Tuch und Tod (Ein Berringer-Krimi) (German Edition)
stellte es ab und sagte: „Wir werden eine Erbengemeinschaft bilden. Ich schätze, Till und Maja werden die Auszahlung ihres Teils verlangen, was nicht so ganz einfach werden wird.“
„ Und Ihre Mutter?“
Andreas Gerath nickte dem Wirt zu und deutete auf sein leeres Glas, während er sagte: „Das kann ich nicht einschätzen.“
„ Aber abgesehen von Ihnen gibt es niemanden in der Familie, der sich für das Geschäft interessiert und in der Lage wäre, das Unternehmen zu leiten.“
Andreas atmete tief durch. „Das ist korrekt.“
Er mustere Berringer argwöhnisch, sodass dieser sich genötigt sah zu erklären: „Ich versuche nur zu erfassen, wer alles vom Tod Ihres Vaters vielleicht profitiert. Severin starb durch einen Schlag, wie er bei verschiedenen Kampfsportarten geübt wird. Ihre Mutter und Ihr Bruder Till trainieren Aikido.“
„ Und das macht sie gleich zu Mördern?“
Berringer schüttelte den Kopf. „Ich zähle nur die Fakten auf. Den Schluss haben Sie gezogen. Jedenfalls passt die Beschreibung des Mannes, der als Letzter aus der Herrentoilette kam, auf Ihren Bruder!“
Andreas riss die Augen weit auf. „Ist das Ihr Ernst?“
Berringer zuckte mit den Schultern. „Zumindest sollte man ihn mal fragen, wo er heute während des Abends war.“ Er nahm einen Schluck von seinem Wasser.
„ Dann kommen Sie! Wir statten ihm jetzt noch einen Besuch ab! Ich will das wissen!“
„ Aber versprühen Sie nicht zu viel Gift“, mahnte Berringer.
„ Was geht Sie das an?“, brauste Andreas Gerath auf. „Mein Bruder und ich haben uns noch nie verstanden. Erst war ich in seinen Augen der Streber und Papis Liebling. Und als Papa mich dann fallen ließ, da war ihm das ein innerer Vorbeimarsch.“
„ Aber wenn Sie eine Erbengemeinschaft bilden, werden Sie sich mit ihm einigen müssen.“
Der junge Mann erhob sich und kramte seine Brieftasche hervor, um zu bezahlen. Dass der Wirt gerade ein neues alt vor ihm auf den Tresen stellte, ignorierte er. „Wir fahren jetzt zu meinem Bruder“, bestimmte er.
„ Ein bisschen spät, oder?“
„ Kann Ihnen doch gleichgültig sein, Sie fahren doch sowieso nach Düsseldorf zurück, oder?“
„ Da ist natürlich wahr.“
„ Ich bin mit dem Wagen meines Vaters hier. Den würde ich gern erst wieder zurückbringen, sonst sagt man mir hinterher nach, ich wollte mir irgendwas unter den Nagel reißen.“
„ Wie Sie wollen.“
„ Anschließend würde ich gern mit Ihnen mitfahren.“
„ Sie haben derzeit keinen Wagen?“
„ Ich habe nichts mehr. Aber keine Sorge, Sie kriegen Ihr Geld schon. Das Erbe ist ja groß genug.“
„ Darauf wollte ich nicht hinaus.“
„ So? Komisch, klang aber so.“
„ Wenn wir bei Ihrem Bruder in Düsseldorf ankommen, wird es nach Mitternacht sein.“
„ Da steht Till doch gerade erst auf, um seine eigenwilligen Schmierereien auf die Leinwand zu klecksen.“
Berringer saß noch immer auf dem Hocker, während Andreas aufbruchbereit neben ihm stand, und sagte: „Das klingt ja richtig nach Geschwisterliebe.“
„ Er ist der Ältere und hatte die besten Möglichkeiten, für unseren Vater den Thronerben und Vasallen zu mimen. Was kann ich dafür, dass er seine Chance nicht genutzt hat?“
„ Haben Sie Ihre denn genutzt?“
Er schwieg. Schließlich ließ er sich wieder auf dem Hocker nieder und nahm das frische Bier in die Hand.
„ Wenn Sie noch fahren wollen, sollten Sie nicht so viel trinken“, mahnte Berringer.
Andreas Gerath ignorierte ihn, trank das Glas auf einem Zug leer und sagte dann mit leiser Stimme: „Ich war das Schwächste von all seinen Kindern. Ich hab das schlechteste Abi gemacht und war am häufigsten krank. Und trotzdem bin ich der Einzige, der überhaupt versucht hat, in die übergroßen Stiefel zu steigen, die man für uns hingestellt hatte.“
„ Und das Sie dann gestolpert sind, lag an den Stiefeln, nicht an Ihnen“, kommentierte Berringer.
Andreas Gerath wandte sich ihm zu und zischte aufgebracht: „Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum ich Ihnen das alles erzähle.“
„ So ist das eben.“
„ Was?“
„ Manche Dinge muss man sich halt von der Seele reden.“
Andreas Gerath drehte den Kopf, schaute vor sich auf das leere Glas und murmelte: „Schon möglich.“
„ Das Dumme ist nur, dass es kaum jemanden gibt, der sich das anhören will, ohne dass er dafür bezahlt wird. Glauben Sie mir, ich weiß sehr gut, wovon ich spreche. Einmal die Woche gönne auch ich mir das
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