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Über den Missouri

Über den Missouri

Titel: Über den Missouri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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der Dakota dieses Jahr frühzeitiger als sonst unternommen.
    Ja, vielleicht waren es canadische Assiniboine, die in der Nähe lagerten; sie rechneten zu den Sioux und waren den Dakota an Haartracht und Kleidung am ähnlichsten. Die Späher konnten sie in der Finsternis für Männer der Bärenbande gehalten haben.
    Tschetansapa galoppierte weiter am Ende der Reiterreihe und löste dabei seine schwarzen Zöpfe auf, um mit flatterndem Langhaar dem General noch ähnlicher zu werden. Das Pferd, das er unter sich hatte, war leicht zu lenken, aber ein schlechter, ein elender Gaul war es, ohne Kraft und Temperament.
    Hinter einer leichten Anhöhe, die die Truppe noch von dem rätselhaften Lager trennte, wurde haltgemacht und zugleich vorn an der Spitze durch Signalpfiff ein Befehl gegeben. Die Reihe formierte sich zur Linie, auch Tschetansapa mußte sein Tier die halbe Wendung machen lassen. Sein Nebenmann bekam keine Gelegenheit, ihn aufmerksam zu betrachten, denn der Befehl zum Angriff folgte unmittelbar danach.
    Brüllend und wild darauflosschießend drang die Truppe vor. Der Dakota war mit seinem minderwertigen Pferd und einer bewußt nachlässigen Art zu reiten einer der letzten, die über die Anhöhe kamen. Die anderen waren über den Westhang schon hinunter in das Gelände gelangt, das Tschetansapa jetzt von oben übersehen konnte. Er ritt den Abhang des Hügelrückens so weit hinab, daß er keinen Verdacht erregte. Dann ließ er sich Zeit und musterte den Kampfplatz zu seinen Füßen.
    Eine Senke, die auf drei Seiten von sanften Bodenwellen umgeben war und sich nur gegen Westen hin flach öffnete, breitete sich vor ihm aus. In der Mitte schillerten Eis und Wasser. Ein niedriges Gehölz und der Schatten von sechs runden, spitz zulaufenden Indianerzelten umgaben den Teich. Der Nachthimmel war von blanken Sternen übersät. Seit dem Untergang des Mondes war es finster, und es bedurfte schon der nachtgewohnten Augen eines Präriebewohners, um Einzelheiten des Geländes und der Vorgänge zu erfassen.
    Tschetansapa entdeckte an der Südostseite des Teiches eine Koppel; die Mustangs, die sich darin befunden hatten, waren schon zusammengeschossen und lagen, zum Teil übereinander, im Gras. Von Frauen und Kindern war nichts zu sehen; sie steckten wohl in den Zelten oder hatten sich auch in dem kärglichen Gebüsch am Ufer verborgen. Der Kampf, der sich auf der ebenen Fläche um den Teich abspielte, wurde von einer geringen Zahl von Indianern gegen die schon von allen Seiten herandrängende Reitertruppe geführt.
    Der Hufschlag der Pferde, krachende Schüsse und Hundegebell mischten sich zu wirrem Geräusch. Tschetansapa vernahm indianische Kriegsrufe: »Hai – jah – jiep!« Die angegriffenen Krieger handelten nicht unbesonnen. Ihre kleine Schar hielt sich eng zusammen und griff gegen Süden hin den Kreis der Reiter an. Ohne daß von außen her zu erkennen war, wie es geschah, durchbrachen einige der eingeschlossenen Indianer den mehrfachen Ring und bekamen Luft. Sie flohen über die Prärie nach Süden.
    Verfolger waren sofort auf ihren Fersen. Allen voran jagte auf der Spur der Entfliehenden Schonka auf seinem schnellen Scheckhengst.
    Die Flinte Tschetansapas flog an die Wange. Zugleich mit ihm hatte sich einer der Flüchtlinge nach dem Verfolger umgewandt, und sein und Tschetansapas Schuß krachten zu gleicher Zeit nach demselben Ziel. Der Reiter aber, den sie aufs Korn genommen hatten, entging ihren Kugeln.
    Zornig nahm Tschetansapa seine Schußwaffe wieder ab, denn folgen konnte er dem Feind auf seinem Klappergaul nicht. Er sah sich in der näheren Umgebung um.
    Der ungleiche Kampf ging hier seinem Ende zu. Die Stimme des Capt’n erklang. Er schien das Gemetzel abbrechen zu wollen. Auf seinen Befehl hin wurde es stiller.
    Zwei Dragoner ritten auf den Dakota mit Zylinder zu.
    »Unser General!« lachte der eine, und als er Tschetansapa erreicht hatte, schlug er ihm klatschend auf die Schulter. »Komm, schöner Eddy – vorwärts, komm mit zum Teich«, forderte er Schwarzfalke nochmals auf, als der Krieger zögerte. »Hast du das Signal nicht gehört? Wir sollen uns sammeln! Also komm! Du kannst mir unterwegs erzählen, was du für Heldentaten vollbracht hast. Hat dein Topf auf dem Kopf Kugeln gefangen?«
    Tschetansapa schielte böse unter der Krempe seines Zylinders hervor auf den Sprecher. »Die Worte des weißen Mannes sind beleidigend!« wehrte er unwirsch ab, während er seinen Braunen wohl oder übel in Bewegung

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