macht sie so nervös und angriffslustig?, fragte sich Berringer. Sie wirkte auf ihn wie ein in die Enge getriebenes Tier. Dabei hatte er sie noch nicht einmal beschuldigt oder wirklich in Bedrängnis gebracht.
Er entschloss, das nachzuholen, indem er fragte: „Wo waren Sie an dem Sonntag, als auf Ihren Mann geschossen wurde?“
„ Als sein Pferd erschossen wurde!“, korrigierte sie. „Seine Laura. Er hat das zottelige Ding mehr geliebt als alles andere.“
Mehr geliebt als Sie?, lag Berringer auf der Zunge, aber er konnte es gerade noch runterschlucken.
„ Ich war spazieren“, antwortete sie auf seine Frage.
„ Wo?“
„ Am Elfrather See. Das ist nicht weit von hier.“
„ Gibt es Zeugen?“
„ Wo denken Sie hin? Um diese Jahreszeit liegt da noch kein Segelboot und surfen macht bei der Kälte auch keinen Spaß. Vielleicht war ein Angler dort, aber ich habe nicht darauf geachtet. Was soll das eigentlich? Wieso fragen Sie mich das? Wollen Sie mich etwa verdächtigen?“
„ Im Gegenteil“, antwortete Berringer spitzfindig, „ich versuche, Sie als Verdächtige auszuschließen.“
„ Das können Sie leichter haben, indem Sie sich mal bei der Polizei erkundigen – falls die jemandem wie Ihnen überhaupt Auskunft erteilt.“
„ So?“
„ Wir haben insgesamt vier Jagdwaffen im Haus, und die sind von der Polizei mitgenommen worden. Mit keiner dieser Waffen ist geschossen worden, das steht inzwischen fest.“ Sie griff in ihre Handtasche und holte ihr Handy hervor. „So, Herr Berringer. Und jetzt sagen Sie mir bitte ins Gesicht, das ich auf meinen Mann geschossen haben soll! Aber dann sollten Sie ihm das auch gleich sagen. Ob er Sie dann allerdings weiterbeschäftigt, halte ich für fraglich!“
Sie klickte bereits in dem elektronischen Nummernverzeichnis ihres Mobiltelefons herum.
„ Bevor Sie Ihren Mann anrufen“, schlug Berringer vor, „sollten wir uns vielleicht noch über Frank Severin unterhalten.“
Sie schaute auf, starrte ihn an. Dann klappte sie das Handy wieder zu und steckte es weg. Offenbar hatten Berringers Worte ihr Bedürfnis, umgehend mit ihrem Mann zu sprechen, schlagartig gedämpft.
Ihre Augen wurden schmal. „Frank ist ein guter Freund der Familie“, behauptete sie, „und außerdem ein wichtiger Mitarbeiter, der …“
„ Den Sie duzen und mit dem Vornamen anreden“, unterbrach er sie, „während Ihr Mann ständig von Severin oder Herrn Severin spricht.“
„ Wissen Sie was? Lassen Sie mich einfach in Ruhe! Guten Tag, Herr Berringer.“
Mit diesen Worten ließ sie ihn stehen, ging die Treppe hinauf und verschwand im Haus. Berringer sah ihr nachdenklich hinterher.
Hatte er da einen Nerv getroffen?
Kapitel
Eine Leiche im Elfrather See
Berringer setzte sich in den Wagen und fuhr los. Diesmal dachte er daran, sein Handy mit der Freisprechanlage zu verbinden, sodass er ganz legal telefonieren konnte und nicht ständig Gefahr lief, von einer Polizeistreife angehalten zu werden, die ihm eine kostenpflichtige Verwarnung aufbrummte.
Sofort nachdem er das Grundstück der Geraths verlassen hatte, fuhr ihm doch auch tatsächlich eine Polizeistreife im Schleichtempo entgegen.
Es waren zwei Beamte. Ein Mann und eine Frau. Die Frau saß am Steuer und signalisierte Berringer zu halten.
Auch das noch, dachte der Detektiv. Dein Freund und Helfer hält dich auf, wenn du es am eiligsten hast!
Wahrscheinlich war das eine der Streifen, die für Geraths Sicherheit zu sorgen hatten.
Schön, dass die ihren Job so ernst nahmen, auch wenn der Betroffene gar nicht zu Hause war, dachte Berringer. Aber die hatten wahrscheinlich gar nicht gemerkt, dass Gerath weggefahren war – und wenn er entführt worden wäre, hätte das wohl auch kaum Aufsehen erregt.
Der Mann stieg aus, setzte sich sehr sorgfältig die Mütze auf und trat dann an Berringers inzwischen heruntergelassene Fensterscheibe.
„ Fahren Sie bitte an den Rand und stellen Sie den Motor ab.“
„ Wenn Sie wünschen.“
Berringer leistete den Anweisungen des Beamten Folge
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