Über den Missouri
und der Dakota streichelte ihm den Hals.
Die Indianer verständigten sich mit einem Blick. Tobias nahm die Stangen am Koppelausgang heraus, und die beiden holten sich ihre Tiere.
Sie ritten in die Prärie hinaus. Weit über das Land zu blicken, das war ein erster Wunsch des Befreiten.
Als die Reiter die Station so weit hinter sich gelassen hatten, daß sie von dort nicht mehr gehört und gesehen werden konnten, machten sie halt. Der Dakota mußte den Falben scharf zügeln, denn das Tier wollte stürmisch weiter in die Freiheit und zu den ihm bekannten Prärien im Südwesten ausbrechen.
Feine Schneekristalle huschten mit ihrem schnell aufblitzenden und wieder versinkenden Schimmer durch die Lüfte. Zwischen den Wolken flimmerten Sterne, fern wie seit Tausenden und aber Tausenden von Jahren. Der Vollmond, Herr der Nacht, zog kreisrund am Himmelsgewölbe empor. Feierlich wanderte er durch die Finsternis und erhellte sie mit einem drohenden roten Schein. Rings lag das leere Land. Seine Söhne, die Dakota, waren vertrieben, und noch hatte keiner der neuen Herren Lust gezeigt, sich in der unfruchtbaren Wildnis niederzulassen. Endlich schweifte der Blick über kahle Sandhügel, über von kurzem Gras bewachsene Höhenkämme und Täler. Am Flußufer neigten sich spärliche Weiden im Atem der Nacht.
Der Häuptling sah zum letzten Mal seine große Heimat. Am nächsten Morgen sollte der Ritt zur Reservation beginnen.
Er öffnete die Lippen, und leise und dumpf begann sein Klagelied über die weite Steppe zu tönen. Der Klang mischte sich mit dem rauhen Singen des Windes.
Lange und einsam sang der Häuptling, immer wieder von Husten unterbrochen, und der heimatlose Delaware hörte in dem Lied des Dakota die eigene Klage.
Da war es, als habe das Lied des Indianers den schlafenden Boden geweckt. Von einem der mondbeschienenen Hügel hob sich ein fremder Schatten. Es war ein Wolf, anders als andere Wölfe, größer und dunkel. Das magere Tier mit seinem geöffneten Rachen und den gleißenden Augen erschien wie ein Spuk, der sich erheben und durch die Lüfte davonfahren kann. Aber er blieb am Boden haften, und langsam, Schritt für Schritt, kam er heran, immer näher zu dem dumpfen Klageton, der dem Wind und den Wölfen von den Taten der Dakota und ihrem Schicksal erzählte.
Der Häuptling hatte den Wolf erkannt. Aber er rührte sich nicht. Leise sang er weiter, und seine Stimme zog das Tier heran wie ein mächtiger Zauber. Knurrend noch, mit gefletschten Zähnen schlich der Schwarze herbei. Endlich traten seine Pfoten am Platz das Gras. Sein Knurren ging in Winseln über, und er legte sich.
Als der Häuptling schwieg, stieß das Tier einen bellenden Laut aus. Unaufhörlich zog seine feine Nase die Witterung ein.
»Ohitika!«
Der Hund sprang den Dakota an, so daß dieser sich einstemmen mußte, um nicht umgeworfen zu werden. Laut jaulte das Tier auf. Der Falbe hatte den schwarzen Wolfshund auch erkannt. Er schnaubte und begann, an dem dürren Gras zu rupfen.
»Nun frißt er wieder«, sagte der Delaware.
Spät ritten die Indianer zu der Station zurück. Sie blieben außerhalb der Palisaden in der Koppel bei den Pferden. Die Wache kümmerte sich nicht um sie.
Der Delaware gab dem Dakota den zweischneidig geschliffenen Dolch mit dem geschnitzten Griff zurück. »Hier«, sagte er, »das ist die einzige erlaubte Waffe für dich. Ich habe sie aus Oberst Jackmans Gepäck herausgenommen, als er die Station verließ. Er wird es erst in der Garnison bemerkt haben und konnte nicht mehr nachforschen.«
Der Dakota steckte die vertraute Waffe in die Scheide.
Noch ehe die Angehörigen der Garnison am nächsten Morgen erwachten, standen die beiden Indianer am Flußufer und legten die Kleider ab, um zu baden. Einer der Posten bei den Pferden kam zu ihnen her. Es war ein älterer Mann mit einem dichten Vollbart.
»Laß das sein«, sagte er zu dem entlassenen Gefangenen. »Der Fluß ist eisig, und du bist krank. Willst du gleich krepieren, nachdem sie dich freigelassen haben? Komm rüber in das Blockhaus! Ich gebe dir warmes Wasser. Das geht keinen anderen dort was an!«
Der Häuptling beantwortete und beachtete die Warnung nicht, sondern sprang in den Fluß und schwamm.
»Hat man schon eine solche Unvernunft gesehen!« Der Vollbärtige schüttelte bedauernd den Kopf. »Die Wilden haben doch keinen Funken Verstand.«
»Die Dakota kennen das nicht anders«, erklärte Tobias dem Mann. »Sie nehmen zwar Dampfbäder, aber das Ende ist
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