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Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Titel: Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jost Kaiser
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vornehmlich die, die er selbst geschaffen hatte. Dazu gehörte beispielsweise ein verrücktes Computersystem, mit dem er die Regierungsarbeit koordinieren wollte.
    Kohls erster Kanzleramtsminister Waldemar Schreckenberger ging als »Schrecki« in die Geschichte ein. Viel mehr ist nicht bekannt.
    Helmut Schmidt hat sich Manfred Schüler für den Posten ausgesucht.
    Der Verwaltungsfachmann tut, wie ihm geheißen, und hält dem Kanzler Ärger vom Hals. Und manchmal auch Männer mit Knopf im Ohr und ausgebeulter Anzugjacke:
    Im Juli 1975 rückt der amerikanische Präsident Ford mit zwei eigenen Limousinen, zwei Hubschraubern und 24-köpfiger Leibgarde in Bonn zu Besuch an. Die Amerikaner sind es gewohnt, dass die Männer des Secret Service für die Zeit des Besuches im Gastland das Sagen haben – schließlich ist der Präsident der mächtigste Mann der Welt.
    Für Schmidt ist Gerald Ford aber einfach nur der »Jerry«, und er denkt sich: Unter Freunden kann es auch mal informeller zugehen. Der Kanzler findet auch sonst nicht, dass ein deutscher Regierungschef vor den Amis den Diener machen müsste. Schon gar nicht, wenn er Schmidt heißt. So kommt es zum Zusammenprall der Machtapparate und zu einer für Schmidt neuen Erkenntnis: Amerika ist der Chef. Selbst im Allerheiligsten der Schmidt’schen Staatskunst.
    Zwar hat schon die deutsche Polizei im Rhein, unter Gullys und hinter Bäumen nach Bomben gesucht und falsch geparkte Autos abgeschleppt – aber die Amerikaner suchen nach ihrer Ankunft einfach weiter. Und zwar ausgerechnet da, wo Gerald Ford, den Helmut Schmidt als engen Freund betrachtet, wahrscheinlich am sichersten ist: Manfred Schüler erwischt die Männer des Secret Service im Kanzlerzimmer, als sie sich an Schmidts Schreibtisch zu schaffen machen, offensichtlich auf der Suche nach Bomben.
    Schmidts Ausputzer wirft die Männer kurzerhand hinaus. Manchmal ist auch der mächtigste Mann Deutschlands auf die Schülerhilfe angewiesen.

 
    Als Helmut Schmidt einmal …
    … unterging und
von Schmidt gerettet wurde
    Seit 1958 ist Helmut Schmidt Besitzer eines Hauses am schleswig-holsteinischen Brahmsee. Und dort fährt er seitdem mit hanseatischer Disziplin zum Zwecke der Erholung vom Weltenlenken hin.
    Schmidt wohnt im Ort Langwedel (1071 Einwohner) und ist umgeben von Schmidts: Regelmäßig nimmt er in den frühen Jahren am Aal-Essen von Fischer Schmidt im »Dörpskrug« teil. Auch in Bernhard Schmidts »Fischpinte« wird der Kanzler zuweilen gesehen.
    Doch was einst als Wochenendvergnügen begann, ist inzwischen eine Staatsaffäre: Was ein junger Bundestagsabgeordneter namens Schmidt am Brahmsee treibt, ist eine Sache. Was ein Mann, der erst zum Verteidigungsminister, dann zum Superminister und jetzt sogar zum Superkanzler aufgestiegen ist – und der das Land als Lotse mit eiserner Hand durch »schwere Gewässer« (Schmidt) steuert –, am Wochenende an dem lieblichen See so macht, ist eine andere. Denn nun kommt Schmidt nicht nur mit Loki, sondern mit der »Sicherungsgruppe Bonn«, seinen Leibwächtern vom BKA, zum Baden und Bootfahren.
    Vor allem 1977 ist man vor Ort nervös – muss man doch im Schmidt-Ferienort nicht nur befürchten, dass Paparazzi zum Kanzlerabschießen anrücken, sondern auch die RAF.
    Alles, was im Ort geschieht, wird zur Meldung, beobachtet von der Presse: Ist der Kanzler sicher? Macht er Blödsinn?
    Den macht er auf jeden Fall. Als Helmut Schmidt als »Säger vom Brahmsee«, wie er sich selbst tituliert, zur Gartenarbeit schreitet, wird das in der Presse ausführlich kommentiert: »Holt er hier im Urlaub und an der wehrlosen Natur nach, was ihm in Partei und Regierung versagt ist? Oder übt er nur für bevorstehende Radikalkuren?«, fragt sich die Schleswig-Holsteinische Landeszeitung .
    Der Kanzler antwortet im Leserbrief: Er habe nur seinen morschen Bootssteg zerlegt.
    Im Juli 1977 passiert etwas noch viel Dramatischeres: Der Kanzler fällt bei der Ausfahrt mit seiner Jolle ins Wasser, als diese kentert. Ein Fischer eilt in seinem Kutter zu dem Havarierten und richtet die Jolle auf. Schmidt setzt sich nass wieder hinein und schippert nach Hause.
    Der Fischer heißt Bernhard Schmidt und ist Mitglied des SPD-Ortsvereins.
    Später erhält der Fischer einen Brief aus dem CSU-regierten Bayern. Segler vom Starnberger See bieten dem Schmidt-Retter Schnaps, wenn er den Kanzler das nächste Mal »absaufen lasse«. Denn: »Es d ürfte doch klar sein«, dass man »einen so schlechten

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