Über den Missouri
geschah das?«
»Sie haben dem alten Mann die Farm weggenommen, weil er das Land, das er von den Dakota gekauft und das er urbar gemacht hatte, nicht noch einmal bezahlen konnte und auch nicht noch einmal bezahlen wollte. Er sagte, es sei Betrug. Als die Dakota vertrieben waren und die Langmesser kamen, hat er sich mit der Flinte zur Wehr gesetzt. Dann floh er. Sie haben ihn aufgegriffen und haben ihn nach ihrer Sitte mit heißem Teer beschmiert und mit Federn beklebt und gehetzt, bis er tot war. Auch die weißen Männer verstehen zu martern.«
»Das weiß ich. – Wie wird Adams in Canada leben?«
»Er will sich Fallen leihen bei der Pelzcompany und will mit Thomas und Theo zusammen als Biberjäger arbeiten. Wenn er wieder Land bekommt, will er Vieh züchten und ackern. Sein Schicksal ist wie das eines roten Mannes – vertrieben ist er wenig geachtet.«
»Aber dennoch will er kein Indianer sein. So sagte er mir einmal.«
Cate dachte nach.
»Die Haut des Adams ist weiß, und seine Augen sind blau, aber heute wäre er euer Bruder, wenn er bei euch leben dürfte. Er darf es aber nicht. Die Grenzen der Reservation sind für uns Weiße verschlossen.«
»Hält er sich noch in der Nähe auf?«
»Ja. Er wartet mit Thomas und Theo auf mich.«
»Adams, der solche Worte gesprochen hat, wie du sie mir berichtest, wollte uns dennoch verachten, weil wir nicht den Pflug führen und Vieh züchten.«
»Aber das würdet ihr lernen«, erwiderte Cate. »Wie gern würde Adams euch das heute lehren, wenn es ihm erlaubt wäre.«
Im Hof ließen sich Schritte vernehmen. Das Mädchen zog sich zur Leiter zurück. Die Schritte entfernten sich.
»Gehe jetzt!« forderte der Gefangene Cate auf. »Du darfst nicht entdeckt werden. Dein Mut war groß genug.«
»Ich gehe. Du bist unser Bruder. Wenn du frei wirst, komm nach Canada. Dort verfolgt dich niemand. Wir werden an der Grenze in der Nähe der Waldberge sein.«
»Sag dem Tobias: Ich will um mein Leben kämpfen. Hau. – Aber nun geh.«
»Leb wohl!«
Cate stieg schnell die Leiter hinauf und zog sie hoch. Sie ließ den Deckel wieder herunter. Der Gefangene vernahm noch ihre leichten, vorsichtigen Schritte und wie sie die Außentür öffnete und schloß. Dann war alles still.
Der Dakota gedachte der Nachrichten, die ihm Cate Smith gebracht hatte. Er war erst vierundzwanzig Jahre alt, und er sah noch einmal eine Aufgabe vor sich.
Von Stund an begann er, um vierzehn Tage Leben zu ringen, um die Tage und Nächte bis zu jenem Moment, in dem Roach ihn freilassen mußte.
Der Gefangene straffte seine Muskeln gegen den Druck der Kette. Selbst wenn er sich erbrechen mußte, aß er, um keinen Anlaß zu geben, daß der Wächter ihm wieder den Becher mit Wasser verweigerte. Mit eiserner Anstrengung hielt er einen regelmäßigen Wechsel von Wachen und Schlafen ein.
Vierzehn Tage später, an einem trüben Nachmittag, kam der vierschrötige Wächter früher als sonst zu dem Gefangenen. Es war noch nicht die Stunde der Abendmahlzeit, und er hatte auch nichts bei sich. Als er vor dem Dakota stand, holte er umständlich zwei Schlüssel aus der Tasche und zeigte sie dem Gefangenen. »Du sollst zum Kommandanten kommen«, sagte er, »zu Capt’n Roach. Benimm dich anständig. Davon hängt dein Leben ab.«
Er schloß die Handschellen und die Kette auf und nahm dem Gefangenen die Fußfesseln ab. Der Dakota ließ sich nicht anmerken, daß er die Erleichterung empfand.
»So«, befahl der Vierschrötige, der die Pistole gezogen hatte, »nun vorwärts, die Leiter hinauf. Und mache mir keine Schwierigkeiten. Droben stehen schon ein paar und nehmen dich in Empfang.«
Der Dakota folgte stumm der Anweisung. Er fürchtete, daß ihm seine Feinde einen Fluchtversuch unterschieben und ihn erschießen würden. Aber er konnte ihren Befehlen auch keinen Widerstand leisten, sonst würde er aus diesem Grunde erschossen.
Als er das Arbeitszimmer des Kommandanten betrat, erkannte er am Schreibtisch Roach. Vier Dragoner mit gezogenen Pistolen schützten den Capt’n vor einem befürchteten Haß- und Verzweiflungsausbruch des zu entlassenden Gefangenen. Der Capt’n hatte sich nach seiner Gewohnheit zurückgelehnt und hielt die Zigarette zwischen den gelben Fingern. In seiner Miene lag alles, was ein karrierelüsterner und bösartiger Mensch im Augenblick eines Triumphes empfindet. Er rümpfte die Nase, als der Indianer in den blut- und staubbedeckten Kleidern vor ihm stand, deren kostbare Stickerei kaum mehr zu
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