Twin Souls - Die Rebellin: Band 2 (German Edition)
machte seine Stimme rau.
Der Schutt und der viele Rauch verhinderten, dass man mehr als ein paar Meter weit sehen konnte.
» Hab sie! « , drang eine Stimme durch die Trümmer. Aber es war nicht Ryans.
Dr. Lyanne trat aus dem Rauch wie eine Erscheinung. Ein Geist in einem ausgestellten Rock und unvernünftig hohen Schuhen, die Haare streng aus dem Gesicht frisiert. Wir waren wie geblendet und starrten sie einfach nur an, während sie auf uns zukam und mit der Handtasche, die von ihrer Schulter baumelte, einen so normalen Anblick bot.
Sie hielt kurz inne, als sie Jenson sah, dann kniete sie sich vor Addie und mich hin. Ich versuchte, etwas zu sagen, musste aber wieder husten. Wir spürten, wie ihre Hand unter unser T-Shirt glitt und behutsam unsere Rippen abtastete. Der Schmerz ließ mich geräuschvoll ausatmen.
» Mein Knöchel « , schaffte ich hervorzustoßen.
Sie ging dazu über, unsere Beine zu untersuchen. » Welcher? «
» Der … der rechte. Nicht! « Ich keuchte auf, als sie ihn berührte. Sie griff in ihre Handtasche und zog einen kleinen Erste-Hilfe-Koffer daraus hervor, ehe sie uns vorsichtig Schuh und Strumpf auszog. Unser Knöchel hatte bereits begonnen anzuschwellen.
Jenson sprach, den Blick auf Dr. Lyanne gerichtet, die in dem Köfferchen nach einer Schere und Bandagen suchte. » Warum haben Sie es getan? Den Jungen gestohlen? Alles verraten, auf das Sie je hingearbeitet haben? «
» Kannst du deine Zehen bewegen? « , fragte Dr. Lyanne mich. » Den Fuß strecken? «
Ich versuchte es und schaffte es tatsächlich, mit ein paar Zehen zu wackeln. Den Fuß zu strecken war schwerer. » Ist er gebrochen? «
» Schwer zu sagen « , sagte sie. » Mit deinem anderen Bein ist alles in Ordnung? «
» I-ich glaube schon. «
Sie nickte, und ich bemühte mich, stillzuhalten, während sie unseren Knöchel verband. Alles tat weh. Dr. Lyanne hatte einige Tablettenschachteln in ihrem Koffer, neben ein paar kleinen, abgepackten Spritzen. Ich war im Begriff, sie zu fragen, ob irgendetwas davon Schmerzmittel waren, als sie nach unserer Hand griff. » Komm, ich helfe dir aufzustehen. Guck mal, ob du den Fuß belasten kannst. Der Wachmann vom Eingang hat schon die Polizei gerufen. Hier wird es bald von Beamten nur so wimmeln. «
Ryan stürzte herbei, bevor eine von uns einen Schritt machen konnte. Jackson war direkt hinter ihm. Beide starrten mich an, dann Jenson, dann wieder mich.
» Gott, Eva « , stieß Ryan hervor. Er schien unfähig, mehr als das herauszubringen. Im nächsten Moment war er an unserer Seite und streckte zögerlich die Hand aus, um unser Gesicht zu berühren.
Dr. Lyanne erhob sich von den Knien zurück auf die Füße. » Sie wird wieder ganz gesund werden. Hilf mir, sie hinzustellen. «
Es waren mehrere Versuche nötig, aber mit Jacksons und Ryans Hilfe gelang es mir, aufzustehen und auf meinem guten Bein zu balancieren. Unser Körper fühlte sich so schwer an, vor allem unser Kopf. Ich hatte das Gefühl, wir müssten uns vielleicht übergeben.
Erst jetzt drehte Dr. Lyanne sich zu Jenson um. Die beiden musterten sich.
» Ihr zwei helft ihr hier raus « , sagte Dr. Lyanne zu Ryan und Jackson. » Nehmt den Weg, auf dem wir hier reingekommen sind. Passt auf, dass der Wachmann euch nicht erwischt. « Sie drückte uns eine Packung Schmerztabletten in die Hand. » Nimm die hier. Zwei Stück alle vier Stunden. Sie werden gegen die Schmerzen helfen. «
» Was ist mit Ihnen? « , fragte Ryan.
Dr. Lyanne nickte Jenson zu. » Jemand muss ihn hier rausschaffen. «
Jenson schwieg. Am Ende hatte er Addie und mich gerettet. Er war zurück zu uns ins Treppenhaus gekommen und war damit ein hohes Risiko für sich selbst eingegangen. Er hatte uns unter den Trümmern ausgegraben, als er selbst kaum stehen konnte. Vielleicht hatte er damit nur seine eigenen Ziele verfolgt – seine persönliche Besessenheit –, aber er hatte uns gerettet.
» Warum helfen Sie ihm? « , fragte Jackson herausfordernd.
» Ich bin Ärztin « , sagte Dr. Lyanne. » Meine Aufgabe besteht darin, Menschen zu retten. «
Der Himmel war lila-orange, als wir endlich das Gebäude verließen. Wie lange waren wir ohnmächtig gewesen? Ich betrachtete die Trümmerlandschaft. Die Hälfte des Gebäudes war nahezu verschwunden, wie das Spielzeug eines Kindes zu rauchenden Ruinen zusammengefallen. Die andere Hälfte – die Hälfte, in der Jenson und wir gewesen waren – stand noch. Alles brannte lichterloh.
Als wir endlich Jacksons
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